Kommentar Podemos-Parteitag: Der Versuchung nicht erliegen

Das Tandem Iglesias/Errejón ist das Geheimnis des Podemos-Erfolgs. Die Verlierer des Parteitags jetzt zu isolieren, wäre ein törichter Schritt.

ein Mann binden sich vor einem Mikrofon einen Zopf

Pablo Iglesias auf dem Podemos-Parteitag Foto: reuters

Der alte und neue Podemos-Generalsekretär, Pablo Iglesias, hat den zweiten Parteitag der gerade einmal drei Jahre alten Formation deutlich gewonnen. Ein nicht proportionales Wahlsystem tut den Rest. Im Vorstand halten die Seinen künftig 60 Prozent. Die Versuchung ist nun groß, kritische Stimmen zu isolieren. Während die Anwesenden auf dem Parteitag „Einheit“ forderten, redet so mancher hinter vorgehaltener Hand von völliger Unterordnung und gar von denen, die „zu viel“ seien.

Es ist jetzt an Iglesias, die Wogen wieder zu glätten, Elemente beider Kandidaturen in sein Programm aufzunehmen. Denn eine Podemos, die Politik und Stil der alten Linken kopiert, wie es Iglesias in den vergangenen Monaten nur allzu oft getan hat, wird an Zuspruch in der Bevölkerung verlieren. Hätten die Spanier in all den Jahren der Demokratie Kommunisten wählen wollen, hätten sie das getan.

Mit der Vereinigten Linken (IU) bot sich eine exzellente Option. Aber es war Podemos, die es in kürzester Zeit schaffte, überall vertreten zu sein und gar die wichtigsten Städte des Landes mithilfe von Bürgerbündnissen zu regieren.

Ein Blick zurück, eine besonnene Analyse nach gewonnener innerparteilicher Schlacht, würde nicht schaden. Podemos steht dort, wo sie steht, dank einer transversalen Politik, die nicht auf Inhalte verzichtete, aber sehr wohl auf Etiketten. „Unten gegen oben“ statt „links gegen rechts“ – so wie es der unterlegene Politsekretär Iñigo Errejón weiterhin vertritt. Er war es, der die erfolgreichen Wahlkämpfe inhaltlich und strategisch gestaltete. Das Tandem Iglesias/Errejón ist das Geheimnis des Erfolgs.

Sollten die Gewinner der Versuchung erliegen, die Verlierer und deren Positionen zu isolieren, wäre der zweite Anlauf, in weiteren Städten, in Regionen und irgendwann in ganz Spanien zu regieren, wohl zum Scheitern verurteilt. Die Möglichkeit eines Wandels in Spanien wäre für Jahrzehnte verspielt.

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Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.

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