Kommentar Nahostkonflikt: Rückschlag für Friedensprozess
Nicht die Dokumentation und Verfolgung von Verstößen gegen die Menschenrechte verhindern den Frieden, sondern anhaltende Straflosigkeit und der Mangel an Gerechtigkeit.
D er UNO-Menschenrechtsrat hat auf Druck der USA eine Entscheidung über den Bericht der von ihm eingesetzten Goldstone-Kommission zur Untersuchung von Verbrechen während des jüngsten Gazakrieges um mindestens ein halbes Jahr verschoben. Das ist ein herber Rückschlag für die Bemühungen, die Straflosigkeit für schwere Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht im Nahen Osten endlich zu beenden.
Der Bericht der UNO-Untersuchungskommission böte die allerbeste Grundlage für derartige Bemühungen. Gerade weil der Kommissionsvorsitzende Richard Goldstone zur Bedingung gemacht hatte, dass die Verbrechen und Verstöße beider Seiten - der israelischen Streitkräfte wie der Hamas - untersucht und dokumentiert werden. Und hätte die israelische Regierung nicht jegliche Kooperation mit der Goldstone-Kommission verweigert und Vor-Ort-Untersuchungen in von Hamas-Raketen beschossenen Dörfern und Städten verhindert, dann wäre die Dokumentation der von diesen Raketen verursachten Schäden und Opfer noch vollständiger und beweiskräftiger ausgefallen.
Andreas Zumach ist UN-Korrespondent in Genf.
Doch trotz dieser Einschränkung ist der Goldstone-Bericht das umfassendste, detaillierteste und im besten Sinne ausgewogenste UNO-Dokument zum Thema Menschenrechtsverletzungen im Nahostkonflikt, das seit Beginn dieses Konflikts vor 61 Jahren erschienen ist.
Die Behauptung der Obama-Administration, eine Annahme des Berichts hätte den Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern gefährdet, ist einfach falsch. Nicht die Dokumentation und strafrechtliche Verfolgung schwerer Menschenrechtsverletzungen gefährden den Frieden, sondern anhaltende Straflosigkeit und der Mangel an Gerechtigkeit eskalieren den Konflikt und verhindern eine Friedenslösung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“