Kommentar Pestizide in Obst und Gemüse: Wer Gift sät

Verbraucherschutzminister Horst Seehofer tut zu wenig, um Pestizidevergiftung von Obst und Gemüse einzudämmen .Bleibt nur, Bio zu kaufen.

Wieder einmal haben die deutschen Behörden in Lebensmitteln Gift gefunden. Ja, Gift, denn nichts anderes sind Pestizide. Bei einigen Salatköpfen lag die Belastung sogar so hoch, dass schon bei einmaligem Verzehr die Gesundheit gefährdet ist. Und wenn beispielsweise 20 Prozent des Grünkohls stärker belastet sind, als es das Gesetz erlaubt, kann man auch nicht mehr von Einzelfällen sprechen.

Nicht Umweltschützer, die angeblich zu Übersensibilität neigen, haben das festgestellt, sondern das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, das auch von der Industrie anerkannt wird. Dennoch bleiben Bund und Länder bislang untätig. Dafür ist es inzwischen der Handel, der die konventionell wirtschaftenden Bauern dazu drängt, weniger Pestizide zu benutzen. Supermarktketten wie Aldi und Lidl lassen ihre Ware regelmäßig im Labor untersuchen und bestehen nach eigenen Angaben auf sehr niedrigen Grenzwerten.

Die Bundesregierung aber versagt in dieser Frage. Agrarminister Horst Seehofer (CSU) will sich noch nicht einmal festlegen, um wie viel der Einsatz der Gifte zurückgehen soll. In seinem Nationalen Pestizidaktionsplan hat er sogar das Ziel gestrichen, die Überschreitungen von Pestizidgrenzwerten in untersuchten Lebensmitteln auf unter 1 Prozent zu senken. Da war seine Amtsvorgängerin, die Grüne Renate Künast, schon mal weiter.

Immerhin verspricht Seehofer in seinem Plan, die Entwicklung von Alternativen zum Spritzen zu fördern. Doch die Finanzierung bleibt völlig unklar. Der Biolandbau, der auf chemische Pflanzenschutzmittel komplett verzichtet, bietet den größten Schutz vor Pestiziden. Er wird im Rahmen des "Bundesprogramms Ökologischer Landbau" unterstützt - doch ausgerechnet diesen Zweig hat Seehofer zusammengestrichen. Die Länder stehen nicht viel besser da: 2007 kürzten sie die Prämien für Bauern, die auf Bio umstellen - flächendeckend. Im Moment diskutieren die Länder gerade darüber, ob sie diese Prämien wieder erhöhen. Sie sollten dabei die Ergebnisse des aktuellen Pestizidberichts im Blick haben.

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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