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Kommentar Obamas GesundheitsreformDer geknickte Präsident

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Barack Obama war zwar zu Zugeständnissen bereit, doch die Republikaner blieben bei ihrem strikten Nein zur Gesundheitsreform.

B rücken wolle er bauen, hat Präsident Obama zu Beginn seines Gesundheitsgipfels gesagt. Anschließend ließ er 20 DemokratInnen und 20 RepublikanerInnen sieben Stunden lang genau jene Argumente wiederholen, die sich beide Seiten seit Monaten um die Ohren hauen.

Es wurde ein Austausch von Taubstummen. Am Ende der fernsehöffentlichen Marathondebatte hatte Obama gezeigt, dass er nicht in Hinterzimmern mauschelt und dass er zu Zugeständnissen an die Opposition bereit ist. Aber die Reform der Krankenversicherung ist keinen Schritt vorangekommen.

Ein politischer Erfolg sieht anders aus - zumal Obama nach dem Gesundheitsgipfel seine Reform in dem parlamentarisch fragwürdigen Verfahren der "reconciliation" durchziehen will. Dieser Abstimmungsmodus mit einfacher Mehrheit ist zwar legal und vielfach erprobt. Doch haftet ihm der Ruch eines Durchmarsches an. Wenige Monate vor den Halbzeitwahlen im November birgt ein solches Vorgehen hohe Risiken.

Dorothea Hahn

ist taz-Korrespondentin in den USA.

Paradoxerweise würde Obama mit der "reconciliation" eine Gesundheitsreform durchpauken, der die RepublikanerInnen zwar nicht zustimmen, die er jedoch in vielen Punkten ihren Vorstellungen angepasst hat. Die ursprünglich vorgesehene Krankenversicherung für alle könnte kippen, die Schaffung eines staatlichen Krankenversicherungsangebots, als Konkurrenz zu dem rein auf Profit orientierten privaten Modell, ist verschwunden.

Ein Jahr nach seinem Amtsantritt ist diese Gesundheitsreform ein weiteres Einknicken im Verhältnis zu Obamas ursprünglichem Programm: Nach der Aufstockung der Truppen in Afghanistan und nach der Kehrtwende in der nuklearen Energiepolitik. Obama kommt seinen politischen GegnerInnen näher. Und rückt von seiner eigenen ursprünglichen Basis ab.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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3 Kommentare

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  • JB
    Joachim Bovier

    Zitat: "Obama kommt seinen politischen GegnerInnen näher. Und rückt von seiner eigenen ursprünglichen Basis ab." - Besser gesagt: seine weltfremden sozialistischen Ideen werden geerdet und nähern sich der Wirklichkeit.

  • U
    Unterstützer

    Die USA sind ein zerrissenes Land - das ist das Grundproblem. Weshalb sind sie ein zerrissenes Land? Weil sie über Jahrzehnte ihren Wohlstand für machtpolitische Aspekte verbraucht haben. Die dadurch verursachten Wohlstandsverluste führen zu den Spannungen, die wir seit Jahren aus den USA erfahren. Und Obama hat das Ganze auszubaden, nachdem er sich heraufgekämpft hat. Obama kann nur mit den Kräften arbeiten, die da sein. Das sieht dann nach außen so aus, als ob er eingeknickt ist - in Wahrheit handelt er nur so, wie es ihm möglich ist. Seine eigene Meinung ist hinlänglich bekannt, wenn er anders handelt, so handelt er nur deshalb so, um die Idee zu retten. Und diese heißt: lieber 17 Millionen mehr Versicherte als gar keine mehr.

  • D
    Daniela

    "Obama kommt seinen politischen GegnerInnen näher. Und rückt von seiner eigenen ursprünglichen Basis ab."

     

    Was soll er denn machen, wenn er keine Mehrheiten bekommt für seine Vorschläge, wenn die Republikaner ihn um jeden Preis scheitern sehen wollen? In einer Demokratie haben nun auch mal die Gegner der eigenen Vorstellungen ein Wort mitzureden und Kompromisse sehen selten so gut aus wie die ursprüngliche Idee.