Kommentar Olympia-Vergabe: Deutsches Armutszeugnis
Man hätte meinen können, von der Vergabe der Spiele nach Bayern hänge Wohl und Wehe der gesamten Republik ab. Doch das Gegenteil ist richtig.
D as dritte Mal hintereinander wurde eine deutsche Bewerbung von den Olympia-Funktionären des IOC abgeschmettert: erst Berlin, dann Leipzig und jetzt München.
Dabei hatten sie sich so viel Mühe gegeben, die Münchner. Einflussreiche Lobbyisten und eine Eisprinzessin kämpften für die Winterspiele 2018, zuletzt zogen auch viele Medien mit. Land und Bund stimmten einem zweifelhaften Vorvertrag mit dem IOC zu, der umfangreiche Garantieleistungen gab, die Wirtschaft machte Millionen locker.
Man hätte meinen können, von der Vergabe der Spiele nach Bayern hänge Wohl und Wehe der gesamten Republik ab. Doch das Gegenteil ist richtig. Olympische Spiele sind teuer. Sie hinterlassen nicht selten Investruinen. Die Umwelt leidet. Und für das Ganze wird der Steuerzahler zur Kasse gebeten.
MARKUS VÖLKER ist Sportredakteur der taz.
Im Grunde war die deutsche Bewerbung ein Armutszeugnis. Denn hier hat sich ein demokratisches Musterland klein gemacht vor den Verbandsautokraten des IOC, die sich recht wenig um Prozesse ausgewogener Meinungsbildung scheren. Man sollte annehmen, eine selbstbewusste Nation hätte es nicht nötig, sich von einer Sportorganisation am Gängelband durch die Arena führen zu lassen. Aber weit gefehlt. Wenn es das IOC will, werden Rechtsstandards ausgehebelt und dreiste Forderungen erfüllt. Das IOC diktiert - und die Bewerber folgen. Wer da mitmacht, ist selber schuld.
Eine Wohltat sind diese genormten Spiele sicher nicht. Nach der Entscheidung von Durban darf sich nun das südkoreanische Pyeongchang mit der olympischen Gesellschaft herumschlagen. Die hat sich wieder einmal für die Argumente des Marktes entschieden. Das Wintersportgeschäft in Asien ist ausbaufähig, die Finanzkraft von Pyeongchang dank des Engagements des Elektronikkonzerns Samsung ungleich größer als die der Konkurrenz.
Dreimal sind die Südkoreaner gescheitert. Aber sie haben nicht aufgegeben und immer mehr investiert. Sie sind immer zudringlicher geworden. Nicht von ungefähr fühlt man sich an Generaldirektor Heinrich Haffenloher aus der Fernsehserie "Kir Royal" erinnert. Er bekam, was er wollte. Sein Druckmittel: Geld. Legendär ist seine Drohung: "Ich scheiß dich so zu mit meinem Geld, dass du keine ruhige Minute mehr hast."
Na denn: Die Samsung-Spiele können beginnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was