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Kommentar PestizideDer Deutsche frisst einfach alles

Nick Reimer
Kommentar von Nick Reimer

Auch wenn einige Pestizide in Deutschland verboten sind - der Widerstand gegen gespritztes Obst und Gemüse hält sich hierzulande in Grenzen.

Bild: taz

Nick Reimer ist Redakteur im Wirtschaft und Umwelt-Ressort der taz.

"Die Seuche töten" heißt das lateinische Wort "Pestizid" ins Deutsche übersetzt. Für die Entwicklung des ersten synthetischen Pestizids, DDT, erhielt der Schweizer Paul Hermann Müller 1948 den Nobelpreis. Aus damaliger Perspektive völlig zu Recht: Dank seiner Entdeckung konnte man hoffen, dass die Landwirtschaft revolutioniert wird. Und zwar so, dass der Hunger wirkungsvoll bekämpft werden kann.

60 Jahre später ist der Hunger in Europa tatsächlich zu 99,9 Prozent ausgerottet. Was bleibt, sind die Pestizide: Einmal in der Umwelt freigesetzt, wird man sie und ihre gesundheitsbedenklichen Wirkungen nicht mehr los. Das ist der Fluch des Segens: Zu wenig wurde einst nach den Risiken und Nebenwirkungen gefragt, die die anvisierte "Lösung eines Menschheitsproblems" eventuell nach sich ziehen werde.

60 Jahre später ist das noch ganz genauso: Wenn die Bauern in sechs Wochen ihre Felder bestellen, werden so viele wie noch nie gentechnisch verändertes Saatgut ausbringen. Mit gutem Recht: Ihnen wurde erklärt, auf diese Weise marktfähig zu bleiben. Dass sachkundige Kritiker vor zu wenig Kenntnis der Risiken und Nebenwirkungen warnen, scheint egal. So werden wir in spätestens 60 Jahren wieder da sein, wo wir heute mit den Pestiziden sind: bei einem neuen Problem.

Erstaunlicherweise interessiert sich hierzulande kaum jemand dafür: Der Deutsche frisst, was ihm aufgetischt wird. Nirgendwo sonst in Westeuropa ist der Lebensmittelmarkt so billig wie in bei uns. Vorhandene Kontrollmechanismen wie das Lebensmittelinformationsgesetz werden in Deutschland von weit weniger Akteuren auf den Weg gebracht als beispielsweise in Großbritannien. Und Großdemos gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel hat es auch keine gegeben.

DDT wurde 1971 verboten, die Bundesrepublik hatte 35 Jahre Zeit, auch andere Pestizide zu verbieten. Grundlegendes ist nicht passiert. Dass hier verbotene Spritzmittel per asiatische Papaya zurück nach Deutschland kommen, darf deshalb nicht verwundern: Wenn Eliten hierzulande glauben, Nahrungsmittelprobleme nur durch neue Technologien beheben zu können, werden Eliten anderswo diesem Glauben auch nicht abschwören.

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Nick Reimer
Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.
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4 Kommentare

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  • S
    schlumpf

    ich hätte diesen Artikel gern weiter empfohlen, aber offensichtlich liest auch bei der taz niemand mehr Korrektur

  • V
    viejito

    Richtig, die Deutschen fressen alles, und umsolieber wenn 'bio' draufsteht und das Zeug garantiert geschmacklos ist.

    Das ist auch weiter nicht schlimm, wer das ganze Jahr das selbe essen muss, der muss halt dafuer zahlen, so oder so, meistens 'und' so: Gesundheit und Geld.

    Schlimmer ist, dass es immer noch Menschen gibt, die glauben, es wuerden nicht genug Nahrungsmittel auf dieser Welt erzeugt. Der Hunger, den es leider schon seit jeher gibt, auf dieser Welt, hat jedoch damit nie etwas zu tun gehabt, sondern viemehr damit, dass es sich ein immer groesser werdender Teil der Erdbevoelkerung leisten musste (damals: Umverteilung technisch schlecht moeglich) und leisten kann (heutzutage: Umverteilung moeglich und praktiziert: alles in die Industrienationen und dort auf die Muellkippe) Lebensmittel im Massenumfang zu vernichten.

    Die Perversion der Perversion: Subventionen fuer 'Bio' sprit, d.h. fuer Lebensmittelvernichtung und kuenstliche Lebensmittelverteuerung von Lebensmitteln (Staerkeprodukte)die vorallem von den aermeren Bevoelkerungsschichten zur Vermeidung des Hungers benoetigt werden.

  • KW
    Kassandra Wahrlich

    Von Spermien, Eizellen und Muttermilch

     

    Willkommen kleine Seele aus des Bardos Zwischenreich,

    lass? Dich nieder in der Eltern saft?gen Schoß,

    da wird die Chemie so richtig gelassen los

     

    Wenn Spermium und Eizelle sich treffen,

    wird gezündet die chemische Reaktion

    für des Seelchens Mutation

     

    Pestizide aus Kleidung und Nahrung

    geben eine Schwindel erregende Duftnote bei der Paarung

     

    Nitrat in Elterns Salat

    ist hervorragend für die Saat

     

    Antibiotika und Schwermetalle

    (de)formieren Deine wütende Galle

     

    Die jahrelang gesammelte Menge Nikotin

    wird in Dein Hirn einziehen,

    so dass Du musst Dich später dem Schulstoff entziehen

     

    Teppiche und Möbel, die in Elterns Wohnung und Arbeitsplatz ausgasen,

    werden Dir später wachsen lassen krebsige Blasen

     

    Genieße den beschwipsenden Giftcocktail im Uterus,

    der heute ist ein etabliertes ?Muss?,

    Lass? Dich von den legal grenzwertigen Mitteln berauschen,

    ich möchte nicht mehr mit Dir ach so jungem und wehrlosem Wesen tauschen

     

    Bedien? Dich ordentlich an der Mutterkuchen Theke

    und ignoriere Deinen stillen Ekel,

    Du wirst Dich am sauren Fruchtwasser besaufen,

    der Säure Schweiß wird Dir aus den Poren laufen

     

    Im Blut gleich mitgeliefertes Glutamat wird Dich motiveren,

    von all dem auch weiterhin zu probieren

     

    Und in einer Mittagspause dieser Art Orgiensause

    träume von kommenden Allergien, Neurodermitis & Co.

    und hoff?, das Dein Herz unter diesen Umständen wächst froh

     

    Und wenn Du später überraschend erkrankst

    werden dann sorgenvolle Eltern allen beweisen,

    dass sie Dich NORMal speisen

    und Dich notfalls auch in die Klinik einweisen

     

    Die bei der Paarung begonnene chemische Reaktion

    wird dann fördern der Gesundheitskosten Explosion

    und münden in der Menschheit Erosion

     

    Beschwer? Dich nicht und halt die Fressen,

    ?Wenn Du danach gehst, darfst Du heutzutage gar nichts mehr essen?.

  • BH
    Bernhard Hellweg

    Klar gibt es in Europa keinen Hunger mehr, wir haben ja auch Geld genug von überall auf der Welt Nahrungsmmittel zuzukaufen. Weltweit werden Nahrungmittel knapp und teuer weil: es immer mehr Menschen gibt, die Menschen immer mehr tierische Produkte (Milch, Eier, Fleisch) konsumiern und wir auf immer mehr landwirtschaftliche Flächen nachwachsende Rohstoffe (füe Biotreibstoff z.B.) anbauen. Jetzt gibt es 2 Möglichkeiten darauf zu reagieren: entweder wird auf den zur Verfügung stehenden Flächen mehr geerntet oder es werden mehr Flächen (z. B. Regenwald) benötigt.

    Es ist also gar nicht möglich auf neue Techologien in der Landwirtschaft zu verzichten wollen wir nicht den Rehgenwald opfern oder die ärmsten Menschen verhungern lassen