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Kommentar Proteste AfghanistanArroganz des strauchelnden Imperiums

Sven Hansen
Kommentar von Sven Hansen

Der Chef der US-Truppen in Afghanistan hat sich für die Koranverbrennung entschuldigt. Das ist gut. Der Glaubwürdigkeit der Isaf-Soldaten bringt das wenig.

S chnell, entschlossen und voll Demut hat sich General John Allen, der Chef der US-Truppen (wie der internationalen Isaf-Streitmacht) in Afghanistan, für das Verbrennen von Koran-Exemplaren auf einem Müllplatz des US-Stützpunktes Bagram entschuldigt.

Anders als seine Vorgänger in ähnlichen Fällen wiegelte er nicht ab, sondern verurteilte deutlich das Fehlverhalten seiner Untergebenen. Doch letztlich nutzte es nichts. Nachdem die Proteste am ersten Tag klein blieben und es keine Toten gab, breiteten sie sich am Mittwoch auf mehrere Städte aus. Es kam zu tödlicher Gewalt.

Auch am Donnerstag gingen die Proteste weiter. General Allen versuchte die Gemüter zu beruhigen mit der Ankündigung, künftig würden alle Isaf-Soldaten interkulturell geschult. Das war als positive Nachricht und als Geste des Respekts vor der Kultur und Religion der Afghanen gemeint. So richtig Allens Einsicht ist, kommt sie um Jahre zu spät und dürfte deshalb als wenig glaubwürdig gelten.

Bild: taz
Sven Hansen

ist Auslandsredakteur der taz.

Stattdessen zeigt es die bisherige Arroganz und Ignoranz des US-Militäreinsatzes am Hindukusch, über die sich viele Afghanen aufregen. Seit über zehn Jahren kämpfen dort US-Soldaten. Doch erst jetzt fällt ihrem Befehlshaber auf, dass seine Soldaten nicht genug von der dortigen Kultur und Religion wissen. Das ist eine Steilvorlage für die Propaganda der Taliban, die schon immer behauptet haben, beim US-Einsatz gehe es nicht um die Afghanen, sondern um die Dominanz der westlichen Supermacht und ihrer Kultur.

Auch haben die Afghanen von US-Miltärs schon viel Versprechen gehört. Nach zehn Jahren einer Intervention mit wiederkehrenden Fehlern ist die Geduld am Ende. Die Gedankenlosigkeit ignoranter US-Soldaten bietet frustrierten Afghanen jetzt die Gelegenheit, ihre Wut rauszulassen.

Und für die Gegner der US-Intervention ist es leicht, die Koranverbrennung als Angriff auf die Religion und nationale Identität aller Afghanen darzustellen und dagegen Gewalt zu mobilisieren. Das Karsai-Regime, dessen Polizei die Gewalt zu begrenzen versucht, kann so gleich noch als Handlanger der Amerikaner vorgeführt werden. Moderate Kräfte wird das weiter schwächen.

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Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin
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6 Kommentare

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  • K
    Kristin

    Ich lese unter eben diesem Kommentarfeld, dass taz.de sich vorbehält, "beleidigende, rassistische oder [...] unangemessene Beiträge nicht zu publizieren. Ich möchte aus diesem Grund an die ach so westlich moralische Vernunft appellieren und hoeflichst darum bitten, den von tommy am 24.02. veröffentlichten Kommentar zu löschen. In diesem Forum wurde auf dem vermeintlich niedrigsten Niveau über ein Thema diskutiert, welches mehr intellektueller Fähigkeiten bedarf als es die bisherigen Kommentatoren, ich möchte sagen, je aufbringen können. Ein derart ignorantes Verhalten, wie es hier an den Tag gelegt wurde, hat in der letzten Woche zu genau diesen Ausschreitungen geführt, wie sie beispielsweise in der taz beschrieben wurden. Kein Wunder, dass sich da Wut über Ignoranz und Überheblichkeit, an den Tag gelegt von Mitgliedern der westlichen Gesellschaften, andere, schreckliche Wege suchen müssen, um überhaupt einmal ein Bewusstsein zu schaffen.

  • H
    Hannes

    Wenn ich die Bilder von Tausenden Afganen sehe, die wieder einmal mit Hass und Gewalt durch die Straßen ziehen und deren harmlosestes vergehen das verbrennen von Flaggen darstellt, dann frage ich mich, warum man solch religiös begründeten Schwach- und Irrsinn der Taz nach eigentlich immer mit Toleranz und Verständnis begegnen sollte. Ich komme immer mehr zu der Erkenntnis, dass diese Menschen einfach die Taliban als Regierung "verdienen".

  • KV
    Karl-Heinz Völker

    "Dabei sind die Afghanen auch noch selber total verkommen und haben dekadente Gebräuche (päderastische Knabenliebe etc.), "

     

    Dafür müssen Sie nicht nach Afghanistan, das soll es auch in gewissen Schulen im Odenwald geben.

  • D
    Dirk

    In diesem Kontext nicht ganz uninteressant:

     

    http://de.ibtimes.com/articles/24671/20110923/iranische-beh-rden-verbrennen-tausende-bibeln.htm

     

    Hintergrund ist, dass im Iran Bibelbesitz nur den relativ kleinen christlichen Minderheiten (v.a. Armenier und Assyrern) bzw. Juden erlaubt ist.

    Von den Saudis wollen wir mal ganz schweigen.

     

    Es existiert auch eine sunnitische Fatwa, dass ein Muslim, der eine Bibel im Haus findet, diese zu verbrennen hat (den Link füge ich mal nicht hinzu, da er auf eine salafistische Seite führt, weswegen wohl ein solcher Hinweis von mir schon mal nicht freigeschaltet wurde). Lässt sich aber ergoogeln.

     

    Alte Korane werden von Muslimen übrigens durchaus verbrannt (allerdings ehrenvoll).

     

    Dass es sich nicht um eine Provokation von Seiten der Amerikaner handelt, ist daran zu erkennen, dass die einheimischen Angestellten der Amerikaner lange und intensiv nach den verbrannten Koranen suchen mussten.

  • B
    bmer

    Kritisiert werden hier Arroganz und Ignoranz der Amerikaner. Deren Handlungen sollen sich an Kultur und Religion der Afghanen orientieren. So richtig das auch sein mag, warum wird nicht auch die Mentalität der Afghanen kritisch betrachtet? Mit keinem Wort wird Stellung bezogen zu einem Verständnis von Religion, nach dem eine Beleidigung des Korans Gewalt und Tod Unbeteiligter rechtfertigt. Nach meiner Meinung ist das Fundamentalismus.

  • R
    reblek

    "Der Chef der US-Truppen in Afghanistan hat sich für die Koranverbrennung entschuldigt. Das ist gut." - Nein, das ist gar nicht gut. Gut wäre gewesen, wenn er um Entschuldigung gebeten hätte. Die zu gewähren, kann nämlich auch verweigert werden, wie der Ex-Doktorvater von Guttenberg freundlicherweise gezeigt hat.