Kommentar Pakistan: Traurige Alternativen
Benazir Bhutto und Nawaz Sharif erwägen eine gemeinsame Regierungsbildung. Doch weder Bhutto nach Sharif haben sich als fähige Regierungschefs erwiesen.
B enazir Bhutto und der im Exil lebende Expremier Nawaz Sharif, die beiden wichtigsten pakistanischen Oppositionspolitiker, haben Gespräche über eine mögliche gemeinsame Regierungsbildung angekündigt. Die Annäherung der beiden großen politischen Parteien wird von den USA betrieben, um das Land aus der Sackgasse herauszuführen, in die General Pervez Musharraf es durch die Verhängung des Ausnahmezustands manövriert hat. Sie verspricht zunächst einmal Bewegung und Veränderung, und beides hat das Land dringend nötig. Doch sie offenbart zugleich das erschreckende Maß an Alternativlosigkeit, an dem Pakistan seit je leidet.
Weder Bhutto nach Sharif haben sich in ihrer aktiven Zeit als Politiker als fähige Regierungschefs erwiesen. Beide wurden als Premierminister wegen Korruptionsvorwürfen abgesetzt - Bhutto sogar zweimal. Unter beiden grassierten Korruption und Vetternwirtschaft in großem Stil. Das vermag zu erklären, warum Musharrafs Putsch 1999 bei einem großen Teil der Bevölkerung auf Zustimmung stieß. In der Tat erwies sich der General als fähiger als seine demokratisch gewählten Vorgänger, welche die feudalistische Tradition fortsetzten, die eines der größten Entwicklungshindernisse ist.
Unter Musharraf ging nicht nur die Korruption zurück; das Land erzielte auch wirtschaftliche Wachstumsraten von acht Prozent. Beides müsste eine neue Regierung zumindest halten können, wenn sie auf Dauer Legitimität gewinnen will.
Zugleich erwarten die USA, dass eine neue Regierung dem islamischen Terrorismus mit deutlich härterer Hand begegnet als Musharraf. Der hat stets mit den Islamisten zusammengearbeitet, während er dem Verbündeten versicherte, dass er den Terrorismus bekämpfe. Es gibt bisher keine Hinweise darauf, dass die beiden abgehalfterten Premierminister dazu in der Lage wären, diese Aufgaben zu meistern. Dies ist auch ein Versäumnis Washingtons, das sich nie um glaubwürdigere Alternativen bemüht hat. In Pakistan gilt daher nach wie vor: Je mehr es sich ändert, umso mehr bleibt alles beim Alten.
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