Kommentar Moorburg: Die Grünen und die Kohle
Die Grünen hätten schon im Wahlkampf wissen müssen, dass ein Aus für Moorburg angesichts des weit fortgeschrittenen Verfahrens juristisch kaum durchzusetzen ist.
E s war das einzige Wahlplakat aus dem Hamburger Wahlkampf, das über die Grenzen der Hansestadt hinaus Berühmtheit erlangte. "Kohle von Beust", plakatierten die Grünen im Februar. Die Botschaft war klar: Sollten wir an die Regierung kommen, werden wir das böse Kohlekraftwerk Moorburg verhindern. Jetzt regieren sie tatsächlich, die Grünen - und ihre Umweltsenatorin wird das Kraftwerk aller Voraussicht nach genehmigen, wenn auch mit Auflagen. Gibt das jenen Kritikern recht, die in Koalitionen mit der CDU von vornherein grüne Ideale über Bord gehen sahen?
Ralph Bollmann ist Ressortleiter im taz Parlamentsbüro.
Die Antwort lautet: nein. Ganz abgesehen davon, dass sich die Grünen auch mit der SPD wohl über das Kohlekraftwerk gestritten hätten - die Causa Moorburg ist kein Problem einer bestimmten Koalition. Sie offenbart vielmehr ein Problem der Grünen selbst.
Erstens hätte die Partei schon im Wahlkampf wissen müssen, dass ein Aus für Moorburg angesichts des weit fortgeschrittenen Verfahrens juristisch kaum durchzusetzen ist. Sie hat das aber nicht klar gesagt. Nicht ihre jetzige Entscheidung ist deshalb das Problem - sondern dass sie ihre Anhänger mit ihrer Wahlkampagne getäuscht hat.
Zum anderen haben die Grünen in der Kohlepolitik mittlerweile eine verwirrend komplizierte Beschlusslage entwickelt, die selbst eigene Führungskräfte kaum noch durchschauen. Dass Deutschland in gut zehn Jahren nicht nur auf Atomstrom, sondern gleichzeitig auch auf Kohle komplett verzichten kann, glauben viele Grüne inzwischen selbst nicht mehr. Sie haben es im Übrigen auch nie beschlossen. Die bestehenden Kohlekraftwerke sollen durchaus noch länger laufen. Ganz laut sagt das die Partei aber nur ungern.
Eine klare Linie in Sachen Kohle ist für die Grünen mit Blick auf die nächste Bundestagswahl aber überlebenswichtig. Ein Bündnis mit der CDU auf Bundesebene wird die Partei ihrer Stammklientel nur vermitteln können, wenn sie den rot-grünen Atomausstieg rettet. Nach dem Kurswechsel in Hamburg werden ihr die Wähler aber nur dann Standfestigkeit in der Atomfrage zutrauen, wenn die Partei in der Energiepolitik ein überzeugendes Gesamtkonzept formuliert.
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