Kommentar Netzneutralität: Da hilft nur ein Gesetz
Der Breitbandausbau muss und wird kommen. Die Provider wollen trotzdem kassieren. Echte Netzneutralität kann daher nur gesetzlich gesichert werden.
D ie Bundeskanzlerin hat es noch nicht verstanden. In einem Internet der knappen Kapazitäten müsse man sich über Netzneutralität erst gar nicht unterhalten, sagte Angela Merkel in der vergangenen Woche. Dabei ist das Gegenteil richtig: Wo, wenn nicht auf Wegen mit wenig Platz, ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass alle durchkommen? Und sich die Vorfahrt nicht nach dem Umfang des Geldbeutels bemisst?
Die Diskussion um eine Aufhebung der Netzneutralität – die Praxis, nach der durchs Internet geleitete Datenpakete gleich behandelt werden, ohne Privilegien, ohne Benachteiligung – geht zwar von den Providern aus. Doch die Bundesregierung ist nicht ganz unschuldig daran. Mit dem Verschleppen des Breitbandausbaus gibt sie dem Jammern über knappe Leitungskapazitäten neues Futter. Dabei ist aus der Branche immer wieder zu hören, dass die Kapazitäten vor allem auf den letzten Metern zum Kunden knapp sind. Warum? Weil dort der Ausbau besonders viel Geld kostet.
Hier schieben sich Politik und Wirtschaft gegenseitig die Verantwortung zu. Niemand will zahlen, dabei ließe es sich ähnlich wie beim analogen Netz regeln: gebietsweise Ausschreibungen in unbeliebten Gegenden, Kosten auf die Provider umlegen. Horrorszenarien à la Günther Oettinger, der Kunden allen Ernstes beim Providerwechsel einschränken will, sind dann überflüssig.
Der Breitbandausbau würde den Providern ein – vorgeschobenes – Argument nehmen. Aber nicht das Interesse an einem Zwei-Klassen-Internet. Schließlich könnten sie damit doppelt kassieren: einerseits bei den Diensteanbietern, deren Daten sie schneller durchleiten; andererseits bei den Kunden, denen sie Spezialdienste verkaufen. Daher ist vor allem eines nötig: Die Netzneutralität muss endlich gesetzlich verankert werden.
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