Kommentar Proteste im Iran: Macht und Ohnmacht
Twitter und YouTube bewirken keine politische Wende im Iran. Dazu bräuchte es mobilisierende Parteistrukturen der Opposition. Doch die fehlen im Iran. Was bleibt ist die Ohnmacht.
I n Iran kommt es derzeit, wie es wohl kommen musste. Die massiven Proteste im Nachgang der Präsidentschaftswahlen werden zunehmend von der Regierung erstickt. Ermordungen, Drohungen und der kurze Atem eines im Grunde spontanen Protestes zeigen ihre Wirkung durch immer kleiner werdende Demonstrationen. Die letzten Wochen haben sicherlich die politische Kultur Irans verändert. Einen kurzfristigen Systemwechsel werden sie aber kaum bewirken.
Die Proteste basierten auf öffentlichen Stimmungen, aber nicht auf einer gut organisierten Opposition. Mobilisierende Parteistrukturen fehlen fast völlig. Der Widerstand orientiert sich an einzelnen Personen, deren Ansehen zwar hoch sein mag, deren politische Handlungsfähigkeit aber möglicherweise eher gering ist. Macht und Ohnmacht der Opposition liegen in diesen Tagen eng beieinander. Twitter und YouTube alleine bewirken noch keine Demokratiewende. Die aktuelle Faszination über den freien Umgang der iranischen Zivilgesellschaft mit neuen und neuesten Kommunikationstechnologien sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass andere Aufstände - man denke an Burma - trotz ähnlicher Dynamiken sang- und klanglos niedergeschlagen werden konnten. Ein altmodischer Putsch wäre noch immer effektiver als das "Freiheitsgezwitscher" bei Twitter.
Dazu aber wird es kaum kommen. Widerstand orientiert sich an Personen wie Mussawi, die selbst aus dem erweiterten Kreis der Eliten kommen und deren Lösungsstrategien auf Konsens und Machtausgleich ausgerichtet sind. Für die Zukunft besteht wohl die größte Hoffnung in einer "Reform" von oben, die zumindest dazu führt, dass sich die erkennbare Absatzbewegung vieler einflussreicher Politiker und Ajatollahs von Ahmadinedschad fortsetzt und liberalisierende Reformen eingeleitet werden.
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