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Kommentar Papstrede im BundestagZur falschen Zeit am falschen Ort

Ines Pohl
Kommentar von Ines Pohl

Kommenden Donnerstag wird der Papst eine Rede im Bundestag halten. Zahlreiche Abgeordnete wollen den Auftritt boykottieren. Zu recht, findet Ines Pohl.

E in Religionsführer hat am Rednerpult des Bundestages nichts zu suchen. Das hat nichts mit Kirchen- oder Katholikenfeindlichkeit zu tun. Der Zorn ist konkret: Kirche und Staat sind in Deutschland - Gott sei Dank - getrennt, und das soll auch so bleiben.

Es ist schon klar, dass eine Koalition, die im staubigen Erdendasein tagtäglich weiter zerbröselt, gern etwas vom Glanz des globalen Popstars Papst abbekommen will; dass Parteien mit einem C im Namen danach lechzen, sich an der Standhaftigkeit eines knallharten Konservativen wenigstens einmal kurz aufzurichten: jetzt, da sich selbst die Führung nicht mehr darüber einig werden kann, was eigentlich diese Werte sind, an denen sich die eigene Politik ausrichten soll. Rechtfertigen lässt sich der Auftritt Ratzingers am kommenden Donnerstag dadurch nicht.

Dass der Papst darüber hinaus einer grundgesetzwidrigen Homophobie frönt; dass er als Oberhaupt und davor als Mitglied des mittleren Managements seiner Kirche Verantwortung trägt für die weiterhin unaufgeklärten und ungesühnten tausendfachen Missbrauchsfälle; dass er und seine Organisation für eine menschenverachtende Sexualpolitik stehen - das alles tritt in den Hintergrund vor einem alarmierenderen Problem: Seit dem 11. September kommen den Herrschenden beim Politikmachen religiöse Begründungszusammenhänge so leicht von den Lippen, dass einem angst und bange wird - ob es nun das christliche Abendland oder das muslimische Morgenland zu verteidigen gilt, ob die sogenannten Werte der westlichen Welt oder die Gesetze Allahs.

Bild: taz
INES POHL

ist Chefredakteurin bei der taz.

In diesen aufgeregten Zeiten darf der Deutsche Bundestag sein Rednerpult nicht zur Kanzel werden lassen. Denn damit setzt das Parlament seinen Anspruch und Auftrag aufs Spiel, Vertreter aller Deutschen zu sein.

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Ines Pohl
Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)
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44 Kommentare

 / 
  • AM
    Andreas Metge

    Tja, liebe Frau Pohl,

    und nun war die ganze Aufregung ziemlich vergebens. Nicht umsonst, denn nicht nur der taz wird das Herum-Geeiere im Vorfeld Auflage beschert haben.

    Naja, vielleicht kommt ja noch etwas richtig schön Anstößiges in den nächsten Tagen...

  • T
    thomash,

    die trennung von staat und kirche mag für viele wesentlich sein - doch für mich geht es um eine radikale trennung von kirche und glaube - ich lasse mir von niemandem vorschreiben was und wie ich glaube!!

     

    mein glaubensbekenntnis steht bei matthäus 25,4o - was ihr getan habt einer meiner schwestern und brüder, das habt ihr mir getan

     

    und bei jesaja 27,3 - das geknickte rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden docht wird er nicht auslöschen

     

    danach lebe ich - tag für tag - als erzieher in einer kleinen heilpädagogischen lebensgemeinschaft - dafür brauche ich keine kirche - dafür brauche ich meinen glauben - und der wird bestimmt nicht von einem papst genährt - sondern in der begegnung mit menschen

     

    die politische dimension der hier geführten diskussion ist sicher berechtigt - doch wird sie aus dem elfenbeinturm derer geführt, die caritas und agape nur als begriffe kennen, statt sie zu leben

  • S
    Skeptizist

    Das Brisante am Papstauftritt ist wahrscheinlich nicht das was er sagt, sondern das was wählerstimmenheischende Politiker draus machen.

     

    Für gewiefte Journalisten wird es ein Leichtes sein es so aussehen zu lassen als ob der Papst die "Friedenspolitik" der Regierung unterstützt.

    Was in der Bibel steht ist dabei eher nachrangig.

  • JD
    Johannnes der Täufer

    Hahaha. Selten eine so spießige und ranzige Diskussion gelesen. Ausgerechnet im Land der Dichter, Denker,Intellektuellen und Pseudo-Aufgeklärten. Natürlich darf der Papst als Staatsoberhaupt des Vatikans bei uns im Parlament sprechen ! Wer nicht mag, darf auch gerne weghören oder draussen bleiben. Anti-Christen und Ungläubige wird es sowieso nicht interessieren, sie wollen vielleicht nicht Glauben und Gott lässt auch dies zu. Für deren Seelenheil wird ja gebetet. Menschlicher Respekt, Reife und Toleranz sollten es ermöglichen, dass man seine Rede aushält ohne das man gleich larmoyant den Zustand des Staates beschreibt.

  • C
    Chesterfield

    Der Papst hat im Bundestsg nichts zu suchen.Wenn er etwas bewirken will,so soll er auf dem Alex Pillen und Kondome verteilen,Frauen zu Priestern weihen und homosexuelle Paare trauen.Auch soll er begreifen,dass Priester in erster Linie auch Männer sind,die auch Bedürfnisse haben.Er soll sie heiraten lassen.Ich selbst bin ein Jahr älter als der Papst,kann aber diese verbohrten Ansichten der Katholischen Kirche nicht verstehen oder gar gut heißen.

  • JP
    Johannes P.

    Leider ist völkerrechtliche Einordnung des Vorgangs fehlerhaft. "Religionsführer" gibt es nur umgangssprachlich, und die Vatikanstadt ist als Staat beinahe bedeutungslos.

     

    Tatsächlich ist der Heilige Stuhl Völkerrechtssubjekt, unabhängig vom Status der Vatikanstadt. Der Papst ist mit ihm identisch und damit die einzige natürliche Person, die Völkerrechtssubjektivität genießt. Daran scheitern bereits mögliche Vergleiche mit anderen Menschen, die eventuell vor dem Parlament sprechen könnten.

  • ES
    einem Säkularisten

    Die Überwindung religiöser Macht- und Herrschaftssysteme schreitet voran. Man stelle sich vor, wie extatisch befreiend es für indoktrinierte Christen sein wird, wenn sie zum ersten Mal die Denkbeschränkung überwinden. Wir säkulare auf Vernunft und Menschlichkeit gründende Humanisten sollten sie einerseits mit offenen Armen, Mitfreude und Menschlichkeit empfangen, andererseits auch umsichtig begleiten, denn der Schritt in die selbständig Denkende Eigenverantwortung als Individuum und als soziales Wesen ist schon ein sehr grosser.

    Erstmals selbständig Denkende werden diese Erfahrung zuerst als dramatische Zustandsveränderungen des Bewusstseins wahrnehmen. Sie werden das Bewusstsein während dem Übergang zum selbständigen Denken als „erweitert“ oder „erhöht“ erleben. Durch diese Erweiterung oder Erhöhung erhalten sie gerne mal den Eindruck, sie seien „außer sich“ oder „nicht bei sich“. Wir säkulare auf Vernunft und Menschlichkeit gründende Humanisten müssen sie dann vorsichtig darauf hinweisen, dass dies das kein „ausser sich“ sein ist, sondern das lebensbejahende Gefühl frei denkender Menschen. Sie haben sich von irrgläubigen Jenseitsphantasien Macht- und Herrschaft anstrebender Institutionen befreit.

  • K
    Kahnmann

    Ein richtiger Artikel zur richtigen Zeit! Ergänzend möchte ich darauf hinweisen, dass unsere Verfassung nicht nur weltanschauliche Neutralität gebietet, sondern mit der Religionsfreiheit in Artikel 4 Grundgesetz auch ausdrücklich die Gewissensfreiheit garantiert.

    Zur Religionsfreiheit gehört es damit also auch, als Abgeordneter des Parlaments einer Veranstaltung fernbleiben zu dürfen, wenn man es als gewählter Demokrat nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann,einem erzkonservativen Oberhaupt einer absoluten Wahlmonarchie mit einem rückwärts gewandten Weltbild durch demütige Anwesenheit einhellig akklamieren zu müssen.

  • R
    Roland

    Religion ist Privatsache (bzw. "sollte...sein")!

     

    Dort darf, in der Regel, gerne jeder glauben, was er will

    (solange er damit keinem Anderen schadet).

     

    Ob man allerdings einen "Vereinsvorsitzenden" und nichts Anderes ist der Pabst, vor dem Bundestag reden lassen muss, halte ich doch fuer sehr fragwuerdig.

     

    ...aber wie immer im Leben: Erst Denken, dann Handeln.

     

    Die Diskussionen haette man umgehen koennen, haette man die Einladung gar nicht erst ausgesprochen.

     

    Jetzt ist es fuer Klagen wohl doch etwas zu spaet.

     

    Also liebe Bundestagsmitglieder (aller Parteien):

    In Zukunft erst ueber moegliche Folgen diskutieren und dann erst das Haendchen zur Abstimmung heben....

  • V
    vic

    Soweit mir bekannt (ich muss das Ereignis irgendwie verpasst haben) sprach Ratzinger nicht als Staatsoberhaupt, sondern als Papst, und war somit definitiv am falschen Ort.

    Das Parlament ist keine Kirche.

  • B
    Bitbändiger

    Herrlich, wie die "Christen" reihenweise Gift und Galle spucken, weil es jemand wagt, diesem Herrn Ratzinger nicht huldigen zu wollen! (Eigentlich wären meine Erwartungen ja mehr in Richtung "Hinhalten der anderen Wange" gegangen...)

     

    Geradezu putzig allerdings die verquälte Argumentation, der Herr Papst sei ja auch "Staatsoberhaupt" und als solches zur Rede vor dem Bundestag eingeladen. Wann hat zuletzt das Staatsoberhaupt von Andorra, Liechtenstein oder San Marino im Reichstag gesprochen?

  • M
    Mika

    Ein islamischer Religionsführer dürfte unter dem Beifall von Frau Pohl und der taz vor dem Bundestag sprechen. Jeder Abgeordnte würde vor Respekt zu dieser Religion entzückt bibern und niemand es wagen, sich durch Statisten ersetzen zu lassen. Soweit zur armseligen Doppelmoral.

  • S
    Sauerbraten80

    Welche Trennung von Kirche und Staat? Leider ist das genaue Gegenteil der Fall:

     

    Zusätzlich zur Kirchensteuer, die nur Gläubige betrifft, werden die beiden Kirchen in Deutschland mit unser aller Steuergeld finanziert. 14 Milliarden jährlich. Die Bundesländer bezahlen die Spitzengehälter von Bischöfen, die Kommunen finanzieren brav die Sanierung von Kirchengebäuden, der Bund leistet ebenfalls erhebliche Zuwendungen.

     

    Zudem erzielen die beiden Kirchen in Deutschland Pacht- und Miet-Einnahmen von 4 Milliarden Euro jährlich.

     

    Und entgegen der allgemeinen Meinung verwenden die Kirchen nur einen Bruchteil ihrer Einnahmen und Subventionen für soziale und karitative Zwecke.

     

    Der gläubige Christ wird von der Kirche *zusätzlich* um Spenden für Caritas und Misereor gebeten, weil die Kirchen ihre milliardenschweren staatlichen Subventionen eben nicht für Wohltaten ausgeben, sondern für sich selbst. Warum ein Bischof Mercedes S-Klasse mit Chauffeur fahren muss (auf meine Kosten als deutscher Steuerzahler) erschließt sich mir nicht.

     

    Ich bin aus der Kirche ausgetreten und anstatt Kirchensteuer zu zahlen, spende ich lieber an Organisationen, die mir etwas bedeuten. Schade, dass ich trotzdem über meine anderen Steuern die beiden Kirchen in Deutschland mitfinanzieren muss.

     

    Weitere Informationen über die skandalösen Zustände:

     

    www.stop-kirchensubventionen.de

     

    www.spart-euch-die-kirche.de

  • R
    Redbranch

    In diesem Kommentar bezieht die Autorin doch ganz offenkundig Stellung zu der Frage, ob es richtig ist, den Papst im Bundestag eine Rede halten zu lassen.

     

    Es geht keinesfalls darum, wie die im Grundgesetz Art. 140 verankerte Trennung von Staat und Kirche hierzulande ausgestaltet ist.

     

    Frau Pohl nun vorzuwerfen, dass sie auf dieses artverwandete, aber dennoch andere Thema nicht weiter eingegangen ist, halte ich für unangebracht und unzutreffend.

     

    Was mir in ihrem Kommentar allerdings fehlt, ist die nähere Betrachtung der Doppelfunktion - Religion- UND Staatsführer - die der Papst nun mal innehat.

    Diesen Fakt bei der Diskussion um seine Rede im Bundestag außer Acht zu lassen scheint mir nahezu fahrlässig.

  • W
    Webmarxist

    Der Papst hält nur seine Rede im Bundestag und dann ist Schluss. Wo bleibt die politische Debatte nach der Rede. Der Bundestag ist ein Ort für politische Debatten und steht auch für die Trennung von Staat und Kirche.

  • RT
    Richard Therm

    Frau Pohls Argumentation ist nicht viel differenzierter und aufgeschlossener als die der Moscheegegner aus Pankow oder Köln. Wer so über das Oberhaupt einer religiösen Gruppe spricht, der immer noch mehr als 20 Millionen ihrer MitbürgerInnen angehören, hat nicht viel Respekt vor Andersdenkenden.

     

    Die Einstellung vieler Berliner (siehe Tagesspiegelumfrage zu den Kosten) zum Papstbesuch ist schlicht provinziell und entspricht der oft-beklagten Laubenpieper- oder Kiezmentalität, wie sie auch in den Protesten gegen den Bau der Nuntiatur oder den der Moschee in Pankow Ausdruck findet.

     

    Weltoffenheit und Toleranz zeigen sich nicht in den feindseligen Äußerungen vieler Berliner Linke und Grüner.

     

    Man muss nicht mit dem Papst übereinstimmen, um zu erkennen, dass hier eine weltweit geschätzte Persönlichkeit nach Berlin kommt, die nicht nur Katholiken achten. Frau Pohl sollte einmal das Gespräch zwischen Jürgen Habermas und dem damaligen Kardianl Ratzinger nachlesen. Von Habermas könnte sie erfahren, wie sehr dieser die moralische und intellektuelle Bedeutung Josef Ratzingers würdigt.

  • W
    Wolfram

    Der Papst ein einfacher Religionsführer? Dann muss man sich sehr wundern, warum er so auffallend oft Gegenstand der Berichterstattung und Kommentierung auch dieser Zeitung ist!

    Tatsache ist und bleibt, dass alle Fraktionen den Papst eingeladen haben, vor dem Plenum zu sprechen. Dass der Papst nicht nur Staatchef des Vatikan ist, sondern auch geistiges Oberhaupt der katholischen Christen hätten die Abgeordneten von SPD, Grüne und Linke wissen können, gehört ja eigentlich zur Allgemeinbildung.

    Und der Witz an der Sache ist, dass Frau Pohl und viele andere Neojakobiner dieser Rede schon intensiv entgegenfiebern, sie aufmerksam lesen und dann genüsslich skandalisieren werden.

    Aber der Papst ist ja nur ein Religionsführer!

  • F
    FRITZ

    Zu diesem anbiedernden Quarkkommentar 4 Punkte:

     

    1. Vor 150 Jahren wäre das wahrscheinlich noch eine geradezu rebellische, aufklärerische Haltung gewesen. Jetzt wirkt sie spießig, reaktionär und irgendwie peinlich.

     

    2. Gibt es in Deutschland ein größeres Tabu, als die Enttabuisierung des Sexuellen in Frage zu stellen? Die katholische Kirche hat eine Sexualmoral, die nicht mehr der Mehrheitsmeinung in dieser Gesellschaft entspricht. Wahrscheinlich ist vielfach auch nicht gut für die Menschen. Aber ein aktzentuierter Kontrapunkt zu "Amateurpornodarstellerin Aische stöhnt nackt Goethe" (wie ich der Springer-Presse entnehmen muss, war das gestern im Fernsehen zu betrachten...habe das Schauspiel leider nicht selbst erlebt) tut dem gesellschaftlichen Diskurs, glaube ich, gut. Um nicht zu sagen: ist dringend notwendig.

     

    3. Wenn das religiöse Oberhaupt Dalai Lama im Bundestag spräche, gäbe es diese Diskussion nicht. Die Linke und die SPD wären geschlossen begeistert, die Grünen würden sich ihre "Free Tibet"-Autoaufkleber signieren lassen, CDU und FDP wären aus Interesse oder wenigstens bürgerlichem Anstand da. Aber wenn es der Pabst ist, dann entdeckt man plötzlich das Gebot der Trennung von Staat und Religion für sich und kann sie ganz toll in die Heldenpose werfen. Widerwärtige Doppelmoral ist das, sonst nichts. Dabei ist die Kirche in Deutschland längst in der Position der Schwäche. Wer hier noch den Widerstandskämpfer für den Säkularismus mimt, tritt auf jemanden ein, der schon am Boden liegt. Das ist das Gegenteil von zivilcouragiert.

     

    4. Eine Rede des Papstes im Bundestag zu boykottieren, zeigt vor allem auch einen Mangel an Weltoffenheit und Diskursbereitschaft. Wer eine andere Meinung nicht mal anhören möchte, ist vielleicht gerade im Bundestag falsch aufgehoben. Vor allem, wenn sich die abweichende Meinung v.a. in Fragen der Sexualmoral erschöpft - oder wo vertritt die katholische Kirche noch Positionen, die in Deutschland nicht grundsätzlich mehrheitsfähig wären? Der Boykott trägt zur weiteren öffentlichen Entwertung des Parlaments zur Plapperbude für Parteifunktionäre und notwendiges Übel zur Kanzlerwahl bei. Letzten Endes ist der Boykott des Papstes somit zutiefst antidemokratisch und autoritär (kein Wunder, dass die Linke die Speerspitze der Boykottbewegung ist...).

  • A
    and

    vielen dank für den artikel. ich kann da nur zustimmen!

  • RW
    Richard Wolf

    Im Parlament geschieht schon lange nichts mehr. Wer immer dort spricht, hat nichts zu sagen oder sagt nichts. Bei der Debatte um den massenhaften Mißbrauch von Kindern im vergangenen Jahr schockierte mich das, weil es mir klar machte, daß das Parlament tot ist. Ich habe damals einen Text zu diesem Thema gemacht. Alle Abgeordneten und MInisterInnen haben ihn erhalten, bis auf Christine Bergmann hat niemand geantwortet. Übrigens haben auch alle Zeitungen, - auch die taz - es abgelehnt, ihn zu veröffentlichen. Das Parlament, wie auch die Medien oder die politischen Talk-Runden, das ist ein einziger Wortschwall, der brav an den Oberflächen bleibt. Keiner spricht wirklich. Wenn der Papst nun im Parlament 'spricht', ist das nur folgerichtig. Mir ist das vollkommen gleichgültig.

     

    "(…) man redet im Parlament darüber [wie man es in den Talk-Shows im Fernsehen tut]. Man redet darüber, wie man dort immer über Themen redet. Man gibt eine Rolle. Zieht eine Show ab. Niemand krümmt sich vor Schmerz oder Gram wegen des hunderttausendfachen Leids der Kinder. Da ist keiner, der vom Kummer der Überlebenden umgeworfen wird. In dem Paralleluniversum, in dem diese Leute leben, werden sie von derlei nur an den Rändern erreicht. Hinzu kommt, daß alle besoffen sind von ihrer eigenen Wichtigkeit. Die Regierungschefin tritt auf. Sie sagt etwas zum Mißbrauch. Sie tut dies so, wie sie es immer tut. Sie könnte ebensogut über etwas anderes reden. Etwa über Elektroautos oder die Krise in Griechenland. Eine Sache von wenigen Sätzen. So dahingesagt, daß niemand sie anzweifelt. Oder jeder sie anzweifelt. Ohne daß es jemanden interessiert. Als am Nachmittag die Bundesfamilienministerin spricht, ist das Parlament nahezu leer. Das wichtigste Thema, über das im Parlament jemals gesprochen werden wird. Und außer einigen Figuren in der ersten Reihe, die telefonieren, SMS schreiben oder Akten lesen, ist keiner mehr da. Die Kamera fängt kilometerlang die leeren Sitzreihen ein. Es ist gespenstisch. Gelegentlicher Applaus für die sehr junge, sehr unsicher, beinahe schutzlos wirkende Frau am Rednerpult. Ihre Rede und ihre Bewegungen, die Mimik, alles wirkt wie einstudiert. Ein wenig angestrengt. Man möchte zu ihr gehen, den Arm um sie legen. Sie beschützen. Es ist nicht rational. Eher instinktiv. Man wartet darauf, daß sie die Dinge beim Namen nennt. Daß sie sagt, wie Kinder in den zurückliegenden Jahrhunderten behandelt wurden. Daß die Kinder ausgepeitscht wurden, weil sie mit vier Jahren noch nicht lesen konnten. Daß sie nackt in Kellern eingesperrt wurden. Daß man sie Leichen von anderen Kindern betrachten ließ und ihnen drohte, daß auch ihnen dieses Schicksal zuteil werden würde, wenn sie nicht gehorchten. Daß man ihnen häßliche Puppen schenkte, um sie zu erschrecken. Daß man sie ersäufte, weil sie mißgestaltet waren. Sie ermordete, weil sie im Weg waren. Sie verkaufte. Weggab. Wegwarf. Daß man ihnen Opium und Schnaps gab, um sie ruhig zu halten. Ihnen Klistiere verabreichte, um sie sauber zu kriegen. Sie zwölf Stunden am Tag und länger arbeiten ließ. Daß man sie ihren depressiven Vätern zum Beischlaf ins Bett legte, damit es diesen anschließend besser ging. Daß die Kirche und das, was man Christentum nennt, immer mit dabei waren, wenn es darum ging, den Kindern Schmerz und Leid zuzufügen. Daß sie es ausspricht, was man heute den Kindern antut. In den Kinderzimmern. In den Bordellen. In den Kirchen und Vereinen. Dort, wo gesungen und geturnt wird. In den Schulen, Heimen und Internaten. In den Familien! Daß sie sagt, was Männer den Kindern antun. Den eigenen und den fremden. Daß die Kirche wieder mitmacht. Und daß man überlegen muß, ob es nicht besser wäre, das Christentum zu ächten. Die Kirche auf eine Stufe zu stellen mit anderen Sekten, etwa den Scientologen. Daß sie fragt: Warum töten wir diese Männer nicht? Und: Töten wir diese Männer nicht, weil wir ein Recht haben? Weil wir zivilisiert sind? Daß sie sagt: Wir mögen das Recht haben. Aber wir ficken unsere Kinder. Ist das besonders zivilisiert? Daß sie weiter fragt: Was wollen wir mit solchen Männern? Männer, die nicht begreifen, was sie anrichten. Wollen wir wirklich noch länger mit solchen Männern leben? Damit es ein einziges Mal gesagt wäre. Damit man dann sagen könnte: Nein, das tun wir nicht. Wir töten diese Männer nicht. Wir tun, was nötig ist. Wir streiten uns nicht zehn Jahre lang darüber, wie wir verhindern, daß es Kinderpornographie im Internet gibt. Wir haben das Recht. Wir schützen unsere Kinder. Wir schützen jedes einzelne Kind. Wir handeln. Wir haben den absoluten Willen zu handeln. Mit dem Recht, das wir haben, sorgen wir dafür, daß kein einziges Kind mehr solches Leid erfährt. Daß kein Kind mehr in pornographischen Posen im Internet zu finden ist. Und daß jedem Kinderficker das Gehirn gewaschen wird, wie und mit welchen Mitteln auch immer. Wir werden nicht mehr unsere Freiheit oder die Freiheit im Netz zum Ziel haben, ohne gleichzeitig die Freiheit der Kinder zum Ziel zu haben. Doch sie sagt es nicht. Sie sagt das alles nicht. Sie schreit nicht vor Wut. Sie ist nicht außer sich vor Empörung. Sie ist politisch korrekt. Sie sagt, was man sagt, wenn man politisch korrekt ist. Ihre Worte klingen hohl und ausgeleiert. Ich verstehe nicht, wie ihr das gelingt. Darüber zu sprechen, ohne wirklich etwas dazu zu sagen. Daß nichts, von dem, was sie sagt, im Gedächtnis bleibt. Weil nichts von dem, was sie sagt, weh tut. Weil niemand deswegen aufschreckt. Weil sie nicht improvisiert. Sie erfindet keine neue Sprache."

    (…)

    http://vizekonsul.blogspot.com/

    ©RW, 2010

  • HH
    Helmut H.

    Die Papst-Berichterstattung erhält insgesamt viel zu viel Raum in der taz. Es reicht schon, als normaler (= areligiöser) Mensch im katholischen Rheinland zu leben. Die katholische Kirche erfüllt alle Kriterien einer undemokratischen Vereinigung, wenn nicht mehr. Die Anbiederung der evangelischen Kirche ist peinlich. Der Fundamentalismus der kathol. Kirche bedient den Fundamentalismus des Islam und anderer Religionsgemeinschaften und umgekehrt. So dient Religion als Vehikel zur Unterdrückung von Minderheiten und Frauen ... und schafft Konflikte und Kriege.

    Religion ist Mist!!!

    Ich erbitte viel mehr positive Berichterstattung zu einem Leben ohne Religion.

    Abonnent seit fast ewig ...

  • HY
    helder yurén

    unmissverständlich, wie es unmissverständlicher nicht sein könnte (und dürfte), das ist das wort von ines pohl. danke.

  • C
    Christoph

    Ich finde den Beitrag der Autorin extrem kurzsichtig, oberflächlich, ja geradezu pupertär. Er bedient sich gängiger Klisches und zeugt von einem philosophisch begrenzten Denkhorizont.

  • S
    Sabine

    "Kirche und Staat sind in Deutschland - Gott sei Dank - getrennt, und das soll auch so bleiben."

    Schön wär's, ist aber nicht so! Diese Unwissenheit über die tatsächliche - und weltweit einzigartige - Verflechtung von Staat und Kirche basiert auf der Tabuisierung dieser brisanten Thematik. Hier ein aufschlussreicher Artikel zum Thema Kirchensteuer:

    http://www.heise.de/tp/artikel/34/34054/1.html

     

    Die Kirchen haben kein Problem damit, dass selbst die von ihnen lauthals bekämpften konfesssionsfreien deutschen Bundesbürger durch den Staat gezwungen sind, sie zu finanzieren. Der Staat bezahlt die Kirchen, ihre Einrichtungen, die Gehälter und Pensionen aller Frommen nämlich aus dem allgemeinen Steuertopf mit schwindelerregenden Summen. Dabei sind die Konfessionsfreien längst keine Minderheit mehr.

    Glaube muss endlich Privatsache werden, und es muss Schluss sein mit den Kirchenprivilegien. Deutschland kann sich diesen Anachronismus nicht mehr leisten. Die Kirchen müssen sich endlich selber finanzieren aus wohlgemerkt freiwilligen Abgaben ihrer Anhänger.

    Politiker, die sich zu dieser notwendigen Entscheidung nicht durchringen können, haben wohl ihre eigene früh erfahrene religiöse Indoktrination nicht überwunden. Wer aber als gewählter Volksvertreter in einer Demokratie deren Grundsätze nicht voll und ganz anerkennt, vertritt und durchsetzt, hat, wie der Papst und Seinesgleichen, in unserem Bundestag nichts verloren.

    Also: empören wir uns, engagieren wir uns, protestieren wir gegen Kirchenprivilegien und die Papst-Show im Bundestag. Es gilt unsere freiheitlichen Grundsätze zu verteidigen. Glaubensfreiheit bedeutet auch, die Freiheit zu haben, keinem Glauben anzuhängen. Und dass ausgerechnet der Papst und seine katholische Kirche wahre Menschlichkeit, Toleranz und Nächstenliebe vertreten oder gar praktizieren würden, wird durch die bittere Realität Tag für Tag widerlegt.

  • A
    Alex

    Frau Pohl, ich bin entsetzt über soviel Doppelmoral und Heuchelei in der TAZ! Wann wird endlich thematisiert, dass die Evangelen mit ihren Kirchenführern das deutsche Parlament heimlich unterwandern? Redeverbot für Göring -Eckard, sofort!

    Ansonsten kann ich das Gesülze von der menschenverachtenden Geschlechter- und Sexualpolitik nicht mehr hören. Als katholischer Hetero, unverheiratet und nicht keusch, wäre es doch wohl Diskriminierung für mich, wenn die Schwulen plötzlich keine Sünder mehr wären, sondern nur noch ich Und das ist die Kategorie: Sünde. Daran kann man glauben oder nicht, das ist in dieser Welt folgenlos. Es bleibt dabei: in der ganzen Debatte nichts als stumpfe Vorurteile und stereotype Verunglimpfungen, die gute alte deutsche Romophobie- im Gegensatz zur Islamophobie in den sich als was bessres dünkenden, mondänen, weltoffenen rotgrün-bourgeoisen Kreisen voll gesellschaftsfähig. Hier darf der aufgeklärte Humanist seinen niederen Instinkten auch mal freinen Lauf lassen. Wo waren Sie, als jüngst dem Dalai Lama in Hessen der rote Teppich ausgerollt wurde? Heuchelei.

  • R
    reblek

    In der Ankündigung dieses sehr begrüßenswerten Kommentars steht: "Zur falschen Zeit am falschen Ort". Frau Pohl macht indes klar, dass es keine "richtige Zeit" für diesen immer falschen Ort gibt.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Für und wider

    Die einen feuen sich auf den papstbesuch und auf die rede im Deutschen Bundestag,den ein deutscher Papst,hioer Papst Benedikt XVi,vormals Josef Ratzinger hält,andere sehen diesen Besuch der auf Einladung des Bundespräsidenten Christian Wulf erfolgt und die Rede im Deutschen Bundestag mit großen Bauchschmerzen entgegen.Das Oberhaupt der katholischen kirche,ist zugleich auch höchster Repräsentant des kleinsten Staates der Welt,des Vatikansstaates.

    Es sollten keine frömmenden Worte im Deutschen Bundestag vo Papst Benedikt XVI aus seinen Mund kommen,sondern er sollte eingehen auf die gesellschaftlichen Probleme die er sieht als Deutscher in Deutschland und weltweit.Es sollte ein Aufbruch ein Ruck durch seine Rede im Deutschen Bundestag kommen,der zugleich Akzente und Prioritäten beinhaltet.Gerade jetzt nicht nur im Bezug auf die aufgedeckten Missbrauchfälle in der katholischen Kirche ist Papst Benedikt am richtigen Ort ,an der richtigen Stelle,auch im Bezug auf das bevorstehende Luther Jubiläum im Jahre 2017

  • V
    vic

    Sehr richtig, Frau Pohl,

    doch Vertreter aller Deutschen sind die ohnehin nicht. Nicht meine Vertreter jedenfalls.

  • J
    JoHnny

    werte ines pohl,

    sie haben recht - aber ebenso hat herr

    kai diekmann nichts in der taz zu

    suchen (04/11)!!...

    mfg

  • TB
    Thomas Braun

    Einfach nur gut.

  • RH
    Robert Hagen

    Vielleicht fragen Sie sich mal um eine Privataudienz nach - hilft manchmal gegen Vorurteile!

     

    Dass Sie aber im September 2011 in einem Atemzug Terrorismus und westliche Werte anführen - dafür kann es keine Absolution geben.

  • R
    Richterlich

    Ja klar! Weil der Papst im Bundestag spricht ist die Trennung von Politik und Religion in Gefahr! Was für ein Blödsinn! Vielleicht hat es eher was mit Anstand und Hoflichkeit zu tun nicht gleich durchzudrehen!

  • H
    Hansi

    Zu ergänzen sind zwei Dinge:

     

    Erstens erfolgte die Einladung Ratzingers, übrigens ausnahmslos durch alle Bundestagsfraktionen, mit der Argumentation, Ratzinger sei Staatsoberhaupt. Daß diese Zwergdiktatur ohne Verfassung oder freie Wahlen, ohne Frauen oder Kinder, die nur durch eine betrügerische Fälschung, die sog. "Konstantinische Schenkung" entstanden ist, im letzten Jahrhundert nur durch den faschistischen Duce Mussolini in die Jetztzeit gerettet wurde, nicht einmal die Europäische Menschenrechtskonvention ratifiziert hat, sollte eigentlich Grund genug sein, diese "Staatsoberhaupt" nicht einzuladen. Und seit wann wird eigentlich ein Staatschef protokollarisch mit "Seine Heiligkeit" angeredet? Der Staatsbesuch Ratzingers ist ein Hoax, es ist in Wirklichkeit eine Missionsreise.

     

    Zweitens muß man Ratzingers Positionen zur Demokratie und zur freien und offenen Gesellschaft beachten. Er sieht sie als die "Diktatur des Relativismus", der angeblich die "Werte" fehlen. Wenn es nach Ratzinger geht, muß die Demokratie unter den Vorbehalt der religiösen, d.h. natürlich katholischen, Werte gestellt werden. Die zu recht kritisierten Ansichten Ratzingers zur Sexualität etc. sind nur ein Teil dieses Problems: Ratzinger lehnt die freie und offene Gesellschaft, die Fundamente unserer Demokratie ab und bekämpft sie. Eine solche Person sollte, ob nun Staatoberhaupt oder Religionsführer, nicht vor dem Bundestag sprechen dürfen.

     

    Man darf sehr gespannt sein, welche Abgeordneten ihre Selbstachtung dem politischen Geschäft Ratzingers opfern und sich eine Predigt anhören zu der übrigens keine Gegenrede gestattet ist. So läuft im Bundestag der "Dialog" mit der Religion.

  • R
    rustikal

    Solche Kommentare dürfen sie aber bei anderen Zeitungen nicht schreiben, da werden sie gelöscht.LOL Man gut das der Klerus mit seinen Claqueren nicht überall hin kommt.Dieser rückwärts gewandte, antidemokratische Oberhirte (Ideologe) hat im Bundestag nix mehr zu suchen. Diese machtgeile, undemokratische Herrenkaste sollte sich was schämen und erst einmal ihre Verbrechen an unschuldigen Kindern, in vielen Variationen, aufarbeiten. Von der Diskriminierung von Frauen, Minderheiten wie Schwulen und Lesben und nicht ehelichen Gemeinschaften mal ganz abgesehen. Dieser Papst mit seinem kardinalen Anhang und bischhöflichen Gefolge sind Spaltpilze der Gesellschaft und haben in unseren Bundestag nix zu suchen.

  • M
    Minstrel

    Tja. Spricht der Papst in seiner Eigenschaft als Oberhaupt der katholischen Kirche vor dem Bundestag?

     

    Oder in seiner Eigenschaft als Oberhaupt des (zugegebenermaßen räumlich eher klein geratenen) Staates Vatikanstadt?

    Die Vatikanstadt mag ja der kleinste Staat der Welt sein, dennoch werden seine Botschafter vom Protokoll genau so behandelt wie die Diplomaten der Volksrepublik China, Brasiliens oder Indiens.

  • A
    addizzy

    "Kirche und Staat sind in Deutschland - Gott sei Dank - getrennt, und das soll auch so bleiben. "

    Ach-ja ?! Das ist ja ganz was Neues, Frau Pohl;

    Vielleicht mal hier: "Sä-ku-la-ri… HÄH??? ", nachlesen(?):

  • SE
    Stephan Eisenbeiss

    Der Papst ist nebenbei auch ein Staatsoberhaupt. Der Vatikan ist mit seinen diplomatischen Aktivitäten ein wichtiger globaler Verhandlungspartner. Selbstverständlich kann und sollte der Papst in dieser Rolle im Bundestag sprechen.

    Überhaupt halte ich Pluralismus und Toleranz eine gute Idee, auch gegenüber Religionsführern - mit Kritik muss man deshalb nicht hinterm Berg halten.

  • B
    Bitbändiger

    Vielen Dank, liebe Ines Pohl, für die unmissverständliche Positionierung, die ich im Ergebnis uneingeschränkt teile.

     

    Nicht teilen kann ich allerdings Ihre optimistische Einschätzung, "Kirche und Staat sind in Deutschland - Gott sei Dank - getrennt". Nicht nur, dass der Staat

     

    - als Inkasso-Unternehmen der Kirchen fungiert,

     

    - ihnen aufgrund eines Vertrags aus dem 19. Jahrhundert alljährlich hunderte Millionen an Steuergeldern nachwirft,

     

    - Projekte, mit denen Kirchen sich gern schmücken (z.B. KiTas), weitgehend finanziert,

     

    - Bischofsgehälter, Priesterausbildung und Religionsunterricht bezahlt -

     

    kürzlich musste ich sogar ungläubig zur Kenntnis nehmen, dass es z.B. in NRW und Niedersachsen noch Konfessionsschulen (Grundschulen) in staatlicher Trägerschaft (und somit auch Finanzierung) gibt.

     

    Von einem säkularen Staat sind wir offensichtlich noch weit entfernt.

  • VK
    Vati Khan

    Richtig, der Papst ist ein Religionsführer.

     

    Doch der Papst ist auch das Staatsoberhaupt eines souveränen Staates.

     

    Ohne Berücksichtigung dieses zweiten Aspekts ist eine qualifizierte Meinungsäußerung zum Thema aus meiner Sicht kaum möglich - wie auch immer man zu den Werten, die dieser Mann repräsentiert, auch stehen mag.

     

    Leider hat die Autorin darauf verzichtet. So bleibt dieser Beitrag bedauerlicherweise in erster Linie undifferenziert, platt und oberflächlich.

     

    Schade. Üblicherweise lese ich Beiträge von Frau Pohl durchaus mal ganz gerne. Oftmals finde ich sie klug, differenziert und argumentativ hochgradig gelungen.

     

    Na gut. Kann mal passieren. Ich freue mich auf's nächste Mal...

  • H
    Hank

    Trennung von Staat und Religion in Deutschland? Das ist doch, mit Verlaub, naives Wunschdenken. Wer zieht die Kirchensteuer ein? Wer hält einen Blasphemie-Paragraphen vor? Wer zahlt nach 200 Jahren alten Verträgen jährlich eine halbe Milliarde an die chritlichen Kirchen? Der deutsche Staat. Laizismus? In Deutschland 2011 nur ein schöner Traum.

  • A
    Alex

    Ach, in Deutschland sind Kirche und Staat getrennt, Frau Pohl?

    Na, da hab ich offenbar so einiges nicht mitgekriegt.

     

    Versuchen Sie das mal einem Franzosen zu erklären, was staatlich eingetriebene Kirchensteuer und schulischer Religionsunterricht mit Laizismus zu tun haben.

    Viel Erfolg auch!

  • T
    Thomas

    Abgeordnete, die nicht die Rede des "lupenreinen Demokraten" Wladimir Putin vor dem Bundestag boykottiert haben, sollten eigentlich auch mit dem Papst keine Probleme haben.

     

    Der ist übrigens nicht nur ein Religionsführer, sondern auch ein Staatsoberhaupt.

  • BA
    bitte anonym

    Der Papst ist das Demokratisch Gewaelte Regierungsoberhaupt des Vatikans, welches ein gesetzlich eingetragener Staat ist, welcher auch eine Staatsverteidigende Armee besist, i.e., Schweizer Garde, und eine der groessten Mehrheiten angehoeriger in der Welt vertritt, und auch seine eigenen Gesetze hat/ Konstitution besitzt, und daher nicht das Gesetz von Staat und Kirche gebrochen wird, da der Papst gesetzlich als Staatsoberhaupt fungiert.

  • F
    Felix

    Ich fürchte, die Trennung von Kirche und Staat ist in Deutschland ein Mythos. Über 19 Milliarden Euro an Staatsleistungen pro Jahr, Rundfunkräte, Ethikräte, Kirchenpolitiker, etc.