Kommentar Pegida in Dresden: Freiheit für Bachmann
Der Pegida-Gründer darf fünf Jahre lang keine Demonstrationen mehr in Dresden anmelden. Schon wieder reagiert Sachsen falsch.
Neues aus Dunkeldeutschland: Pegida-Gründer Lutz Bachmann und sein Mitstreiter Siegfried Däbritz dürfen fünf Jahre lang keine Demonstrationen mehr in Dresden anmelden.
Das ist, erstens, taktisch unklug. Wenn Bachmann und Däbritz klagen, werden die Gerichte mit hoher Wahrscheinlichkeit die Verfügung der Stadt Dresden aufheben. Die Begründung der Stadt, der Aufruf zu nicht genehmigten Demonstrationen gegen die Einheitsfeiern am 3. Oktober, steht in keinem Verhältnis zur Dauer des Rechtsentzugs. Anschließend können sich Bachmann und Däbritz als Opfer staatlicher Verfolgung inszenieren.
Zweitens reiht sich das Verbot in die lange Liste falscher Reaktionen sächsischer Behörden auf Rechtsextremisten und Rechtspopulisten ein: Egal, ob es um Ignoranz, Herunterspielen, Dialogangebote oder Verbote geht – Sachsen findet nie einen Mittelweg. Was hieße, einerseits Straftaten konsequent zu verfolgen und keine Dialoge mit dem rechten Pöbel zu führen, reine Meinungsäußerungen aber andererseits großzügig zu erlauben.
Auch wenn Sachsen in vielerlei Hinsicht ein Sonderfall ist, zeigt das Verbot für Bachmann und Däbritz drittens ein beunruhigendes Symptom im gesamten Westen: Angesichts des Zulaufs für Populisten sind allzu viele Demokraten bereit, ihre demokratischen Prinzipien über Bord zu werfen. Die Idee junger Briten, man könne so lange über den Brexit abstimmen lassen, bis ihnen das Ergebnis passt, gehört dazu; ebenso die neue Skepsis gegenüber Volksabstimmungen unter Linksliberalen, weil die Bevölkerung sich manchmal anders entscheidet, als sie es selbst tun würden. Nach dem Demoverbot für Bachmann blieb es bei Grünen, SPD und Linken beunruhigend ruhig.
Dabei haben die Grünen in ihrer Gründungsphase Plakate mit dem Rosa-Luxemburg-Spruch „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden“ gedruckt. Sie könnten sie jetzt neu auflegen.
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