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Kommentar Nazis in DresdenEin kleines Lob der Polizei

Sebastian Erb
Kommentar von Sebastian Erb

Der gescheiterte Naziaufmarsch von Dresden zeigt: Menschenketten sind gut, vielfältige Protestaktionen sind besser.

D resden wehrt sich gegen Nazis. Das wird von diesem 13. Februar hängen bleiben. Die Feinheiten des Protestsgeschehens können da mitunter etwas verschwimmen.

Mit der Menschenkette sei einmal mehr ein „deutliches Zeichen“ gegen die Vereinnahmung des Gedenktages durch Rechtsextreme gesetzt worden, so Dresdens Oberbürgermeisterin von der CDU. Das ist schön. Aber es gibt keine Hinweise darauf, dass sich Neonazis von einer recht weit entfernten Menschenkette in irgendeiner Form beeindrucken lassen.

Um einiges stärker ist die Wirkung jener, die sich friedlich auf Straßenkreuzungen stellen, zu Musik aus Lautsprechern tanzen, vegane Linsensuppe essen – und somit den Nazis die Aufmarschroute blockieren.

Sebastian Erb

ist Bewegungsredakteur der taz.

Und die sich auch nicht dadurch einschüchtern lassen, dass die Dresdner Justiz hart gegen Blockierer der vergangenen Jahre vorging. Es würde dem gemeinsamen Kampf gegen Nazis ungemein nützen, wenn Land und Stadt die Rolle dieser engagierten BürgerInnen wirklich anerkennen würden.

Die Polizei zumindest scheint aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre etwas gelernt zu haben. Auch wenn es in diesem Jahr wieder einige Zwischenfälle gab, agierten die Polizisten insgesamt sehr zurückhaltend gegenüber den Gegendemonstranten. Manche waren sogar ausgesprochen freundlich. Jetzt müssen nur noch die Dresdner Staatsanwaltschaft und die übrige sächsische Justiz lernen, was Verhältnismäßigkeit ist.

Es sieht ganz danach aus, dass der Dresdner Naziaufmarsch seine besondere Bedeutung in der rechtsextremen Szene langsam verliert. Die Neonazis scheinen schlicht immer weniger Lust zu haben, nach Dresden zu fahren, um sich dann kaum die Füße vertreten zu können. Das ist gut so. Aber für eine Entwarnung ist es zu früh. Denn wenn die wachen Augen der Zivilgesellschaft nicht mehr hinschauen, sind die Nazis schnell wieder in großer Zahl da.

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Sebastian Erb
Reporter
Von 2011 bis April 2023 bei der taz. Zuletzt Reporter im Ressort Reportage & Recherche mit Schwerpunkt auf investigativen Recherchen. Er hat Sozialwissenschaften studiert und die Deutsche Journalistenschule in München absolviert. Themen u.a. Rechtsextremismus in Bundeswehr und Polizei (#Hannibal), Geheimdienste und Missstände in NGOs. Er gibt Seminare zur (Online-)Recherche. Sicher zu erreichen per Threema: 7D8P2XSV
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17 Kommentare

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  • L
    lowandorder

    @von Rechtschaffender:

    #Lavida

     

     

    Und was Recht ist bestimmt in einem demokratischen Staat noch immer die Mehrheit und nicht eine linksautonome Minderheit nach deren Interessen. …"

     

    Nö, nich so ganz. Da sind wir heute - auch dank unmittelbar geltender Grund- und Menschenrechte weiter.

    Das Recht muß in dieser Republik auch die Rechte von Minderheiten und -meinungen schützen. Und - und weil - sind letztere auch bei der Schaffung von Recht zu berücksichtigen bzw zu beteiligen.

     

    Und dann - ist da noch Karlsruhe, das gerade zum Demo-recht bahnbrechendes auf's Papier gehustet hat .

    Nur Bulllerei und IMIs kennen da zunehmend weniger davon.

  • L
    lowandorder

    Ein ärgerlicher Beitrag.

     

    In der paper-taz aufgehübscht mit " Justiz hinterher"

    und " Die Staatsanwaltschaft und die sächsische Justiz müssen noch lernen, was Verhältnismäßigkeit ist."

    D' accord - aber warum das so ist und was das genau heißen soll? das erfahr ich nicht!

     

    Damit wir uns nicht falsch verstehen: Verhältnismäßigkeit ist ein hehrer Verfassungsgrundsatz und ich hätte z.B. erwartet, daß ein Steinmeier mit seiner beruflichen Sozialisation ihn im Fall Kurnaz beachtet hätte.

    Ja. Aber - anders als in Leipzig tut eine geschätzte erfahrene ehemalige Kollegin Dienst, die insoweit sicherlich nichts zu lernen hätte.

     

    Ps als Dank der Tatkraft meiner Mutter noch ungeboren dem Dresdner Inferno Entkommener, ist für mich by the way klar: weil nicht mehr kriegsnotwendig, handelte es sich insoweit um ein Kriegsverbrechen nach den Nürnberger Grundsätzen.

    Mit Nazi oder nicht - hat diese Einschätzung nichts zu tun.

    pps: etwas kenn ich mit solchen Fragestellungen aus, war ich doch an der Entscheidung über die Teilnahme der Bundesrepublikt an der Bombardierung Kosovo als Richter mitbeteiligt.

  • R
    Rechtschaffender

    #Lavida

     

    Die Polizei schützt nicht die Rechten sondern die Linken davor, dass die provozierten Rechten sich nicht an den Linken vergreifen. :-)

     

    Und was Recht ist bestimmt in einem demokratischen Staat noch immer die Mehrheit und nicht eine linksautonome Minderheit nach deren Interessen. Wenn sie also meinen sie hätten das Recht anderen die Grundrechte zu verwehren dann sind sie aber verdammt im UNRECHT und gehören von der Polizei verfolgt.

  • T
    T.V.

    Verhältnismäßigkeit wäre, wenn alle Polizisten auch gewaltfrei handeln, wenn nicht beide Augen auf sie gerichtet sind.

     

    Verhältnismäßigkeit wäre, wenn bspw. unprovozierter Pfefferspray- und Wasserwerfereinsatz geahndet werden würde, mit den selben Rechtsmaßstäben, wie wenn ein Demonstrant die dadurch entstandenen Schäden angerichtet hätte.

     

    Der Rest sind schöne Worte und bestenfalls ein Schritt auf dem Weg zum Ziel.

  • F
    Furrkenbold

    Auch wenn die Menschenkette keinen Naziaufmarsch direkt blockiert, nimmt diese Protestform die gesamte Altstadt in Beschlag. Dadurch kann glaubhaft begründet werden warum Neonazis keine Demonstrationsgenehmigung in der Innenstadt bekommen. Des Weiteren kann hier wirklich jeder gefahrlos ein Zeichen setzen.

     

    Nach der Menschenkette war ich am Hauptbahnhof blockieren. Insgesamt war die Stimmung relativ friedlich. Auch dank dem Bürger am Lautsprecher von den Organisatoren, der die Demonstranten ständig über aktuelle Geschehnisse informiert hat. Und explizit darum gebeten hat, von dieser Blockade keine aktive Gewalt ausgehen zu lassen. Danke dafür!

     

    Dennoch gab es einige kleinere Zwischenfälle in meinem Blickwinkel. Von den Neonazis wurde mindestens eine Glasflasche geworfen und einige Schneebälle. Unter den Blockierern gab es etwa 5 vermummte Personen, die es nicht lassen konnten, aus dem Schutz der Masse Schneebälle auf die Neonazis zu werfen. Diese schossen natürlich zurück, trafen allerdings meist Unbeteiligte.

     

    Auch wenn die Demonstrationen dieses Jahr verhältnismäßig friedlich blieben, möchte ich hier auch einen Fehler der Polizei rügen der leicht zur Eskalation hätte führen können und in der Vergangenheit auch zur Eskalation geführt hat. Ohne Ankündigung und ohne ersichtlichen Grund lief plötzlich eine Reihe von etwa 30 Polizeibeamten in voller Montur mitten durch die friedliche Blockade. Es wäre gar kein Problem gewesen am Rand der Blockade entlang zu laufen. Es wäre kein Problem gewesen einfach mal per Lautsprecher diese Aktion anzukündigen. Im vorangegangenen Jahr kam durch genau so eine Aktion zur Eskalation, weil einige Beamte von den Blockierern eingekesselt wurden, woraufhin dann Wasserwerfer etc. eingesetzt wurden um die Beamten wieder zu befreien.

     

    Ich erwarte von der Polizei eine transparente Informationspolitik. Ich erwarte das jede größere Aktion öffentlich über Lautsprecher angekündigt wird, auch die Position der Neonazis. Im Twitter-Zeitalter ist dies ohnehin kein Geheimnis. Wenn jedoch die Polizei diese Informationen verteilt würde das enorm zur Deeskalation und Vertrauensbildung beitragen.

     

    Dem Versuch Neonazis zurück in den Bahnhof zum Abtransport zu bringen, würde sich sicherlich kein Blockierer entgegenstellen. Also einfach mal ankündigen, dann lässt sich sicherlich etwas machen.

  • KA
    Kommunistischer Aufmarsch

    Wenn die Linken endlich die Bomben auf Dresden nicht mehr ignorieren würden,

    könnte die NPD daraus keinen Profit ziehen. Wobei die NPD nicht verboten ist, die Störung der Auftritte also hart am Rande der Legalität sind.

  • L
    Lavida

    @No Pasaran: Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht (Brecht). Wenn Polizisten Nazis schützen, ist Widerstand die Konsquenz. Wenn Polizisten Demonstrant_Innen schlagen, distanzierst du dich dann von den Demonstrant_Innen, die geschlagen werden? Verschiebt sich das Ignoranzgefüge womöglich zugunsten der Polizei?

  • R
    reimi

    "Bomber Harry do it again"-Plakate der Antifachaoten sind genauso ein Ausdruck von Demokratieferne, wie die (Neo)nazis sie hatten.

  • C
    caat

    Also die Lobeshymnen, die hier über die Polizei gesungen werden kann ich als Teilnehmer der Demo und Blockaden irgendwie nicht teilen. In Bahnhofsnähe wurde unsere Gruppe, die auf einer Kreuzung stand und die Naziroute blockieren wollte, erst großzügig mit Pfefferspray bedacht und als alle die Köpfe runtergenommen haben, um sich zu schützen stürmten die Beamt_innen auf uns zu schlugen gezielt ins Gesicht, auf den Kopf und in die Nieren.

    Später, als die Polizei im Park neben dem größeren Nazikessel eine Kette zurückdrängen wollte und das nicht funktioniert hat, da es zu rutschig war, hat mindestens ein Beamter einem Demonstranten gezielt zwischen die Beine geschlagen und sich im Anschluss über den Geschlagenen lustig gemacht. Dazu kommt die ebenfalls brutale und völlig nutzlose Räumung einiger Reihen der Sitzblockade vor der Nazidemo.

    Es wurde seitens der Polizei zwar nicht losgeknüppelt wie wahnsinnig, aber das Ausbleiben von exessiver Gewalt gegen friedliche Demonstrant_innen sollte kein Lob an die Polizei wert sein...

  • K
    Kluchscheißer

    Was ist eigentlich ein "Bewegungsredakteur"? Kümmert der sich um die Leibesübungen?

  • JS
    Jochen Schubert

    Schöner Text!

     

    Wie "No Parasan" bei diesem Text auf das Thema Gewalt gegen Polizist_innen kommt verstehe ich nicht. Vielleicht das Bedürfnis unter allen Umständen Aktivist_innen in Gruppen zu spalten, obwohl diese das gleiche Ziel teilen und aufgrund unterschiedlicher Erfahrungen unterschiedliche Mittel wählen. Das ist gut und das ist wichtig!

  • H
    HinzundKunz

    1. Es steht überhaupt nicht fest, das es linksautonome Demonstranten gewesen sind, darüber wurde nichts gesagt. 2. Ich bin, auch wenn es ein dämlicher Begriff ist, stolz auf das, was gestern durch viele beherzte Menschen erreicht wurde. Es ist zum ersten Mal gelungen den Fackelmarsch der Nazis zu unterbinden, das kann gar nicht genug hervorgehoben werden. Auch das sich noch viele Teilnehmer der Menschenkette anschließend zu den Blockadepunkten begeben haben soll hier gewürdigt werden. Doch es soll nicht unterschlagen werden, das es unter anderem auch an der verhältnismäßig friedlich agierenden Polizei lag, das dieser Erfolg so eingefahren werden konnte, auch wenn diese Formulierung nach einem Spiel klingt, was es natürlich nicht ist.

    3. Ein großes DANKESCHÖN an alle Menschen, die diesen ERFOLG irgendwie mit ermöglicht haben!

  • R
    Rocco

    Schwer zu ertragen die hohlen Frasen von Orosz, wie die wirklich denkt sieht man an den Taten der sächsischen Justiz wie die gegen Blockierer vorgehen.

    Danke allen engagierten Blockierern, nur die haben es geschafft das die Nazis langsam die Lust verlieren! Nur die!

  • D
    Danke!!!

    Ich danke allen, die in Dresden wie anderswo Zivilcourage beweisen und die Nazis nicht marschieren lassen.

     

    Die öffentliche NS-Verherrlichung und Holocaustrelativierung in Dresden, Magdeburg und Co. darf nicht unwidersprochen bleiben!

  • R
    Reisechaot

    Die Menschenkette von CDU und Co gibt es doch nur, weil sie durch Gruppen wie Dresden Nazifrei unter Zugzwang geraten sind. Vorher waren es doch gerade die Stadtoberen, die es nicht störte, gemeinsam mit Nazis ihre Kränze auf dem Friedhof zum Gedenken an die "Opfer" der Bomenangriffe vom 12.2. 45 abzuwerfen.

    Überhaupt hat sich der öffentliche Diskurs zum Gedenken an die Bombennacht doch erst etwas geändert, nachdem von linker, antifaschistischer Seite interveniert wurde.

     

    @No Pasaran:

     

    Ohne die "linken und autonomen Chaoten" würdet ihr heute noch am Wochenende nach dem 13. Feb den größten Naziaufmarsch Europas ertragen müssen.

    Erst nachdem die (autonome) antifaschistische Linke aus dem gesamten Bundesgebiet und darüber hinaus sich in Dresden an den vielfältigen Blockaden und anderen Aktionen gegen den Naziaufmarsch beteiligt hatte (ab 2009, 2010), gelang es, den Aufmarsch der Nazis zu be-, bzw. zu verhindern.

  • M
    Marcel

    Schön das Sie sich von den Gewalttätern distanzieren (immerhin!). Dynamo macht das auch regelmäßig, nutzt aber nichts. Da erwartet man eine "Selbstreinigung" der Fanszene. Legt man diesen Maßstab zu Grunde, sind Sie beim nächsten Mal auch gefordert!

  • NP
    No Pasaran

    Gewalt gegen Polizisten ist nicht hinnehmbar und ich, genauso wie sicherlich der Großteil der Blockierer, distanziere mich hiermit nochmals eindeutig von diesen sich "links" oder "autonom" nennenden Chaoten.

     

    Solange es in Deutschland Naziaufmärsche gibt werden wir sie blockieren, denn Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!