Kommentar Pendlerpauschale: Osterfestspiele für Besserverdienende
Für die FDP ist das Thema Pendlerpauschale großartig: Sie kann ihre Klientel bedienen und das auch noch als Sozialfürsorge verpacken.
D ie Debatte um die Erhöhung der Pendlerpauschale zeigt Wahlkämpfer im Abstiegskampf. Es trommeln die FDP (4 Prozent in Schleswig-Holstein), die Linke (3 Prozent in NRW) sowie Umweltminister (Um-welt-mi-nis-ter!) Norbert Röttgen, CDU, der bei einer Direktwahl des Ministerpräsidenten in Düsseldorf nur 28 Prozent erreichen würde. Dem Hessen Volker Bouffier (CDU) ist nach der verlorenen Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt noch etwas schwindelig.
All diesen Protagonisten ist völlig egal, dass die Pendlerpauschale keine reine Autofahrersubvention darstellt. Bahnkunden, Fußgänger und Radfahrer können sie ebenfalls geltend machen. Das Umsteigen auf diese Verkehrsmittel ist politisch gewollt: Autos tragen zum Klimawandel bei, vergiften die Luft, ihr Lärm macht krank, und nicht zuletzt befördert die individuelle Mobilität die Zersiedlung der Landschaft und damit den Flächenverbrauch. Der Verlust fruchtbaren Bodens ist eine der am wenigsten beachteten Katastrophen überhaupt. Kein politischer Entscheidungsträger kann ernsthaft fordern, den Autoverkehr für ein Massenpublikum attraktiver zu gestalten und auszuweiten. Macht ja auch keiner.
Eine höhere Pendlerpauschale käme nämlich nur wenigen Gutverdienern sowie Unternehmen zugute, die ihren Angestellten Dienstwagen zur Verfügung stellen. An den vielen Arbeitnehmern mit mittleren und niedrigen Einkommen ginge die staatliche Subvention vorbei – und würde auch deren Mobilitätsverhalten kaum ändern. Sie würde also das Ausbluten abgehängter ländlicher Gebiete nicht verhindern.
ist Redakteurin im Ökologie- und Wirtschaftsressort der taz.
Sie würde nicht zu mehr privatem Konsum führen, und sie würde auch nicht arme Familien entlasten. Doch für die FDP ist das Thema großartig: Sie kann ihre Klientel bedienen und das auch noch als Sozialfürsorge verpacken, während es die Linkspartei hinnimmt, dass eine höhere Pauschale an ihrer Zielgruppe vorbeiginge – und gerade arme Menschen unter den negativen Folgen des Autoverkehrs leiden.
Nun könnte man all das Gerede als vorösterliches Spektakel abtun, wenn es nicht gravierende Nebenwirkungen hätte. Die Beteiligten zeichnen das Bild eines Staates, der seinen Schäfchen bei Bedarf unter die Arme greift – oder aber im Regen stehen lässt. Damit entpolitisieren sie die die Themen Verkehr, Arbeit und Gerechtigkeit. Populisten nehmen ihre Wähler eben nicht ernst – im Abstiegskampf noch weniger als sonst.
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