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Kommentar PiratenparteiPiraten in der Klemme

Kommentar von Gordon Repinski

Die Piraten verpassen den Moment. Statt sich in die Debatte um den Bundespräsidenten für eine direkte Demokratie stark zu machen, halten sie sich zurück.

M anche Themen scheinen die Piraten erst zu entdecken, wenn sie darauf angesprochen werden. Ein eigener Kandidat zur Bundespräsidentenwahl? Die vielen Meinungen dazu klangen oft wie die ersten laut gedachten Ideen dazu. Jetzt deutet sich an, dass es einen Kandidaten geben wird. Es wirkt wie das Ergebnis eines digitalen Zufallsgenerators.

Sind also Meinungen der Piraten zu dem Thema irrelevant? Ganz und gar nicht. Denn auch wenn die Partei impulsiv entscheidet, wer antritt - wenn jemand antritt: Sie fängt damit Stimmungen auf. Denn nach dem parteipolitischen Streit über Christian Wulff und seine Nachfolge sind viele Wählerinnen und Wähler politikverdrossener geworden.

Wenn in einer solchen Situation die Piratenpartei einen Gegenkandidaten aufstellt, wird sie zum Korrektiv für die etablierten Parteien. Denn solange eine Bundespräsidentenwahl nach Parteiproporz entschieden wird, braucht es Opposition, die Alternativen aufbietet.

Bild: taz
Gordon Repinski

ist Parlamentskorrespondent der taz.

Sind die Piraten damit sich selbst treu geblieben? Eher nein. Berechtigterweise fragen sich viele im politischen Berlin nach den zwei Bundespräsidentenrücktritten der vergangenen Jahre, ob es das Amt noch braucht. Gerade hier halten sich die Piraten auffällig zurück - obwohl die Partei wie keine andere für das Abschneiden alter Zöpfe stehen will. Und auch die "Liquid Democracy", der Weg zu einer direkteren Demokratie, gerät beim Bundespräsidenten ins Stocken: Mahner für eine Direktwahl sind in der Minderheit.

Nein, die Chance für eine grundsätzliche Veränderung der Politik wird gerade verpasst, zu verführerisch ist die Möglichkeit der öffentlichen Aufmerksamkeit durch einen eigenen Kandidaten. Politisch ist das verständlich - revolutionär ist es nicht. Eher ziemlich etabliert.

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13 Kommentare

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  • L
    Lexi

    Die Argumente des Artikels sind ziemlich schwach. Alleine schon die Unterstellung, das das Amt des Bundespräsidenten ein alter Zopf wäre, zeigt doch schon wie blöd der Autor des Artikels sein kann, ohne es zu merken.

    Der Bundespräsident könnte eine wichtige Kontrollinstanz sein. Als diese ist er im Grundgesetz auch vorgesehen. Aber genau deshalb wird er immer mit möglichst schleimigen Arschkriechern besetzt. Das ist jedoch nicht die Schuld des Amtes.

    Eine Direktwahl führt nur dazu, dass der Amtsinhaber zukünftig vom Springer-Verlag bestimmt wird, wie Georg Schramm völlig zu Recht erkannt hat. Die Vorhaltung des Artikels ist deshalb Unsinn.

    Nein. Es ist richtig, einen anderen Kandidaten aufzustellen. Wenn es gelingt, ohne ideologische Scheuklappen über Parteigrenzen hinweg jemanden zu finden, der auch in der Diktatur der Parteien-Oligarchie Zustimmung finden kann, dann ist die Wahl durchaus offen. Das ist wirklich revolutionär. Das Geschwafel in diesem unsäglichen Propaganda-Artikel dagegen, ist einfach nur dämlich und spiegelt lediglich die reaktionäre Gesinnung des herausgebenden Blattes wieder.

  • H
    herbert

    Die Grünen werden den Tag noch verfluchen an dem sie Gauck mit auf den Schild gehoben haben! Ohne einen Gegenkandidaten hätte der Eindruck der Zustimmung entstehen können, was in Hinblick auf diese Personalie Gauck für die Piratenpartei fatal gewesen wäre.

     

    Mehr direkte Demokratie hätte zwar besser zum Profil gepasst und die Forderung nach Abschaffung des Amtes Konsquenter, doch in erster Linie geht es wohl primär darum ein Zeichen gegen den unseeligen Prediger zu setzen.

  • JH
    Junger Hase

    Mal wieder ein Artikel, der sinnfrei die Piraten basht.

     

    Gibt es viel zu oft in der TAZ !

     

     

    P.S.: der Mann auf dem Bild im Artikel sieht so aus als hätte man ihn eben erst zu 70 Jahren Zwangsarbeit in einer Legebatterie verurteilt.

  • V
    Vincent

    @myspam: na, zum entern gescheitert oder weshalb so polemisch übereifrig? die infantile anspielung darauf, wer wem was sagen möchte hat ungefähres vorschul vielleicht auch noch grundschulniveau, mehr aber auch nicht. wer nicht begreift, dass man als partei nach aussen schnell und geschlossen auftreten muss, der wird immer hinterherhinken. basisdemokratie funktioniert nur begrenzt, das sollte mal jedem klar sein, der sich mit entscheidungsprozessen, aufgaben, deligieren und representieren auseinandergesetzt hat. mach das doch mal... ;-)

  • Z
    Zorbas

    Ist es eine Regel? Oder ist es eine Richtlinie??

  • L
    Lillie

    Verglichen mit den Leistungen der sonstigen Parteien, was will man eigentlich?

     

    Die einen präsentieren gleich zwei Nieten hintereinander.

    Der Eine z.T. selbst rausgemobbt, weil er vermutlich diese Griechenland-"Rettung" nicht mitmachen wollte, der ihm nachfolgende Andere versuchte nicht gerade klug vorwiegend seine eigene Haut zu retten. Soweit zur Bilanz der Schwarzen Volkspartei.

    Ihr kleiner gelber "Wunschpartner" verhält sich nicht wunschgemäß und schlägt aus reinem Wahlkalkül einen Kandidaten vor, der sich offen unkritisch gegenüber Überwachung und Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen hat. Fauler Kompromiss, würde man da liberal sagen können.

     

    Die Sozialdemokraten heißen bloß noch nur so, schlagen jedoch einen Kandidaten vor, der weniger sozial ist, wie jetzt bekannt wird und Sozialdemokrat Thilo Sarrazin Mut bescheinigt.

     

    Die Grünen stimmen ebenfalls mit ins Vergauckeln ein und verteidigen diesen Mann vehement gegenüber einer Basis, die ihn noch nicht mal wählen darf.

     

    Nun schlagen Linke und Piraten eine Alternative vor. Da es keine wirkliche Wahl geben wird und das Ergebnis infolge der vielen JA-Sager längst feststeht, decken die Piraten und die Linke doch geradezu diese Farce auf, in dem sie eine Wahlmöglichkeit schaffen. Hätten sie diese Möglichkeit nicht ergriffen, wäre Schweigen im Parlament und Merkels Plan würde unkommentiert aufgehen. So aber wird drüber debattiert und damit gänzlich klar, was uns hier eigentlich vom Gros anderer "Volksparteien" und gelben Sonstigen vorgespielt wird.

     

    Daher finde ich allein schon die Variante, einen alternativen Kandidaten überhaupt ins Spiel zu bringen, nicht nur genial effizient (weil wenig Mühe) sondern auch höchst öffentlichkeitswirksam. Und das zeichnet doch genau die Piraten aus; sie blieben sich also im Rahmen ihrer noch verbleibenden Möglichkeiten eben treu. Wen man kritisieren sollte? Siehe jene, die sich "Volksparteien", "Alte Hasen" oder "Gauckler" nennen dürfen.

     

    Guten Abend oder besser noch

    gute Nacht, deutscher Michel!

  • Z
    zoppotrumpp

    Viel interessanter wäre jedoch ein Kommentar zur Frage gewesen, wieso sich sich ausgerechnet die Grünen für eine Nominierung von Joachim Gauck stark gemacht haben, wenn die einzige Schnittmenge der Gemeinsamkeiten im völligen Desinteresse an sozialen Fragen besteht.

  • AH
    alter Hase

    Endlich mal wieder ein Artikel der diese sinnfreie Partei zurechtstutzt!

     

    Gab es in der TAZ schon viel zu lange nicht mehr.

  • K
    kme70

    Die anderen Parteien haben drei Tage gebraucht, um sich auf ihre bemerkenswerte Weise zu einigen. Ihr Kandidat hat keine Bedenkzeit gebraucht. Das erklärt die Qualität dieser Entscheidungen. Wenn's um Hunderte Milliarden für Banken geht, sieht das genauso aus.

     

    Die Piraten sollten den Gesetzen der Mediendemokratie nicht hinterherhecheln, sondern diese weiterhin auf ihre Weise kritisieren. Wer wollte, konnte und kann den ganzen innerparteilichen Diskurs zum Thema transparent verfolgen.

    Dass sie nicht wie Oskar einen Kandidaten der Presse nennen, bevor der überhaupt seine Bereitschaft erklärt hat, ist richtig gewesen.

     

    No Pop, No Style.

  • BH
    Banjo Hansen

    Wir würden sogar noch einen Schritt weiter gehen und das Amt des BP abschaffen. Nehmt dies, Banausen!

  • M
    myspam

    @Vincent: es ist aber auch wirklich schlimm, dass man in einer demokratischen Partei die Meinung der Mitglieder beachten will. Wo sind wir eigentlich hingekommen, dass der Pöbel überhaupt noch ne Meinung haben darf. Der soll einfach sienen Mitgliedsbeitrag bezahlen und ruhe ist. Am besten wäre es ja der Vincent sagt allen, was sie denken sollen, dann braucht es auch die Piraten nicht mehr.

  • V
    Vincent

    nein, das ist kein zurückhalten, denn das würde ein bewusstsein ob der situation voraussetzen. die piraten sind einfach nicht in der lage schnell zu reagieren. schliesslich muss erst ein konsens herdiskutiert werden, das geht nun mal nicht so schnell...

  • F
    Friederike

    Die Piraten sind überwiegend junge Leute. Sie haben etwas angefangen und ich gestehe auch Fehler zu -sowie Unsicherheiten. Viel Unterstützung haben sie nicht und würden am liebsten von den alten Polithasen die Tür rausgetragen. Leider sehen die nicht die Chance, denen was beizubringen. Sie haben verlernt wie es ist- wenn man "anfängt!" und haben sich verschlungen in ihrer Machtposition und teilweise Korrputionen und Skandalen.

     

    Ich würde den Piraten wünschen, das sie erfahrene Gönner und Förderer finden. Lernen kann man immer- auch in einer Partei.

     

    Es ist noch nicht aller Tage Abend und die Wahl ist ohnehin gegessen. In 5 Jahren bei der nächsten Wahl werden sie es besser machen und sind dann älter.