piwik no script img

Kommentar Pkw-MautKeine Verkehrswende, nirgends

Kommentar von Richard Rother

In der Verkehrspolitik geht es um mehr als eine Vignette für Kfz-Halter aus dem In- oder Ausland. Doch das wird über den Aufreger Maut vernachlässigt.

Gut möglich, dass die CSU ihr Modell einer Pkw-Vignette letztlich durchsetzt. Bild: dpa

D ie Pkw-Maut ist nicht alles, aber ohne Maut ist alles für uns nichts. Mit dieser penetranten Haltung drückte die bayerische CSU den Berliner Verhandlungen zu einer großen Koalition zwischen Union und SPD ihren Stempel auf. Das ist schade, denn in der Verkehrspolitik geht es um mehr als um eine Vignette für Kfz-Halter aus dem In- oder Ausland.

Und da haben sich die Unterhändler von Union und SPD – noch vor der Runde ihrer Spitzenpolitiker, die über die Maut entscheiden wird – bereits auf Dinge geeinigt, die sinnvoll sind.

So fordern die Unterhändler eine deutliche Aufstockung des Verkehrsetats, was ohne Ausweitung der Lkw-Maut kaum zu bewerkstelligen ist. Vor allem aber wollen sie einen Schwerpunkt auf den Erhalt von Straßen und Brücken legen; angesichts vieler maroder Bauwerke ist das wichtiger als Neubau.

Chefsache Maut

Über die von der CSU geforderte Pkw-Maut sollen erst am Ende der Koalitionsgespräche die Parteivorsitzenden von Union und SPD entscheiden. Der „konkrete Rahmen der künftigen Nutzerfinanzierung“ werde in den Schlussverhandlungen festgelegt, hieß es nach einer Sitzung der schwarz-roten Arbeitsgruppe Verkehr.

Die CSU fordert ultimativ die Einführung einer Pkw-Maut, um auch Autofahrer aus dem Ausland zur Kasse zu bitten. Ein ausgearbeitetes Konzept für eine vorgeschlagene Vignette mit einem Ausgleich für deutsche Fahrer über die Kfz-Steuer liegt bisher nicht vor. Die CDU macht eine Einigung in dieser Frage unter anderem davon abhängig, dass es keine Mehrbelastung für Fahrer aus dem Inland gibt. Die SPD lehnt eine Pkw-Vignette ab und will eine Ausweitung der Lkw-Maut. (dpa)

Zudem wollen sie verkehrsträgerbezogene Infrastrukturfonds schaffen, die unabhängig vom jährlichen Haushaltsstreit eine langsfristige Planungssicherheit bringen. Im Bereich der Bahn soll vieles beim Alten bleiben – angesichts der Privatisierungspläne, die die letzte große Koalition in Berlin verfolgte, ist das durchaus eine gute Nachricht. Zudem soll der Schienenlärm reduziert werden – ohne wäre die wünschenswerte Zunahme des Bahngüterverkehrs kaum durchzusetzen.

Allerdings darf man sich auch nichts vormachen: Eine Verkehrswende, wie sie Umweltaktivisten wollen, ist mit einer großen Koalition nicht zu haben. Über ein Tempolimit – damit sind bereits die Grünen beim SPD-Autokanzler Gerhard Schröder abgeblitzt – brauchten die Koalitionäre in spe nicht ernsthaft zu reden.

Bleibt als einziger Aufreger die Pkw-Maut. Gut möglich, dass die CSU ihr Modell einer Pkw-Vignette letztlich durchsetzt. Zwar will niemand sonst diese Maut – aber das war auch beim leidigen Betreuungsgeld nicht anders. Und das gibt es.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.

6 Kommentare

 / 
  • Jetzt wäre der rechte Zeitpunkt für Tempo 130 - lange genug vor den nächsten Bundestagswahlen. Der Trick hat doch so oft funktioniert - und hier wär's mal für einen guten Zweck!

  • D
    derSchreiber

    Liebe TAZ. Was bitte ist bei euch los? Frau Merkel gibt zu das es mit ihr eine Maut geben könnte, wo sie doch im Wahlkampf (kann man was bis September da lief so nennen?) vollmundig, auch im Kanzler-Duell sagte mit ihr gäbe es keine PKW-Maut? Wo ist die TAZ die uns wieder einmal vorführt das Frau Merkel intweder leere Worthülsen plappert oder schlichtweg lügt? Wann bringt ihr endlich mal einen richtigen Artikel zum Thema Maut? Wie die SPD dazu steht, wie der Seehofer Horst sein Versprechen halten will das die Deutschen nicht mehr, aber die bösen Ausländer endlich zahlen sollen die ja nur nach Deutschland kommen um unsere Autobahnen kaputt zu machen. Und natürlich wie Angie dazu steht, die wie immer nebenbei mal ihr Fähnen anders hängt.

  • DG
    Dr. G. Nau

    Pkw-Maut auf allen Straßen im In- und Ausland – dank Seehofer

    Millionen hier zugelassene Pkw fahren jährlich z.B. in Italien auf Landes- und Bundesstraßen – ohne dafür zu zahlen. Umgekehrt sind nur wenige Pkw aus Italien bei uns unterwegs. Italien zahlt also viel mehr als wir für Straßenkosten durch im Ausland zugelassene Pkw. Nach Seehofers Logik verlangt die Gerechtigkeit, derlei endlich auszugleichen.

     

    Unsere Nachbarn sind ja nicht blöd. Sie werden ihm dankbar folgen und ihrerseits Pkw-Maut erheben, aber völlig zu Recht auf allen Straßen, nicht nur für Autobahnen und nicht nur in Italien, Belgien, Dänemark, sondern in ganz Europa – und für diese Maut gibt es keine Entlastung. Danke Herr Seehofer.

     

    Im Ergebnis werden dann europaweit Fahrten in andere EU-Länder mit Abgaben belegt, während Inlandsfahrten davon befreit sind – offenbar eine Verletzung des europäischen Gedankens. Also auch des europäischen Rechts?

  • RA
    Rad ab

    Drecks autozentrische korrupte Verkehrspolitik.

  • Q
    Qualität

    Neben dem Umfang der Straßenbauarbeiten an sich wäre auch mal deren Qualität zu betrachten.

    Erstens fangen die oft erst im Oktober an, wenn der Etat fürs laufende Jahr fertig geplant ist (nicht unbedingt, um den Etat vollends zu verbraten).

    Dies hat zur Folge, dass oft bei Regen oder Frost gebaut wird, sodass bereits Wasser unterhalb des neuen Belags eingelagert ist, oder sofort Frostschäden auftreten.

    Weiterhin ist Geiz nicht immer geil und der günstigste Anbieter hat nicht immer das beste Preis-Leistungsverhältnis.

    Früher (als alles noch besser war) waren neue Straßenbeläge weitgehend eben.

    Heutzutage werden selbst vielbefahrene Bundesstraßen derartig schlampig saniert (wenn überhaupt mal), dass es einen hinterher fast genauso durchschüttelt wie vorher, Wellen über Wellen.

    Wenn da LKWs drüber fahren, die ein Vielfaches der Schäden von PKWs anrichten, entstehen aufgrund der Wellen größere Kontaktkräfte, die die Fahrbahn stärker beschädigen als wenn sie eben wäre. Die billige Straße geht schneller kaputt.

    Daher müssten verbindliche Normen für Wetterbedingungen zur Bauzeit und die Ebenheit von Fahrbahnbelägen gelten.

    Beides scheint aus meinem laienhaften Blickwinkel derzeit nicht der Fall zu sein.

    Nebenbei werden Bauzeiten oft künstlich verlängert, um an den vermieteten Absperrungen zu verdienen.

  • B
    Bastler4711

    Boa! keine Energiewende! Sauerei!

     

    Wer wollte die Verkehrs-'Wende' eigentlich? die üblichen verdächtigen wieder, die ständig die Menschen 'mitnehmen' oder 'abholen' oder sonstwas wollen.

    Sorry, aber die Mehrzahl der Wähler will kein Jahrhundertprojekt starten, sondern einfach die nächsten 4 Jahre verlässlich regiert werden.