Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
An Spaniem sieht man, daß die Leute sich nicht überall für dumm verkaufen lassen.
Die Medien scheinen dort zwar ähnlich wie bei uns zu funktionieren, haben aber gerade die Jugend wohl nicht ganz so verblödet. Es wird Zeit, daß hier auch mal etwas geschieht und die Leute nicht alles glauben, was man ihnen als alternativlos vorwirft.
Aber wem erzähle ich das...
Schade, liebe TAZ, die Kunde aus Spanien habt ihr ja sehr gut versteckt. Der Live-Ticker über die 'Weltrevolution' am 1. Mai (alle Jahre wieder) in Berlin und Hamburg war da schon wichtiger. Spanien schafft's nicht mal in die sonstigen Schlagzeilen oben rechts bevor man diesen Kommentar liest. Wenn's dann im anarchischen Bayern mal so richtig losgeht seid ihr gleich die ersten vor Ort. Ironie aus.
Und Luft bekommen wir durch das bedingungslose Grundeinkommen. Die Schere zwischen Arm und Reich wird weggenommen. Daher brauchen sich die Politiker auch keine Mühe machen und irgendwelche Reformen schaffen, denn das Grundeinkommen ist die eigentliche Revolution. Dies so die Kernaussage befreundeter spanischer aktivisten! Und die meinen dass muss für ganz Europa so sein besser International. Vorher werden die Proteste nicht beigelegt bis das per Gesetz verankert ist.
Die Kredite von heute sind die Sozialkürzungen von morgen, insbesondere in einer alternden Gesellschaft. Die Politik hat sich Jahrzehnte mit Wahlversprechen und Wohltaten an der Macht gehalten, die nicht durch die Leistungskraft und dem Leistungswillen der Bevölkerung gedeckt war. Die Jahrhunderte alte Regel, die heute schon wie Weisheit erscheint lautet immer fort, dass erst gesäet werden muss bevor man ernten kann. Oder wie Mutti schon sagte, erst die Arbeit dann das Vergnügen. Nun treffen zwei Welten zusammen, eine Generation, die in Sozialromantik und Wohlstandsversprechen für sich selbst die Saat und vielleicht sogar schon die Ernte der nächsten Generation verfrühstückt hat und die andere Generation, die im Windschatten der ersten aufwächst und den Konsum zu lieben gelernt hat, und nicht mehr gelernt hat was säen ist. Und diese schrumpfende Generation soll nun noch die Kraft aufbringen die Schulden der letzten zu bezahlen? Entweder sie lernen hart zu arbeiten und mit Entbehrungen zu leben oder sie werden die ältere Generation und die Schwachen der Gesellschaft vergammeln lassen um sich nur noch um ihr eigenes Wohl zu kümmern. Das zweite wird dann wahrscheinlich als Revolution der Gerechten verkauft. Meiner Meinung nach sollte jede Regierung mit dem Geld auskommen das sie einnimmt, dass führt dazu, dass die Probleme dann gelöst werden müssen, wenn sie auftreten und nicht vertagt werden für die nächste Regierung oder Generation. Wahlversprechen, die nicht gedeckt sind gehören verboten. Ein ausgeglichener Haushalt sollte Pflicht werden und für unser Land bin ich der Meinung sollten wir die Kraft nutzen, die noch in ihm steckt, um aus diese absehbare Tragödie abzuwenden anstatt unsere verbliebenen Möglichkeiten in marode Länder zu stecken oder für diese mit gigantischen Summen zu bürgen. Andernfalls müssen wir demnächst noch früher aufstehen oder uns an China versklaven, die sich in unsere Gesellschaft und Unternehmen einkaufen.
Die Parteien der Mitte meinen, mit empathischer Kümmerergeste „das Ossi“ für sich gewinnen zu können. Sie sollten sie lieber zum Mitwirken auffordern.
Kommentar Proteste in Spanien: Endlich Luft
Dank der Proteste der Jugend wird in Spanien wieder über Politik geredet. Verbote von Demonstrationen werden da gar nichts nützen.
Es ist, als wäre eine tonnenschwere Steinplatte von Spanien genommen worden. Noch vor einer Woche sprach niemand über Politik, nicht einmal die Politiker. Die beiden großen Parteien machten sich im Wahlkampf absurde Vorwürfe und redeten über alles, nur nicht über das, was die Menschen bewegt: die hohe Arbeitslosigkeit, den Abbau des Sozialstaates bei gleichzeitiger Unterstützung der Banken.
Der sozialistische Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero ging in seinem Zynismus so weit, all diejenigen als "üble Lügner" zu beschimpfen, die ihm Sozialkürzungen vorwarfen. Siegesgewiss gab sich die konservative Opposition. Die Kommunal- und Regionalwahlen am kommenden Sonntag seien der Anfang einer Wende. Wohin, darüber schweigt sich Spaniens Rechte aus. Dass es nicht besser wird, weiß jeder. Die Spanier schienen sich damit abgefunden zu haben.
Das suggerierten zumindest die glücklichen Wähler beider Seiten, die im Fernsehen gezeigt wurden. Jetzt schauen die Menschen auf ganz andere Bilder. Dank der Bewegung der "Empörten", wie sich die Jugendlichen nennen, die in den meisten großen Städten Plätze besetzt haben, wird wieder über Politik geredet, aber nicht über Politiker. Die sind in den Umfragewerten am Tiefpunkt ihrer Glaubwürdigkeit angelangt.
Wer glaubt, die Versammelten mit einem Verbot und der Androhung eines Polizeieinsatzes einschüchtern zu können, irrt. Nach der Räumung von ein paar hundert Protestierenden in Madrid Montagnacht kamen 10.000. Nach dem ersten Verbot durch die regionale Wahlkommission 15.000, in Erwartung des Spruchs der nationalen Wahlkommission 20.000. Die breite Unzufriedenheit über die Art der Krisenbewältigung, die Korruption und das Wahlsystem hat ein Ventil gefunden. Ohne tiefgreifende Veränderungen wird Spaniens politisches System weiter in Misskredit geraten.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Reiner Wandler
Auslandskorrespondent Spanien
Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.