Kommentar Obama-Ankündigung: Geste gegen das atomare Wettrüsten
US-Präsident Obama entschärft die Atomwaffendoktrin seines Landes etwas. Ob das ausreicht, um in Ländern wie Nordkorea oder Iran positive Wirkung zu entfalten, ist fraglich.
Nachdem er sich bereits vor einem Jahr zur Vision einer atomwaffenfreien Welt bekannte, hat US-Präsident Barack Obama jetzt die Atomwaffendoktrin seines Landes - zumindest rhetorisch - etwas entschärft. Das ist kein unwichtiger Schritt. Doch ob er ausreicht, um in Ländern wie Nordkorea oder Iran jene positive Wirkung zu entfalten, die Obama sich davon erhofft, ist fraglich.
Hätte sich der US-Präsident in seiner eigenen Administration durchgesetzt und seine neue Doktrin eindeutiger formuliert, wären die Chancen für einen positiven Effekt auf Länder, die sich mutmaßlich oder tatsächlich mit Atomwaffenambitionen tragen, sicher größer gewesen. Wäre es nach Obama gegangen, hätten die USA auf den Ersteinsatz atomarer Waffen gegenüber ausnahmslos allen Staaten verzichtet. Und hätte Obama inzwischen den Vertrag über das umfassende atomare Teststoppverbot durch den US-Senat gebracht, wie er es vor einem Jahr in Prag in Aussicht stellte, wäre die Wirkung sicher noch größer gewesen.
Es gehört zur Tragik dieses Präsidenten, dass er bei ausnahmslos allen politischen Vorhaben, die er bislang angepackt hat, auf eine geschlossene, rein ideologisch motivierte Ablehnungsfront der Republikaner trifft, die ausschließlich sein Scheitern zum Ziel hat. Was seine Pläne der atomaren Abrüstung und die übrigen Aspekte seiner Sicherheitspolitik betrifft, kommen noch starke Widerstände aus dem Pentagon und anderen Kreisen seiner Regierung hinzu.
Als Ergebnis der Washingtoner Beratungen wurde nun die US-Atomwaffendoktrin entschärft. Doch im Gegenzug dazu wurde für den Bereich der konventionellen Kriegsführung die neue Strategie des "global prompt strike" angekündigt, die mit einer massiven Aufrüstung in diesem Bereich einhergeht. Schon in wenigen Jahren wollen die USA in der Lage sein, von ihrem Territorium aus jeden beliebigen Punkt dieser Erde innerhalb von zehn Minuten mit superschnellen, hochpräzisen konventionellen Waffen zu erreichen und zu zerstören.
Kann man ernsthaft erwarten, dass sich durch diese Aussicht in Teheran, Pjöngjang und anderswo der Eindruck, von den USA bedroht zu werden, verringert? In diesen Hauptstädten diente dieses Bedrohungsgefühl dazu, die Ambitionen auf eigene Atomwaffen zu rechtfertigen. Kaum anzunehmen, dass in Teheran, Pjöngjang und andernorts diese Ambitionen nun aufgegeben werden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden
Zwei Todesopfer nach Anschlag in München
Schwer verletzte Mutter und Kind gestorben