Kommentar Promis und Flüchtlinge: Das geteilte Haus am See
Öffentlich ausgestelltes Engagement wird in Deutschland oft kritisch beäugt – besonders das von Promis wie Peter Fox für Geflüchtete. Das ist verlogen.
J etzt also auch Peter Fox. Nach anderen Prominenten von Veronica Ferres bis Kai Diekmann hat auch der Seeed-Sänger eine syrische Familie in seiner Berliner Einliegerwohnung aufgenommen – und der Deutschen Presseagentur ein Interview gegeben. Jetzt wissen von Bad Aibling bis Emden alle, dass Fox „fasziniert“ von dem „Riesen-Akt“ der Flucht ist. Und „seinen Hut zieht“ vor Leuten, die Menschen in beengteren Wohnverhältnissen beherbergen.
In Deutschland wird öffentlich ausgestelltes Engagement gern überkritisch beäugt: Muss das sein? Gehört nach dem Hybrid-Auto jetzt auch der „eigene Syrer“ zu den Must-haves prominenten Gutmenschentums?
Laut zu sagen, was man für andere tut, gilt als eitel. Ein wenig verlogen ist das mitunter, denn wie sollte ein bekannter Musiker etwas tun, ohne dass dies der Mediengesellschaft verborgen bleibt? Fox hat nicht geschwiegen, aber eben auch keine peinlichen Homestorys mit „seinen“ Syrern inszeniert.
Ansonsten tut der Mann einfach, was laut dem aktuellen Freiwilligensurvey der Bundesregierung auch für 31 Millionen Deutsche zum Alltag gehört: sich ehrenamtlich für andere zu engagieren. Mehr als 40 Prozent der Bevölkerung geben Nachhilfe, helfen bei Behördengängen, teilen Essen aus. Egal, wem das Engagement zugute kommt – es ist immer unbezahlt, nebenberuflich. Und: Es hat immer auch etwas Eigennütziges. Auch Peter Fox wird es nützen, dass er nicht nur als guter Musiker, sondern auch als guter Mensch wahrgenommen wird.
Der Seeed-Sänger Peter Fox (44) lebt in seinem Haus in Berlin mit einer syrischen Flüchtlingsfamilie zusammen. Die Familie habe darin eine Einliegerwohnung bezogen, sagte er der dpa. „Es ist sehr interessant, von dem Riesen-Akt zu erfahren hierherzukommen.“ Fox, der eigentlich Pierre Baigorry heißt, engagiert sich seit Jahren politisch, etwa mit der Plattform #GehtAuchAnders. (dpa)
Ehrenamt ohne Egoismus gibt es nicht. Die eigenen Vorstellungen verwirklichen, Teil einer Gemeinschaft sein, die Gesellschaft mitgestalten – neben dem Wunsch zu helfen sind das die häufigsten Beweggründe für bürgerschaftliches Engagement. Im Fall von Promis wie Peter Fox kommt dazu noch eine Vorbildfunktion – gegenüber denen, die sich noch nicht engagieren. Nicht jeder hat ein Haus am See, aber jeder kann helfen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird