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Kommentar Neonazi-Anfrage zu JudenZu doof zum Googeln

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Dortmunder Neonazis provozieren mit der Frage nach der Zahl der Juden in der Stadt. Dabei ist die überhaupt kein Geheimnis.

Hat Schwierigkeiten mit diesem Weltnetz: Neonazi-Abgeordneter Dennis Giemsch. Bild: imago/blky

D as ist offensichtlich als Provokation gedacht: Ein Abgeordneter der Neonazipartei „Die Rechte“ will per offizieller Anfrage von der Stadt Dortmund wissen, wie viele Juden in der Stadt leben. Der Zentralrat der Juden stöhnt über diesen „abscheulichen und perfiden Antisemitismus“. Und Dortmunds Oberbürgermeister sieht hinter der Anfrage einen „unerhörten menschenverachtenden, antisemitischen und rassistischen Ungeist“.

Ja, diese Reaktionen sind nicht unangemessen. Aber sind sie auch klug? Es gäbe durchaus eine bessere Antwort auf die Provokation von Rechtsaußen: Cool bleiben!

Denn die Zahl der Juden in Dortmund ist kein Geheimnis. Im Gegenteil: Jeder darf sie wissen. Wahrscheinlich wäre es sogar besser, wenn viel mehr Menschen wüssten, wie wenig Juden in der Stadt und im Rest des Landes leben.

Man findet die Angaben im Internet auf vollkommen unverdächtigen Seiten. Etwa in der Datenbank des von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Zensus 2011, bei dem auch das Merkmal „Religionszugehörigkeit“ erhoben wurde. Demnach lebten im Mai 2011 statUnit=PERSON;absRel=ANZAHL;ags=059130000000;agsAxis=X;yAxis=RELIGION_AUSF:rund 2.390 Mitglieder Jüdischer Gemeinden in der Stadt Dortmund. Selbst der Zentralrat der Juden in Deutschland geizt nicht mit Zahlen. Er nennt auf seiner Homepage die Zahl der Mitglieder der Jüdische Kultusgemeinde Groß-Dortmund: 3.026 waren es Ende letzten Jahres.

Gut so! Warum auch sollte die Zahl der Juden in Deutschland ein Geheimnis sein?

Und wenn die Nazis zu doof zum Googeln sind und man zu einer Antwort verpflichtet ist, darf man ihnen gerne die entsprechenden Links nennen. Am besten noch verbunden mit dem Hinweis, dass im Jahr 1933 noch rund 4.200 Juden in der Stadt lebten – bis sie von Nazis vertrieben oder ermordet wurden. Und dass die Stadt alles, aber auch wirklich alles dafür tun wird, dass sich diese Geschichte niemals wiederholt.

Eine Provokation ist eine Provokation ist eine Provokation. Aber erst, wenn sie zu hektischen Überreaktionen führt, hat sie auch den von den Provokateuren gewünschten Erfolg.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Bluesky:@gereonas.bsky.social Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de ex-Twitter: @gereonas Foto: Anke Phoebe Peters
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15 Kommentare

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  • Hier geht einiges durcheinander.

     

    Eine Anfrage ist kein Antrag, sondern eine Frage, die der Verwaltung gestellt wird. Ich kenne die Geschäftsordnung des Rates der Stadt Dortmund nicht, aber idR dürfte eine schriftliche Beantwortung ausreichend sein. Die muss nicht mal öffentlich verlesen werden, sondern kann bei den Sitzungpapieren angehangen werden. Die können zwar einen Antrag auf öffentliche Beantwortung stellen, den kann der Sitzungsleiter aber mit der Mehrheit der Stimmen abbügeln.

     

    Als Antwort kann btw auch möglich sein, dass dem Verordneten die Quelle genannt wird und auf seine Bezüge als Stadtverordneter verwiesen wird, damit er sich die Quelle selber beschafft.,

    • @Age Krüger:

      Was ist eine Anfrage anderes als ein Antrag auf Auskunft?

  • Kommen sich wohl superschlau vor, die Nazis.

  • Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

     

    gemeinsam sind wir stark und können die Rechtsextremisten aufhalten! Wir sind das Volk der Bundesrepublik Deutschland und nicht die Nazis!

     

    Das ist sehr wichtig für unsere Kinder!

     

    Verfassungsschutz kann unsere Kinder nicht beschützen.

     

    Warum sind die Rechtsextremisten die größte Gefahr für alle Kinder in unserem Land?

     

    Die Staatsanwaltschaft Gera hat Tino Brandt, einen Rechtsextremen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von

    Kindern und Jugendlichen angeklagt. Das bestätigte ein Sprecher dem MDR.

     

    Dem Neonazi und früheren V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes wird zudem vorgeworfen, Prostitution und sexuelle Handlungen von Minderjährigen zu fördern.

     

    Der Neonazi soll unter anderem Minderjährige zum Sex an Erwachsene vermittelt haben. Es geht um 157 Fälle. Einen Teil der Vorwürfe hat Brandt offenbar gestanden.

     

    http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-11/tino-brandt-anklage-sexueller-missbrauch

  • Ich empfehle Herrn Asmuth, den vollständigen Antrag der "Rechten" zu lesen.

    Dort heißt es:

    Anfrage für die Sitzung des Rates der Stadt Dortmund am 13.11.2014

    "1.) Wieviele Menschen jüdischen Glaubens sind aktuell (Stand Oktober 2014) in Dortmund bekannt? Liegen der Stadt Dortmund offizielle Zahlen vor, werden die Gläubigen registriert?

    2.) Ist es möglich, die Zahl der Menschen jüdischen Glaubens nach Stadtbezirken aufzugliedern?

    Begründung:

    Um einen angemessenen Umgang mit allen Religionen zu finden, ist es notwendig, deren Bedeutung in unserer Stadt herauszufinden. Für unsere politische Arbeit ist daher die Zahl der in Dortmund lebenden Menschen jüdischen Glaubens relevant."

    http://www.dortmunds-rechte.com/anfragen/judische-mitburger-in-dortmund/

    Hier muss an die Geschichte erinnert werden, denn durch die Erfassung der Wohnorte von Juden hatten die Nazis einfaches Spiel.

    Insofern ist "cool bleiben", wie von Herrn Asmuth empfohlen, die denkbar falscheste Reaktion.

    • Gereon Asmuth , Autor des Artikels, Ressortleiter taz-Regie
      @Neville Longbottom:

      @Neville Longbottom. Danke für den Hinweis, aber selbstverständlich habe ich den ganzen Antrag gelesen, bevor ich ihn kommentiert habe. Man darf gern zu einem anderem Schluss kommen, aber an meinem Urteil ändert das nichts.

  • Ja toller Artikel, auf jeden Fall. Immer schön nach vorne. Progression statt Stillstand. Ich persönlich finde auch dass wir mit Daten auch mit "Big-Data" prinzipiell positiv umgehen sollten. Was hätte z.B. Piketty ohne Daten gemacht : /

  • "Bleibt nur die Frage, was diese dämliche Anfrage letztlich sollte."

     

    Das ist leicht zu beantworten. Da die empörten Reaktionen vorhersehbar waren und natürlich keine offizielle Antwort erfolgte, kann er sich jetzt hinstellen und behaupten, dass die "jüdische Unterwanderung" so weit fortgeschritten ist, dass sie geheim gehalten werden muss. Das ist eine typische Methode der Nazipropaganda.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      ... das drüber geredet wird wohl. Was sonst. Rechtsmarketing halt. Eine "harmlos" verpackte antisemitische offizielle Anfrage stellen und sich dann über die Reaktionen amüsieren. "Hirnhooles" Verhalten halt

  • Bleibt nur die Frage, was diese dämliche Anfrage letztlich sollte. Eher unwahrscheinlich, dass Giemsch diese Anfrage stellte, um bei Dortmunder Juden gezielt für "Die Rechte" zu werben. Die Dortmunder sollten den Mann Tag und Nacht im Auge behalten und ihn, falls erforderlich, jeder Zeit aus dem Verkehr ziehen können - er führt gewiss nichts Gutes im Schilde.

  • Toler Artikel. Dann hoffe ich mal, dass das viele an die Städte für ähnliche Anfragen weiterleiten. Und am Ende darf sich vielleicht der Bearbeiter die Rückfrage rausnehmen, weiviele Nazis denn in der Stadt leben? Und ob der freundlicher Fragesteller Ratschläge hat, was gegen Nazis unternommen werden kann? :-)

    • Gereon Asmuth , Autor des Artikels, Ressortleiter taz-Regie
      @Celsus:

      Auch auf die Frage, wieviele Nazis in Dortmund leben, findet man schnell eine Antwort im Netz. Natürlich nicht beim Zensus, denn zum Glück wird da nicht die politische Gesinnung abgefragt. Aber das Ergebnis der Wahl des Rates in Dortmund vom Mai 2014 ist aufschlussreich: 1.827 Dortmunder stimmten für die NPD, 2.101 für "Die Rechte". Insgesamt also fast 4.000 Wähler von Nazi-Parteien - ein echtes Problem. https://www.domap.de/wps/portal/dortmund/rw2014 (um das Ergbenis in absoluten Zaheln zu finden muss man auf dn Link "Wahlergebnisse" unter den Porzentangaben klicken).

      • @Gereon Asmuth:

        So einfach ist die Rechnung nicht. Warum sollte die Wahlbeteiligung ausgerechnet unter Nazis höher sein als unter demokratisch gesinnten Menschen (in DO ca. 40%). Dann sind da noch die ganzen nicht Wahlberechtigten Nazis die zu jung sind oder keinen Deutschen Pass haben (z.B. Graue Wölfe). So kommt man schnell auf 10.000.

  • Solche A...löcher gehören bloßgestellt.

  • "Eine Provokation ist eine Provokation ist eine Provokation. Aber erst, wenn sie zu hektischen Überreaktionen führt, hat sie auch den von den Provokateuren gewünschten Erfolg."

     

    Sehr richtig!