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Kommentar NiederlandeJetzt regiert das Ressentiment

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Mit Geert Wilders könnten die Niederlande nun europaweit zum Vorreiter einer islamophoben Politik werden. Anders als bei Jörg Haider, bleibt die Empörung in Europa heute aus.

N un also doch. Nach monatelangen, zähen Verhandlungen erhalten die Niederlande jetzt eine rechte Minderheitsregierung, die von der Gnade des islamfeindlichen Rechtspopulisten Geert Wilders abhängig ist. Der Rechtsruck im Nachbarland ist damit perfekt.

Auf niederländische Migranten - vor allem, wenn sie Muslime sind - kommen damit schwere Zeiten zu. Die ohnehin schon strengen Gesetze gegen Einwanderer und Asylbewerber dürften noch weiter verschärft werden. Als die rechtsliberale VVD (Partei für Freiheit und Demokratie) das letzte Mal an der Macht war, setzte deren damalige Integrationsministerin Rita Verdonk der viel gerühmten Liberalität des Landes ein jähes Ende. Mit Geert Wilders im Nacken dürfte die VVD die Zügel noch weiter anziehen.

Unter allen Rechtspopulisten, die in Europa Stimmung gegen Muslime machen, ist Geert Wilders der extremste. Im Wahlkampf forderte er, Einwanderung aus islamischen Ländern ganz zu unterbinden und härter gegen "nicht integrationsbereite" Muslime vorzugehen, auch eine "Kopftuchsteuer" und ein Verbot des Korans brachte er schon einmal ins Gespräch. Mit ihm als treibender Kraft am rechten Rand könnten die Niederlande nun europaweit zum Vorreiter einer Politik werden, für die sich das Adjektiv "islamophob" etabliert hat.

taz

Daniel Bax ist Redakteur im taz-Meinungsressort.

Wilders wird seine Rolle außerdem zu nutzen wissen, um sich wie gehabt mit grellen PR-Aktionen in Szene zu setzen und als "Kämpfer gegen den Islam" zu profilieren. Schon in der Opposition hatte der Provokateur mit der bloßen Ankündigung eines "islamkritischen" Films die Regierung seines Landes einst monatelang vor sich her getrieben. Dass er nun zum Königsmacher avanciert, steigert sein Erpressungspotenzial.

Als Jörg Haider im Jahr 2000 in Österreich an der Bildung einer rechten Regierungskoalition beteiligt wurde, empörte man sich fast überall in Europa darüber. Heute bleibt die Empörung aus, und die Niederlande müssen nicht befürchten, wie damals Österreich im Abseits zu landen. Denn Europa hat sich seitdem verändert: In Italien, Dänemark und Ungarn regieren ähnliche Bündnisse - und in Frankreich überholt gerade Nicolas Sarkozy alle anderen von rechts.

Vielleicht ist der Spuk in Holland aber auch bald wieder vorbei. Das wacklige Bündnis verfügt im Parlament nur über eine einzige Stimme Mehrheit. Bleibt zu hoffen, dass es nicht lange hält.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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19 Kommentare

 / 
  • DB
    Dr. Birgit Reime

    Wenigstens die TAZ-AutorInnen sind noch bei Sinnen, danke fuer diesen Kommentar, Herr Bax.

    An manche Blogger: Wir sind ein lesbisches Paar mit 2 kleinen Jungs und leben in Vancouver. Nur mal 1 Beispiel. Unser bester Freund ist ein moslemischer (glaeubiger) Mann, wir sind nicht glaeubig. Wir kennen uns durch die Antikriegs-Demos vom Irakkrieg 2003. Er ist mit einer (vorher geschiedenen) Frau verheiratet und hat 2 Kinder, die oft und gern mit unseren spielen. Wenn er nicht waere, haetten wir kein Auto (wir haben seinen Zweitwagen und zahlen die Versicherung dafuer). Wir haetten manches Weihnachten allein verbracht. Auf die Frage einiger seiner Kumpels, wie er es findet mit Lesben befreundet zu sein, entgegnet er schmunzelnd, viel schlimmer sei, dass wir Vegetarierinnen sind, denn er koenne kein Lamm kochen, wenn wir kommen. Er verehrt Jesus (und alles religioese) mehr als ich, aber das tun die meisten meiner christlichen FreundInnen auch. Als neulich Ramadan war, haben wir ihn wegen des Fastens beraten (und waren sehr besorgt), denn er ist Diabetiker. Das funktioniert, weil er weiss, dass wir ihn als Moslem respektieren und es uns nur um seine Gesundheit geht, nicht um das Ausueben des Ramadan an sich. Wir sind momentan alle entsetzt, denn der Rest seiner Herkunftsfamilie lebt in NL und die haben einen politischen Klimawechsel dort sehr wohl wahrgenommen. Liebe TAZ-Blogger, wie man in den Wald schreit, so schallt es auch hinaus. Gewoehnt Euch erst mal selbst die Verallgemeinerungen ab. Und versteckt Euch bloss nicht hinter angeblicher Sorge um die Rechte von Homos...

  • A
    Andreas

    Einzutreten gegen Frauen-und Schwulenfeindlichkeit, archaische Weltbilder und Lebensweisen, dagegenzusein, dass religiöse Gesetze über das allgemeine westliche gestellt wird, keine Akzeptanz für Leute, die von der Gemeinschaft profitieren, ihr aber nichts zurückgeben wollen, das alles sind sehr linke Sichtweisen. Die Tatsache, dass die betreffenden Personen hauptsächlich aus dem Migrantenmilieu kommen, macht die Kritik sehr schwer, die Grenzen zum Rasissmus können leicht übertreten werden, sogar von jemandem, der das gar nicht will.

    Das zu thematisieren und Sensibilität zu schaffen wäre m.E. die Aufgabe der Presse. Gerade in der taz. Islamkritiker pauschal als Rassisten abzuurteilen verhindert erstens eine notwendige Auseinandersetzung mit dem Thema und spielt zweitens dann auch noch den echten Rassisten und der Rechten den Ball zu.

  • G
    Gordian

    Ja, Herr Bax, sie haben recht. Es ist schon erstaunlich, wie viel Zustimmung Herr Wilders erntet. Auch die FAZ die - und als tazler muss man sie wohl kritisieren ;)... - sich in der Sarrazin-Debatte m.E. nach recht gut geschlagen hat, schreibt heute im Feuilleton eine Revolte von rechts herbei. Ganz gramscianisch, so als ob eine linke "Multikulti-Hegemonie" einer rechten weichen würde - also durchaus mit einer Sympathiebekundung versehen.

    Wilders und seine Entourage (s.a. Schweden) werden so verharmlost. Sie sind nicht nur Ventil für diffuse Unzufriedenheiten, sondern artikulieren zugleich einen fundamentalen Verdruss, eben nicht nur gegen den Islam, sondern das Establishment, die tradierte Form der Politik und des Miteinanders. Gerade ein "Wir müssen die Probleme ernst nehmen und in den Volksparteien thematisieren" ist eine zwar löbliche, aber oftmals zum Scheitern verurteilte Taktik (man erinnere an Österreich; die ÖVP hat sich von der Rechtsrolle Schüssels nur kaum mehr erholt und auch die SPÖ und der "fesche Faymann" (Kronenzeitung) setzen sich für sehr, sehr rigide Asylgesetze ein...).

  • P
    pinetop

    Natürlich hat sich in Europa in den letzten zehn einiges verändert. Damals konnte man jede Kritik gegenüber der moslemischen Einwanderung als Störung der multikulturellen Idylle niederbügeln. Heute kennen viele Europäer den Koran und empfinden Ekel und Abscheu.

  • K
    Kati

    Wieso ist es eigentlich immer gleich schlecht, Ressentiment beladen, rassistisch, rechts, nazistisch usw, wenn nicht alles, das in der sogenannten 'Integrationspolitik' passiert, bejubelt sondern kritisch hinterfragt wird?

    Natürlich hätte die einheimische Bevölkerung -eigentlich-das Recht, dazu was zu sagen. Gewünscht allerdings ist es nicht. Also wird diffamiert.

  • N
    nicolaus

    Rechtspopulistische Islamkritiker sind das Resultat eines historischen Versagens der Linken in der Auseinandersetzung mit dem totalitären politischen Islam. Und solange die Linke mit der islamistischen Kulturrevolution einen illusionären und feigen Frieden schließt, gibt sie den politischen Raum für rechte Aktivisten.

  • J
    Jelena

    Ein großes Lob an die niederländische Regierung. Ein Vorbild für jedes andere europäische Land.

  • JS
    Josef Schilehrer

    Lieber Herr Bax. Könnte es nicht auch sein, dass Wilders & Co. in dieser Frage einfach RECHT HABEN???

     

    PS: Sie haben recht! Europa wird schleichend islamisiert und das ist schlecht.

  • S
    Steven

    Wann war denn Österreich im Abseits? Gab es da UNO-Konventionen? Hat man ein Embargo auf Produkte des Maschinenbaus verhängt, gar die Käsereien in den österreichischen Alpen mit Drohnen bekämpft? Was ein dusseliger Kommentar. Journalismus sollte doch bitte mehr sein als als das nachplappern von Argumentationssträngen, die derart platt sind, dass sie an Mittelstufenaufsätze erinnern. Wie wäre es mit einer differenzierten Betrachtung, wie sich die niederländische Gesellschaft in den vergangenen 20 Jahren verändert hat - und warum diese Veränderung einen Populisten im Stile Wilders möglich macht (sein Vorgänger als Populist wurde ja von einem Islamisten umgebracht, könnte vielleicht auch eine Rolle spielen bei dem ganzen Prozess).

  • A
    Anton

    Wilders' PVV wurde auch von vielen linksorientierten Wählern und Wählerinnen gewählt. Die rechtsextremen Parteien in den Niederlanden wollen mit der PVV nichts zu tun haben, u.a. weil die PVV israelfreundlich ist und sich auch für die Rechte von Schwulen und Lesben einsetzt. Wilders als fremdenfeindlichen Rechtsextremisten zu bezeichnen ist billiger Populismus! Er kämpft nur gegen den Islamismus, nicht gegen Muslime!

  • A
    A.Grech

    > empörte man sich fast überall in Europa darüber

     

    Naja, das was auch damals schon die sattsam bekannte "inszenierte Empörung" - sprich: im wesentlichen reduziert auf die Teile der politischen Elite, die sich einen Vorteil davon versprachen.

  • VV
    Volker Vonssen

    Hallo Herr Bax, Ihrer Hoffnung, die fragile neue niederländische Regierung könne bald zusammenbrechen wird ein weiteres Erstarken der PVV mit G. Wilders folgen. Dieses Rad lässt sich nicht mehr zurückdrehen!

  • MS
    Max S

    Ich glaube nicht, dass die Zeiten für integrationswillige Einwanderer, die hier in unserer Kultur mit unseren Werten leben wollen, irgendwie härter werden.

     

    Nur für Islamisten, die den Islam über alles stellen.

  • EK
    Erwin Knolle

    Ich würde Wilders sofort wählen.

  • V
    vic

    Sie haben Deutschland vergessen in Ihrer Aufzählung islamfeindlicher Staaten.

  • RM
    Ressentiments my foot.

    Ressentiments hat nur der Autor.

    Seit 2000 hat sich Europa auch dahingehend veraendert, dass die Europäer seit damals verstanden haben, was Islam überhaupt ist, welche Gefahren er birgt und keinerlei Lösungen für Europas Probleme bietet sondern diese nur verstärkt.

  • E
    EUropäer

    Na klar, niemand empört sich mehr. Das hat sich totgelaufen.

    Wir kennen doch noch Pfarrer Hintzes "Rote-Socken"-Kampagne, auch die interessiert inzwischen niemanden mehr.

    Man kann den Menschen keine Angst mehr einjagen mit den "bösen Extremisten". Ob Linkspartei, FPÖ oder Wilders ... die Menschen entscheiden sich immer wieder für solche "Soft-Extremisten", die dann im Alltag entzaubert werden.

    Also, keine Angst. Berlin hat die Linkspartei überlebt, Holland überlebt auch Wilders

  • G
    Goldfalter

    Ich hoffe, der "Spuk" ist nicht bald vorbei und Deutschland lernt von Wilders. Dass islamische Funktionäre die Scharia sehr viel besser finden als Demokratie und Europa als Eroberungsland für den Islam ansehen, scheint Ihnen nicht zu denken zu geben - oder ist Ihnen das nicht bekannt. Es gibt leider handfeste Gründe, den Islam nicht nur als Religion zu betrachten.

    Warum nur sind alle eher links eingestellen Menschen so blauäugig und naiv? Wenn das mit unserer Vergangheit zu tun hat, dann sage ich: Gerade wg. unserer Vergangenheit sollten man totalitären Ideen und Religionen mit diesem Anspruch gegenüber

    kritisch sein

  • W
    willy

    Stimmung gegen die Muslime machen in allererster Linie die Muslime selbst! Es liegt auch an Ihnen selbst, um Anerkennung in der Gesellschaft zu werben.

     

    Lohnschreiberei ist auch nicht so erfrischend, wa?