Kommentar Psychostress im Job: Alptraum der Arbeitgeber
Die Sozialpolitiker der Parteien müssen sich endlich mit psychischem Stress am Arbeitsplatz beschäftigen. Denn in den Betrieben ist der Druck groß.
E s ist gut, dass fünf SPD-regierte Bundesländer am Freitag im Bundesrat den Entwurf einer Verordnung vorlegten, in dem das Thema psychische Belastungen am Arbeitsplatz präzisiert werden soll. Das 23-seitige Papier geht jetzt in den Bundestag. Es wird spannend zu beobachten sein, wie sich in einer Bundestagsdebatte die Sozialpolitiker der Regierungsparteien zu dem Entwurf verhalten.
In der Diskussion im Bundesrat jedenfalls ging interessanterweise keiner der christdemokratischen Redner auf das Papier ein. Die Union behandelt das Thema lieber wie ein rohes Ei, denn sie gerät damit in einen Konflikt zwischen den Interessen der Arbeitgeber und einer öffentlichen Meinung, die durchaus der Ansicht ist, dass die Frage der Stressbelastung im Job auf die politische Agenda gehört.
Und es steht nicht nur auf dem SPD-Papier, was Beschäftigte unter Druck setzt: Chronisches Multitasking ist Mist, ständiger Zeitdruck und monotone Tätigkeiten ebenso. Unklare Verantwortlichkeiten und zwingende Rufbereitschaft nach Feierabend auch.
Mit einer präzisen Verordnung zum Arbeitsschutzgesetz hätten Betriebsräte ein Instrument, die Mitarbeiter regelmäßig zu befragen, wie hoch sie diese Stressfaktoren vor Ort einschätzen. Das erzeugt Handlungsdruck im Betrieb. Denn was passiert, wenn die Belegschaft fast durchweg über die Arbeitsbedingungen klagt? Abhilfe hat oft mit Kosten zu tun: In den von der IG-Metall unlängst vorgestellten "best practice"-Beispielen aus Betrieben wurde teilweise das Personal aufgestockt, weil die Belegschaft bestimmte Aufgaben nicht mehr bewältigen konnte.
Die Arbeitgeber haben jetzt die Befürchtung, dass ihnen bei der Gefährdungsbeurteilung die Maßstäbe aus der Hand genommen werden könnten. Psychische Belastungen sind schwerer zu normieren als die körperliche Beanspruchung beim Zementmischen. Das ist der Alptraum der Arbeitgeber: Betriebsräte, die aufgrund von Befragungen quasi als Co-Manager über die Personalausstattung mitbefinden oder die Abberufung von Abteilungsleitern wegen schlechter Führungsqualitäten fordern könnten.
Diese Konflikte muss man jedoch in Kauf nehmen, will man die Beurteilungen von psychischen Belastungen ernst nehmen. Und nicht nur als Modethema folgenlos verhandeln.
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