Kommentar NRW Grüne: Nach allen Seiten offen
Von der Differenz zwischen den Realos und Linken innerhalb der Grünen könnte am Ende ausgerechnet CDU-Ministerpräsident Rüttgers profitieren.
Von wegen "klare Wahlaussage"! Ausgeschlossen haben Nordrhein-Westfalens Grüne nur ein Jamaika-Bündnis mit der verhassten FDP. Auch eine von der Linken nur tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung wird es in Düsseldorf nicht geben, lautet die Botschaft vom Essener Parteitag. Doch ob die Grünen künftig mit der CDU oder der SPD regieren, soll mindestens bis zum kleinen Parteitag eine Woche vor der Wahl offenbleiben.
Über Bündnisse soll erst entschieden werden, wenn die Machtverhältnisse im Landtag klar sind - und das dürfte angesichts knappster Umfrageergebnisse erst am Wahlabend der Fall sein. Dieser Kompromiss überdeckt, dass die Partei weiter zwei Lager hat: Viele Realos, allen voran die Fraktionsführung, favorisieren ein Bündnis mit der CDU. Die Erinnerungen an die Demütigungen durch sozialdemokratische Ministerpräsidenten wie Rau, Clement und Steinbrück, mit denen die NRW-Grünen schon mal zehn Jahre lang regieren durften, sitzen tief. Die Parteilinke dagegen hält die Unterschiede zur CDU, etwa im Streit über das dreigliedrige Schulsystem oder die Energiepolitik, für unüberwindbar. Beide Flügel eint nur die Skepsis gegenüber der NRW-Linken, die beide für unberechenbar halten.
Profitieren könnte davon ausgerechnet CDU-Ministerpräsident Rüttgers: Sollte es in Düsseldorf für Rot-Grün allein nicht reichen, ist ein grünes Bündnis mit der CDU wahrscheinlicher als eins mit Linkspartei und SPD. Rüttgers, der sich schon heute als Erbe des Sozialdemokraten Rau stilisiert, könnte seinen CDU-Landesverband unter Verweis auf die Grünen dann noch weiter nach links rücken - und so Bundeskanzlerin Angela Merkel vor sich hertreiben. Denn von Berlin träumt Rüttgers noch immer.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlkampf in Deutschland
Rotzlöffeldichte auf Rekordniveau
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA entwerfen UN-Resolution zum Krieg in der Ukraine ohne jede Kritik an Russland