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Kommentar Netanjahus EuropareiseDas Wesentliche kommt erst

Kommentar von Susanne Knaul

Es wäre schon ein Erfolg, wenn es George Mitchell gelänge, Netanjahu das Versprechen abzuringen, für ein Jahr die Bauarbeiten der Siedler einzufrieren.

O b die Reise von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu nach Europa Früchte tragen wird? Skepsis ist angebracht. Es soll ein Kompromiss erreicht werden über den Stopp des israelischen Siedlungsbaus. Doch schon im Vorfeld von Netanjahus Ankunft im Bundeskanzleramt kam es zu einem telefonischen Eklat mit seinem Nationalen Sicherheitsberater Usi Arad. Der soll verlangt haben, das Thema Siedlungsbau nur am Rande abzuhandeln. Man fragt sich, worüber dann Steinmeier und Netanjahu noch reden sollen.

Während Europa die Vorbereitungen zukommen, wird es bis zum Haupttermin in den USA noch ein paar Wochen dauern. Ende September will US-Präsident Barack Obama seine Nahost-Friedensinitiative vorstellen und gleichzeitig eine neue Verhandlungsrunde zwischen Israel und den Palästinensern einleiten. Bis dahin, spätestens, muss eine Einigung erreicht worden sein. Zwölf Monate Baustopp sind im Gespräch - im Gegenzug für Schritte der Normalisierung von Seiten arabischer Staaten gegenüber Israel.

Allen Beteiligten ist klar, dass jede neue Siedlung nicht nur die Verhandlungsatmosphäre vergiftet, sondern auch konkrete Friedenslösungen erschwert. Und trotzdem wäre es schon ein Erfolg, wenn es Obamas Mann für den Nahen Osten, George Mitchell, gelänge, Netanjahu das Versprechen abzuringen, für ein Jahr die Bauarbeiten der Siedler einzufrieren.

Bei den Friedensverhandlungen steht der Grenzverlauf zwischen Israel und dem künftigen Staat Palästina auf der Agenda. Sobald klar ist, welche Siedlungen Israel angegliedert werden, käme der Konflikt um den Ausbau automatisch vom Tisch. Und in den angegliederten Siedlungen könnte der Ausbau dann in aller Legalität weitergehen.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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2 Kommentare

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  • E
    end.the.occupation

    Zitat: "Bei den Friedensverhandlungen steht der Grenzverlauf zwischen Israel und dem künftigen Staat Palästina auf der Agenda. Sobald klar ist, welche Siedlungen Israel angegliedert werden, käme der Konflikt um den Ausbau automatisch vom Tisch. Und in den angegliederten Siedlungen könnte der Ausbau dann in aller Legalität weitergehen."

     

    Und schon wieder ist die Rede von Verhandlungen - so als stünden die ernstlich auf der Tagesordnung.

     

    Nur - warum sollte Netanjahu mit den Palästinensern über deren Land verhandeln? Land, das er und seine Vorgänger den Palästinensern, dank haushoher Überlegenheit, seit Jahrzehnten raubten und rauben - so wie mit dem 'Sicherheitszaun' in Bi'ilin.

     

    Vergegenwärtigt man sich die Verhandlungspartner, so kann man gar nicht übersehen, dass anstelle der Vokabel 'Verhandlungen' doch viel eher die Vokabeln 'Erpressung' und 'Kapitulation' angemessen sind.

     

    Auf der einen Seite stehen die Israelis - mit allen Waffen bestückt die man sich vorstellen kann - ohne Skrupel sie auch gegen wehrlose Zivilisten einzusetzen - siehe Bi'ilin oder Gaza. Auf der palästinensischen Seite eine von der Protektion der Besatzer völlig abhängige korrupte Clique, die den Israelis selbst dann nichts entgegensetzen könnte, wenn sie das wollte.

    Worüber soll Abbas - der sich ohne isr. Protektion gar nicht an der Macht halten könnte - denn mit den Israelis verhandeln?

     

    Schon der Begriff der 'Verhandlungen' ist angesichts dieser Ausgangslage eine Manipulation.

     

    Eine von Frau Knaul gewollte Manipulation. Denn - wie sie so schön schreibt: Werden die Siedlungen erst einmal Israel angegliedert - ein Anliegen dem die pal. "Verhandlungspartner" - Abbas, Dahlan, Erekat und Kurea - sicher für ein geringes Aufgeld zustimmen werden - so ist der Abbau der Siedlungen vom Tisch. Dann sind sie ganz 'legal' israelisch geworden.

     

    Das ist schliesslich auch der Grund, warum Abbas, Dahlan, Rajoub und Erekat die 'palästinensische Regierung' spielen dürfen. Eben weil sie - ebenso käuflich wie erpressbar - als 'Verhandlungspartner' benötigt werden, um dem isr. Landraub einen legalen Anstrich geben - und dem kommenden pal. Bantustan-Konglomerat den eines 'Staates'.

  • F
    Florentine

    "Zwölf Monate Baustopp sind im Gespräch - im Gegenzug für Schritte der Normalisierung von Seiten arabischer Staaten gegenüber Israel".

    Nach den 12 Monaten vermutlich rasche Fortsetzung des Siedlungsbaus.

    Wo ist da israelisches Entgegenkommen? Eine Farce soll von der nächsten abgelöst werden.

    Lediglich Obama könnte profitieren; es würde ihm nämlich ermöglichen, sein Gesicht zu wahren und helfen, zu vertuschen, dass Israel sich keinen mm bewegt.