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Kommentar Polizei und RechtsextremeSchnelles Durchgreifen angesagt

Kommentar von Otto Diederichs

Enge Verbindungen zwischen Polizisten und rechten Extremisten schaden den Ermittlungen und der eigenen Glaubwürdigkeit. Kosequentes Eingreifen ist nötig.

A llein die Vorstellung ist erschreckend: In Thüringen soll mindestens ein Polizeibeamter bevorstehende Razzien an die NPD verraten und zudem jahrelang Kontakte zum rechtsextremen „Thüringer Heimatschutz“ (THS) unterhalten haben. Der Verdacht ist noch nicht endgültig bestätigt, doch vieles, was bereits aus Aktenvermerken durchgesickert und durch weitere Presserecherchen bekannt geworden ist, spricht dafür.

Es wäre dann binnen des letzten Vierteljahres der dritte Fall von Polizeibeamten mit rechtsradikalen Neigungen. In Baden-Württemberg hatten offenbar zwei Polizisten zwischen 2001 und 2002 enge Kontakte zum deutschen Ableger des rassistischen Ku-Klux-Klan (KKK). Wie im Thüringer Fall war dies den Behörden bekannt. Ernsthafte Konsequenzen für die Beamten hat es nicht gegeben.

Und Ende Mai musste die Berliner Polizei eine geplante Durchsuchungsaktion gegen die Rockerszene zeitlich vorziehen, da der ursprüngliche Termin aus den eigenen Kreisen verraten worden war. Der Täter konnte bislang noch nicht ermittelt werden. Zumindest in diesem Fall darf man davon ausgehen, dass die internen Ermittlungen ernsthaft geführt werden und der Schuldige bei deren Erfolg den letzten Tag Polizist war.

OTTO DIEDRICHS

ist freier Journalist und Experte für „Innere Sicherheit“.

Gleichwohl: NPD – THS – KKK – Rocker! Gibt es also rechtsradikale Sympathien in der deutschen Polizei? Dieser fürchterliche Verdacht könnte sich angesichts der aktuellen Fälle aufdrängen, und sicherlich werden einzelne Fälle selbst bei bester Personalauswahl und -ausbildung nicht ganz auszuschließen sein. Eine allgemeine Tendenz hingegen belegen sie nicht. Umso wichtiger ist es somit, dass die Sicherheitsbehörden bei Bekanntwerden solcher Fälle schnell und konsequent durchgreifen.

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4 Kommentare

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  • HO
    Hanswerner Odendahl

    Seit November 2011 gibt es leider nur sehr wenig gelungene Versuche, sich der Frage zu nähern, wieso die NSU den Staat und die Öffentlichkeit so leicht und so lange für sich einsetzen konnte.

    So wurde dabei zum Beispiel das nationalistisch konzipierte Grundgesetz nie in die Deutungsversuche einbezogen.

    -Und da kommt dann in der TAZ ein Herr Diederichs und fordert uns auf, uns bitte solche Gedanken nicht mehr zu machen. Es geht um leider um unvermeidbare Einzelfälle in der Personalauswahl. Prost!

  • OS
    Otto Suhr

    Sorry, aber das ist wirklich ein naiver Kommentar. Honecker hatte vielleicht doch recht als er in seinem Schlussplädoyer in Moabit sagt, dass die Bundesrepublik ein Staat in der Hand der Rechten sei.

    Exekutive (NPD, KKK, THS, etc.) und Judikative (Burschenschaften!) haben weite Teile dieses Staates schon lange in der Hand. Wirklich widerlich!

  • R
    rellüm

    Ganz klar, in der Mehrheit der Dienststellen, wird der Rechtskonservatismus, weil in der Politik auch so, gewürdigt, man kommt schneller voran, man befindet sich in Übereinstimmung mit den Kollegen, da macht es auch nichts, wenn man Mitglied in einer Organisation ist, die sehr rechtslastig ist.

    Wie anders sind die vielen Pannen bei der Bekämpfung und das unter den Teppich kehren dieser Dinge zu erklären.

  • M
    Michael

    Das ist naiv, lieber Otto Diederichs. Der Staat wiegelt die ganze Zeit ab, hebt hier ein wenig den Teppich, kehrt an anderer Stelle schnell was wieder drunter. Wenn hier aufgeräumt wird, dann aber nur wie 1989 in der DDR, das Volk rennt da rein und hollt sich die Akten. Ansonsten wird nie was passieren oder wirklich rauskommen. Und Polizisten neigen zu autoritären Ideen und politischen Ordnungen, die sind absolut nicht gegen Rechtsextremismus gefeit. Im liberalen Hamburg werden Jahr für Jahr nahezu 70 bis 80 Prozent der Bewerber aus kleinen Dörfern und Städten in Mecklenburg Vorpommern eingestellt. Die arbeiten dann in St. Georg und hassen Migranten, verdienen wenig und haben wenigstens eine Uniform. Ein Teil solcher Leute kommt aus einer braunen Jugendkultur und hat das nicht mal wirklich bemerkt.

    Das ist die Wahrheit und die wird sich vielerorts noch übler reproduzieren.

     

    Und da wird sich kein Politiker die Hände daran verbrennen - man erinnere sich an den medialen Rauswurf Sarrazins durch Siegmar Gabriel. Er wurde kurz darauf gecancelt und Siggi verschwand für ein paar Tage. Mut sieht eben anders aus und den gibt's dieser Tage nur bei sehr wenigen Politikern, die alle wahrscheinlich das eine oder andere Mal schon vom Verfassungsschutz beobachtet wurden, schließlich ist soviel Unabhängigkeit gefährlich. Recht haben sie. Und deswegen bräuchten wir mehr davon und weniger Gabriel/Sarrazin.