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Kommentar Psychostress im JobAlptraum der Arbeitgeber

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Die Sozialpolitiker der Parteien müssen sich endlich mit psychischem Stress am Arbeitsplatz beschäftigen. Denn in den Betrieben ist der Druck groß.

Multitasking ist Mist – und Alltag in vielen Jobs. Bild: dpa

E s ist gut, dass fünf SPD-regierte Bundesländer am Freitag im Bundesrat den Entwurf einer Verordnung vorlegten, in dem das Thema psychische Belastungen am Arbeitsplatz präzisiert werden soll. Das 23-seitige Papier geht jetzt in den Bundestag. Es wird spannend zu beobachten sein, wie sich in einer Bundestagsdebatte die Sozialpolitiker der Regierungsparteien zu dem Entwurf verhalten.

In der Diskussion im Bundesrat jedenfalls ging interessanterweise keiner der christdemokratischen Redner auf das Papier ein. Die Union behandelt das Thema lieber wie ein rohes Ei, denn sie gerät damit in einen Konflikt zwischen den Interessen der Arbeitgeber und einer öffentlichen Meinung, die durchaus der Ansicht ist, dass die Frage der Stressbelastung im Job auf die politische Agenda gehört.

Und es steht nicht nur auf dem SPD-Papier, was Beschäftigte unter Druck setzt: Chronisches Multitasking ist Mist, ständiger Zeitdruck und monotone Tätigkeiten ebenso. Unklare Verantwortlichkeiten und zwingende Rufbereitschaft nach Feierabend auch.

Mit einer präzisen Verordnung zum Arbeitsschutzgesetz hätten Betriebsräte ein Instrument, die Mitarbeiter regelmäßig zu befragen, wie hoch sie diese Stressfaktoren vor Ort einschätzen. Das erzeugt Handlungsdruck im Betrieb. Denn was passiert, wenn die Belegschaft fast durchweg über die Arbeitsbedingungen klagt? Abhilfe hat oft mit Kosten zu tun: In den von der IG-Metall unlängst vorgestellten "best practice"-Beispielen aus Betrieben wurde teilweise das Personal aufgestockt, weil die Belegschaft bestimmte Aufgaben nicht mehr bewältigen konnte.

Die Arbeitgeber haben jetzt die Befürchtung, dass ihnen bei der Gefährdungsbeurteilung die Maßstäbe aus der Hand genommen werden könnten. Psychische Belastungen sind schwerer zu normieren als die körperliche Beanspruchung beim Zementmischen. Das ist der Alptraum der Arbeitgeber: Betriebsräte, die aufgrund von Befragungen quasi als Co-Manager über die Personalausstattung mitbefinden oder die Abberufung von Abteilungsleitern wegen schlechter Führungsqualitäten fordern könnten.

Diese Konflikte muss man jedoch in Kauf nehmen, will man die Beurteilungen von psychischen Belastungen ernst nehmen. Und nicht nur als Modethema folgenlos verhandeln.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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8 Kommentare

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  • W
    wauz

    Erfahrung aus der Praxis: Die unfähigen Abteilungsleiter SIND Betriebsräte.

  • BB
    @ Boiteltoifel

    "Was "wir" in Deutschland brauchen, ist eine neue Einstellung zu Geld und Arbeit. Solange sich jeder vor Arbeitslosigkeit fürchtet, weil er dann kein Zweitauto mehr hat und nur noch einmal pro Jahr in Urlaub fahren kann, solange haben "wir" ein Problem."

     

    - Eine neue Einstellung zu Geld und Arbeit brauchen vor allem die oberen 10% in diesem Land, denen die Arbeit dank der Hartz-Gesetze immer weniger wert ist und die sich auf Kosten der immer zahlreicher werdenden Niedriglöhner einen faulen Lenz machen.

     

    Die Mehrheit der Arbeitnehmer in diesem Land fürchtet sich ganz sicher nicht aus den von Ihnen genannten Gründen vor Arbeitslosigkeit, sondern weil sie damit rechnen müssen, sich im Hartz IV-Bezug wiederzufinden und damit zu den Parias der deutschen Gesellschaft zu gehören, die die Garantien von Rechts- und Sozialstaat ebenso wie die Menschenrechte an der Eingangspforte zum Jobcenter abgeben dürfen.

  • D
    Dhimitry

    Interessant wäre zu wissen, wie die Parteien selbst als Arbeitgeber auftreten.

     

    Gibt es bei der SPD Zeitverträge, Werkverträge, usw.?

     

    Müssen die Mitarbeiter nach Feierabend erreichbar sein. Wird dieser Bereitschaftsdienst vergütet?

     

    Interessant wäre auch, wie es in den Landesministerien aussieht, denen ein/e SPD-MinisterIn vorsteht.

     

    Wäre spannend, ob die SPD als Vorbild taugen kann!

  • A
    aujau

    Ein Traum geht in Erfuellung: Dieses System geht an seinen eigenen Methoden kaputt. Hoffentlich trifft es diejenigen, die sich bisher amuesiert zurucklehnen konnten.

  • B
    Boiteltoifel

    Was "wir" in Deutschland brauchen, ist eine neue Einstellung zu Geld und Arbeit. Solange sich jeder vor Arbeitslosigkeit fürchtet, weil er dann kein Zweitauto mehr hat und nur noch einmal pro Jahr in Urlaub fahren kann, solange haben "wir" ein Problem.

     

    Wenn Arbeitnehmer mit weniger leben könnten, also vielleicht auch mal Urlaub zu Hause machen und ihnen eine kleine Wohnung statt des riesigen Eigenheims reicht, dann sind sie weniger leicht erpreßbar. Dann arbeiten sie immer noch so gut sie können, müssen sich aber kein Bein ausreißen, um den Chef glücklich (und reicher) zu machen.

     

    Leider gibt es viele Menschen, die sich einbilden, Geld wäre die Lösung aller Probleme. Diese Menschen (ob Führung oder "Geführte") sollten sich klar machen, daß sich die Welt auch ohne sie weiterdreht. Manchmal ist weniger mehr.

     

    Verglichen mit dem, was in der "Dritten Welt" abgeht, haben "wir" in Deutschland doch nur Luxusproblemchen.

  • R
    rotgrünlügen

    solange das humankapitalgeschwätz der verantwortlichen agendastifter die arbeitenden mitmenschen auf distanz halten soll und aus der diskussion heraus,wird alles nur noch schlimmer,da weiterhin irgendwelche und beliebige volkswirtschaftliche modelle geschmierter mietmäuler und denkfabriken zur zukunftsgestaltung im arbeitsmarkt herhalten müssen.

     

    ob das die dummköpfe der mit steuergeldern geschmierten wirtschaftsweisen sind,die frasenschmiede INSM,milliardärs korrumpiert,die freien zugang schon zu den kinderschulen haben,die dampfplauderer des IW mit der vorstehenden windmaschiene hüther, auch persönlich steuergeld alimentiert,die die AGENDA 2010 feiernden SPD gestifteten friedrich ebertler,die ihre neuen privateinkommens privilegien schamhaft verschweigen

     

    aber auch die mit steuergeldern gesponsorten palaisbewohner der grünen in teuerster berliner lage unter ihrem schäfdenker herrn ficks,der irgendwie nutzlos dauerosziliert und immer ratschläge erteilt aber ohne unser aller scherflein prekariert wäre

     

    all diese helfershelfer wollen nur wortreich vertuschen,daß die abstiegsangst , die menschen in seelennöte stürzt.

     

    wenn mir eine derart verlogene grüne pharisäerin ,wie die grüne kandidatin göring-eckart wird,wunder ich mich nicht ,daß die von den rotgrünengeschaffenen steuerprivilegien für unternehmen im zweistelligen milliardenbereich nicht mal andiskutiert werden

     

    politische entscheidungen werden von oben bestellt und bezahlt und nach unten zu den parlamenten durchgereicht .

     

    bürgernähe eben

  • D
    Detlev

    Vielerorts brennt der öffentliche Dienst im Auftrag der Politik die Arbeitskraft der Angestellten des öffentlichen Dienstes exzessiv runter, sorgt für Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung auf Armutsniveau.

     

    Dass in vielen Ministerien eine Überbesetzung festzustellen ist, macht noch deutlicher, wie idiotisch dieses Spiel läuft: Parteifreunde werden eingestellt und befördert, Lehrern, Erziehern, Arbeitern im Öffentlichen Dienst wird mit McKinsey-Ideen die Arbeit zur Hölle gemacht.

    Dagegen ist die Privatwirtschaft zumindest von einem Punkt aus wieder auf den Boden der Tatsachen runter zu holen: Mit ausgebrannten, kaputten Mitarbeitern macht niemand Profit.

     

    Know-how ist heute der wichtigste Treibstoff in fast allen Branchen und Betrieben - das geht mit den kaputten Mitarbeitern, sprich es fließt ins Endergebnis ein. Dass 2013 dieses Thema immer noch aktuell ist, belegt zwar, dass viele Betriebe schlicht lernunfähig sind, aber sinkende Absätze, hoher Krankenstand, hohe Frühverrentung verraten einen faulen Kern im Betrieb. Dazu braucht es weder McKinsey noch externe Schlauheit, um dies zu verstehen: So geht's nicht weiter.

  • SV
    SPD: Vom Bock zum Gärtner?

    Es entbehrt nicht der Ironie, wenn ausgerechnet die SPD, die die Hartz-Gesetze zu vertreten hat, nun mit einer Verordnung gegen Psychostress am Arbeitsplatz angehen will.

     

    Wer nimmt der SPD noch ab, dass es ihr ernst ist mit einer Verbesserung der Bedingungen für die Arbeitnehmer in diesem Land?

     

    Unter Psychostress leiden nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die Arbeitslosen. Alle sehen sich, wenn auch auf je unterschiedliche Weise, einem ständig steigenden Druck ausgesetzt, dem viele Menschen nicht mehr standhalten können.

     

    Dieser zunehmende psychische Druck, der auf Menschen mit und ohne Arbeit ausgeübt wird, ist im wesentlichen eine Folge der Hartz-Gesetze, die den Arbeitsmarkt dereguliert, die Arbeitsverhältnisse prekarisiert und die Arbeitslosen dem Hartz IV-Regime ausgesetzt haben.

     

    Um die Arbeitswelt und auch die Arbeitslosenwelt in Deutschland wieder menschlicher zu machen, bedarf es einer grundsätzlichen Neuorientierung in der Arbeitsgesetzgebung und generell in der Arbeitsmarkt-und Sozialpolitik.

     

    Leitlinie sollte dabei sein, dass das System wieder den Menschen dient und nicht der - vergebliche und gesundheitsschädliche - Versuch unternommen wird, weiterhin Menschen an unmenschliche Arbeits- und Lebensbedingungen anzupassen (Stichwort: Ziel sei der resiliente Arbeitnehmer, so UvdL).

     

    Den Menschen muss wieder mehr Sicherheit gegeben werden - Arbeitsplatzsicherheit und finanzielle Sicherheit, auch im Fall der Arbeitslosigkeit.

     

    - Von der erforderlichen grundlegenden Neuorientierung und einer expliziten Abkehr vom Agenda-Kurs ist die SPD derzeit aus meiner Sicht noch Lichtjahre entfernt.

     

    Hoffen wir, dass die Politik in Sachen menschenorientierter Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik noch zur Besinnung kommt, bevor der Krug, der derzeit noch jeden Tag zum Brunnen geht, endgültig bricht.