Kommentar Patriots für die Türkei: Ein Mandat mit Zukunft
Bevor das Raketenabwehrsystem Patriot an der Südostflanke der Nato einsatzbereit ist, könnte der Krieg in Syrien vorbei sein. Und dann?
W affen halten länger als die Konflikte, für die sie beschafft werden. Und auch Einsätze der Bundeswehr im Ausland dauern in der Regel an, wenn ihr ursprünglicher Grund nicht mehr gegeben ist. Das ist in Afghanistan so, wo die Bundeswehr vom Objektschützer in Kabul zur Kampftruppe in Kundus mutierte und jetzt afghanische Soldaten trainieren soll.
Und es gilt für den Marineeinsatz am Horn von Afrika, der von einem Antiterroreinsatz nahtlos zu einer Antipiratenmission umgewidmet wurde.
Am Freitag stimmte der Bundestag für die Stationierung deutscher „Patriots“-Systeme nahe der türkisch-syrischen Grenze. Und das ausgerechnet einen Tag nachdem Vertreter sowohl der Nato als auch Russlands ein baldiges Ende des Assad-Regimes prognostiziert hatten.
Es scheint durchaus nicht unwahrscheinlich, dass der Krieg in Syrien beendet ist, ehe die deutschen Raketenabwehrsysteme abschussbereit sind. Die offizielle Grund für den Einsatz wäre damit hinfällig.
Wird die Bundeswehr dann die „Patriots“ umgehend nach Deutschland zurückfliegen lassen? Oder wird sie auf den Atomkonflikt mit Iran verweisen und die Waffen in der Türkei zu einem Teil des 2010 von der Nato beschlossenen Raketenabwehrprojekts erklären?
Auch wenn nämlich die „Patriots“ bestenfalls ein kleines Gebiet, und auch das nicht absolut verlässlich, schützen können – die Nato würde ihrem Traum von einem umfassenden Schutz des Bündnisgebiets vor ballistischen Raketen endlich ein fernsehtaugliches Bild geben.
In den offiziellen Planungen der Bundeswehr ist davon noch nicht die Rede – doch die Versuchung dürfte groß sein, die „Patriots“ erst einmal an der Südostflanke der Nato zu belassen: Spätestens im Januar 2014 müsste sich der Bundestag dann eine neue Begründung für den Einsatz überlegen.
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