Kommentar Pirateneinsatz: Am Ende dann Bodentruppen
Der erweiterte Auftrag der EU-Mission gegen Piraten ist voller Widersprüche und sollte vom Bundestag abgelehnt werden. Sonst droht irgendwann ein Landkrieg in Somalia.
M it der Eskalation der „Atalanta“-Mission zur Bekämpfung der Piraterie am Horn von Afrika begibt sich die EU immer weiter in die Sackgasse einer vermeintlich möglichen militärischen Lösung für tiefgreifende sozialökonomische Probleme, für deren Entstehen die EU selbst mitverantwortlich ist.
In dieser Region wurden seit den 1990er Jahren zunächst lokale Fischer aus Somalia und anderen Ländern aus nackter Verzweiflung zu Piraten – nachdem moderne Hochseeflotten aus der EU und anderen Ländern ihre Fischgründe – oftmals mit illegalen Fangmethoden und unter Verstoß gegen das internationale Seerecht – leer gefischt und sie damit ihrer Existenzgrundlage beraubt hatten.
Inzwischen wird die Piraterie auch von wohlorganisierten, hochgerüsteten Banden betrieben. Ihre Erlöse machen einen immer größeren Anteil des somalischen Volkseinkommens aus. Ohne alternative Einkommensmöglichkeiten wird sich die Piraterie nicht überwinden lassen. Abgesehen von diesen grundsätzlichen Bedenken gegen die Mission ist ihr nunmehr erweiterter Auftrag voller Widersprüche, die den Bundestag zur Ablehnung veranlassen sollten.
Bei den künftig „legitimierten“ Luftschlägen gegen Boote und Logistik der Piraten auf einem bis zu 20 Meter breiten Strandstreifen Somalias sollten Menschen, insbesondere unbeteiligte Personen nicht angegriffen werden, heißt es in dem Mandat.
Das dürfte sich schon bald als fromme Lüge erweisen. Denn was passiert, wenn sich doch Menschen in den jetzt „legitimierten“ Angriffszielen befinden? Vielleicht sogar Geiseln? Und was macht die „Atalanta“-Mission, wenn die Piraten ihre Boote und Logistik über den 20-Meter-Strandstreifen hinaus ins Landesinnere verlegen? Dann dürfte der Druck steigen, doch Bodentruppen einzusetzen.
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