Kommentar Missbrauch im Kloster Ettal: Christliche Parallelgesellschaft
Der Missbrauch im Internat Ettal kann nicht mehr nur auf "Einzeltäter" geschoben werden. Und die beharrliche Arbeit einiger Altschüler muss weitergehen.
ffnen sich die Tore? Der Bericht des ehemaligen Verfassungsrichters Hans-Joachim Jentsch mag zusammen mit der zugesicherten Studie zum "System Ettal" der Anfang vom Ende eines Bollwerks christlicher Parallelgesellschaft sein.
Denn trotz skandalöser Weißwaschungen, seit vor einem Jahr der jahrzehntelange systematische Missbrauch im Internat Ettal publik wurde, ist heute eine klassische Verteidigungsdynamik durchbrochen: Die Verantwortlichen der Organisation können nicht mehr alles auf "Einzeltäter" schieben, die Täter können sich nicht mehr mit Verweis auf "die Situation" herausreden.
Der Beginn einer Öffnung in Ettal ist in erster Linie der beharrlichen Arbeit einiger weniger AltschülerInnen des Ettaler Opfervereins zu verdanken. Im vergangenen Jahr haben sie auf vielen Ebenen kämpfen müssen: gegen Selbstgerechtigkeit vom Schlage eines Bischofs Mixa; gegen die Komplizenschaft damaliger Eltern, die sich Mitschuld am Leiden ihrer Kinder nicht eingestehen wollen, oder heutiger Eltern, die sich um die Investitionen in die "gute Bildung" ihres Nachwuchses sorgen; gegen die Faulheit der Mehrheit der AltschülerInnen, die sich angewidert abgewandt oder in positiven Aspekten ihrer Jugenderinnerungen eingerichtet haben.
BENNO PLASSMANN ist Theatermacher und ehemaliger Ettal-Schüler.
Die beharrliche Arbeit der Ettaler und anderen Opfer systematischer Misshandlung verdient Unterstützung. Denn verbrecherische Parallelgesellschaften darf es in einem Rechtsstaat nicht geben.
Und die Arbeit geht weiter, denn die Deutsche Bischofskonferenz - im wohligem Einklang mit der Bundesregierung - steuert darauf hin, die lächerlichen und rein materiellen Entschädigungsangebote für Leiden der Heimkinder nun auch hier anzuwenden.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Protestaktion gegen CDU-Chef Merz
Alle Tassen im Konrad-Adenauer-Haus?
Schwarz-rote Sondierungen abgeschlossen
Union und SPD wollen gemeinsam regieren
USA in der Ukraine
Geheime Verhandlungen mit der Opposition
Vertreibung von Palästinensern
Amerikaner in Gaza
Schuldenbremse und Sondervermögen
„Geht die Union auch heimlich kiffen?“
Wählen mit Migrationshintergrund
Studie zu Wahlverhalten und Herkunft