Kommentar Mittelschule: Die List der Bayern
Der mittlere Abschluss an Mittelschule und Realschule unterscheidet sich nur in den Köpfen unverbesserlicher Realschullobbyisten.
B ayern hat eine neue Schule erfunden. Warum nicht. Seit Pisa werden in Deutschland alle naselang neue Schulformen kreiert. Rein von der Nomenklatur her gibt es gefühlte 1.000 Schularten in Deutschland, da schadet eine Mittelschule wenig. Viele kritisieren die Mittelschule nun als einen Bastard mit einem minderwertigen Abschluss, der das Licht der Welt niemals erblicken wird. Formell soll es die Mittelschule ab 2010 geben. Sie ist eine Art neugestartete Hauptschule. Hauptschule 2.0.
Christian Füller ist Bildungsredakteur der taz.
Wer die Mittelschule verdammt, hat von der List der Bayern wenig verstanden. Natürlich wäre eine Hauptschule 2.0 Quatsch, denn das Label Hauptschule ist verbrannt. Nicht umsonst stand vor Jahren in einem CSU-Papier der Satz, die Hauptschule sei eine "in der Bevölkerung nicht akzeptierte Schulform". Die CSU hat längst begriffen, dass die Hauptschule am Ende ist - aber sie muss die Bevölkerung auf den Spurwechsel erst vorbereiten. Dafür ist der Begriff Mittelschule perfekt - den kennen viele schon. Hat er sich erst wieder verbreitet, dann kann man auch die Realschule geräuschlos in ihr aufgehen lassen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Denn der mittlere Abschluss an einer Mittelschule und der mittlere Abschluss einer Realschule unterscheiden sich nur in den Köpfen unverbesserlicher Realschullobbyisten.
Das ist übrigens der einzige Schönheitsfehler der Mittelschulpolitik. Sie gibt Leuten wie dem Chef der Realschullehrer, Anton Huber, die Gelegenheit, seine üble Rede über Hauptschüler fortzusetzen. Huber behandelt Hauptschüler wie Menschen zweiter Klasse, die ein anderes Begabungsprofil aufwiesen und deswegen mit Realschülern nicht in Berührung kommen dürften. So etwas ist diskriminierend - und wird glücklicherweise bald ein Ende haben: Wenn Mittelschule und Realschule bald verschmolzen werden.
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