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Kommentar Nullzins bleibtYellens Signal des Misstrauens

Kai Schöneberg
Kommentar von Kai Schöneberg

In den USA brummt die Wirtschaft. Doch die US-Notenbankchefin Yellen erhöht den Leitzins nicht. Alles andere wäre riskant.

An der Börse wurde den Worten von Fed-Chefin Yellen genau zugehört. Foto: AP

N ix passiert – also auch nicht so wichtig. So ticken Journalisten, meist stimmt die Faustregel. Diesmal nicht. Die US-Notenbank Fed tut trotz weltweitem Yiepern auf eine Abkehr von ihrer Nullzinspolitik eben – nichts.

Das ist ein großes Signal des Misstrauens in den gobalen Aufschwung und nicht unwichtig auch für die exportverliebten Deutschen. Wer genau hinhörte, wird von Notenbankchefin Janet Yellen ja nicht mal einen genauen Zeithorizont für eine Anhebung des Leitzinses vernommen haben. Es wäre die erste seit fast zehn Jahren.

Damals, im Juni 2006, war Facebook eine fast unbekannte Internetbutze, die größte globale Finanzkrise seit 80 Jahren schwelte zwar schon. Noch schien die Welt der Wirtschaft aber in Ordnung. Deshalb dämpfte die Fed mit ihrer Zinserhöhung zwar etwas die Konjunktur – Investieren wurde also in den USA etwas teurer. Doch dafür agierte die Notenbank auch gegen die aufkommende Inflation.

Heute hat die wichtigste Notenbank der Welt die Märkte mit Fantastilliarden an Dollars geschwemmt und lässt den Leitzins dennoch bleischwer auf Rekordtiefe. Sie hat Angst vor der Normalität, die viele Experten herbeireden wollen – aber in der Realität ist noch nichts normal. „Normal“ ist, wenn sich weder Börsen- noch Immobilienblasen blähen, sondern Investoren und auch Oma Kasupke für ihre Penunze Zinsen erhalten. Derzeit rechnet die Fed aber eben nicht damit, dass die Krise vorbei ist.

Das Zaudern birgt ja auch Gefahren. Weil die Kredite in den USA so günstig sind, kaufen die Amerikaner derzeit besonders viele Autos auf Pump. Und erneut – wie beim vergangenen Immobiliencrash – spielt die Bonität der Schuldners kaum eine Rolle bei der Kreditvergabe. Doch nicht ohne Grund setzt Yellen mit dem Warten sogar die nun vielbeschworene „Glaubwürdigkeit“ der Fed aufs Spiel. Zwar läuft es relativ gut auf dem US-Arbeitsmarkt, die Wirtschaft brummt, die Inflationsrate ist relativ niedrig. Aber der Ausblick auf China und viele Schwellenländer – letztlich auch auf viele Unsicherheiten in Europa – schreckt ab.

Also: Wenn nicht mal die USA die Rückkehr zur Zinsnormalität wagen, ist das kein gutes Zeichen. Dass niemand weiß, ob und wann die Wende kommt, wird die Unsicherheit auf den Finanzmärkten weiter schüren. Erst mal nur schlecht für Investoren. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass Unsicherheiten auf den Finanzmärkten auch Beben in der Realwirtschaft erzeugen. Zum Glück sind wir davon aber noch ein Stück weit entfernt.

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Kai Schöneberg
Ressortleiter Wirtschaft und Umwelt
Hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz als Leiter des Ressorts Wirtschaft + Umwelt, seit August 2024 im Sabbatical.
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2 Kommentare

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  • "Wenn nicht mal die USA die Rückkehr zur Zinsnormalität wagen, ist das kein gutes Zeichen. Dass niemand weiß, ob und wann die Wende kommt, wird die Unsicherheit auf den Finanzmärkten weiter schüren."

     

    Die "Wende" , Herr Schöneberg ? Hätten Sie eine Idee , wodurch die im siebten Jahr nach der "Zeitenwende 2008" noch herbeigeführt werden könnte ? Etwa durch die "schöpferischen Kräfte des freien Marktes" ?

    Das kapitalistische Wirtschaftssystem hatte sich schon in den letzten Jahrzehnten durch zunehmende private und öffentliche Verschuldung funktionsfähig halten müssen , mittels derer Wachstum nur simuliert worden ist . Die Grenzen solcher Simulation wurden 2008/9 krachend sichtbar . Und die r e a l w i r t s c h a f t l i c h e n Ursachen für den Crash sind keineswegs bis heute weggefallen .

    Denn die (nicht zu ändernden Gründe !) für den Rückgang des Wachstums bis nahe u/o unter Null liegen zum einen in der Sättigung der Märkte (bezogen auf die kaufkräftige Nachfrage) , zum anderen in der durch die Anwendung der Mikroelektronik entstandenen technischen Revolution (Automatisierung) , durch die in hohem Maße lebendige menschliche Arbeitskraft überflüssig geworden ist und (immer noch zunehmend) wird , und zuletzt auch darin , dass keine neuen "Schwellenländer" mehr das in der Konkurrenz mit den Weltmarktführern notwendige Kapital- und Technikniveau erreichen können .

    Dabei sitzt das "Weltkapital" auf Bergen nicht mehr profitabel investierbaren Geldes . Das Kapital hat schlicht für die "Humanressourcen" von Milliarden Menschen keine profitable Verwendung .

    Die Frage ist : Was nun ?

    • @APOKALYPTIKER:

      Die Wirtschaftswelt zu erklaeren? Kaufkräftige Nachfrage sehe ich massenhaft, wenn man sich alle Laender mit 5% und mehr Wirtschaftswachstum ansieht. Das sind sicherlich die Haelfte der aktuell 7 Mrd. Menschen. Sicher sind nicht alle davon kaufkraefig, aber in diesen Staaten geht es aufwaerts. Automatisierung? Das sind doch eng umrissenene Felder: Automatisierung im Bauwesen, in der Landwirtschaft, im Tourismus, usw, doch nur minimal moeglich.

      Und wieso sollen "Schwellenländer" nicht mehr das in der Konkurrenz mit den Weltmarktführern notwendige Kapital- und Technikniveau erreichen können? Schon mal den LKW-Markt in Afrika angeschaut? Wird so langsam von den Chinesen erobert.