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Kommentar Mindestlohnkonzepte der CDUDer Markt kann es nicht

Eva Völpel
Kommentar von Eva Völpel

Noch ist vieles, was sich die CDU zum Mindestlohn ausgedacht hat, unausgegoren und unpraktikabel. Hoffentlich ist es nur der Anfang eines psychologischen Herantastens.

A uch die Union mag sich nun nicht mehr länger der Einsicht verschließen, dass es eine gesetzliche Lohnuntergrenze braucht. Bei der Beurteilung ihrer Pläne ist allerdings Aufmerksamkeit geboten: denn Mindestlohn ist nicht gleich Mindestlohn.

Der Arbeitnehmerflügel der CDU traut sich noch am weitesten vor: Die CDA will den geplanten Mindestlohn in der Leiharbeit generell ausweiten auf andere Branchen, in denen Dumpinglöhne gezahlt werden. Der NRW-CDU geht das zu weit: Lieber sollen es wieder die Tarifparteien untereinander regeln. Das Mantra heißt: Bloß keine politisch festgelegten Lohnuntergrenzen.

Doch der Ruf nach den Tarifparteien ist ein Taschenspielertrick: Seit Jahren bröckelt die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften. Auch deswegen gehören so viele Menschen in Deutschland zu den working poor. Selbst die Vereinbarung in der Leiharbeit, mit der die CDA ihren Vorstoß begründet, taugt nicht für das Lob der Tarifautonomie: Die Gewerkschaften haben in der Branche nur elend niedrige Abschlüsse hinbekommen.

Bild: taz

ist taz-Redakteurin für Soziales und Arbeitsmarkt im Ressort Inland.

Und so wird der Ruf auch in ihren Reihen immer lauter, lieber gar keine Tarifverträge mehr abzuschließen als solche. Wenn jetzt wieder die geschwächten Vertreter der Arbeitnehmer für höhere Löhne in den Ring steigen sollen, und das womöglich noch für jede einzelne Branche, ist nichts gewonnen. Die Politik muss hier als letzte Instanz für einen Ausgleich sorgen.

Man kann also nur hoffen, dass die bisherigen Konzepte der Union für das schrittweise psychologische Herantasten stehen, das die Partei braucht, um das lang gehegte Tabu vom staatlichen Mindestlohn zu entsorgen. Noch ist vieles unausgegoren und unpraktikabel. Wenn die Union allerdings nicht einsieht, dass die Politik endlich Grenzen für die Ausbeutung vorgeben muss, ist ihre Mindestlohnwende nichts anderes als eine Mogelpackung. Und die Menschen schuften weiter für Hungerlöhne.

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Eva Völpel
Inlandsredakteurin
Jahrgang 1976. Ist seit 2009 bei der taz und schreibt über Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie die Gewerkschaften
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5 Kommentare

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  • M
    magy

    Wenn die Regierung, die ohnehin nicht weis, oder wissen will wie der normale Steuerzahler überlebt sagt, Mindestlohngrenze muss so oder so hoch sein, dann zahlen die Firmen quer durch die Schichten auch nur noch Mindestlöhne. Warum handeln die Gewerkschaften nicht in großen Massen wie es in anderen Ländern auch möglich ist ??

    Wenn ein Mensch bis zu 250 Stunden im Monat arbeitet und dann nicht mal 1.000 € netto bekommt also 4 € Netto die Stunde, dann ist das weit unter dem Niedrigstlohn, davon kann kein Mensch leben, während die Firma Milliarden Umsätze macht im Jahr. So ein Verhalten ist Menschen verachtend.

    Bald Sozialempfängerstaat Deutschland ? Natürlich, bei den Gehältern werden die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer. Die Reichen werden von Steuererhöhungen verschont, selbst beim Strom bekommen sie Sonderrabatte und der Kleine, der für den Wohlstand Deutschlands fleißig schuftet, muss alles ausgleichen.

    Welche Partei auch immer das Sagen hat, es wird sich nichts mehr ins Positive wenden, der Staat ist schon zu hoch verschuldet. Ein wirklich sozial denkender Staat kann nicht zulassen, das seine Bürger hungern müssen, jeden Monat ums Überleben kämpfen müssen. Dieser Staat begreift nicht, das die Wirtschaft so nicht mehr wachsen kann, weil immer weniger am Wirtschaftsleben teilhaben können. Dieser Staat schätzt auch nicht, was die Deutschen jeden Tag geleistet haben um da zu sein, wo wir heute wirtschaftlich weltweit stehen.

    Dieser Fleiß muss auch belohnt werden indem man die Menschen ordentlich bezahlt und nicht nur an Profit und Steuereinnahmen denkt.

  • H
    Hasso

    Wenn sich die Hännesjen da oben ständig die Diäten erhöhen, dann kann man auch verlangen, dass das Volk genügend Geld zum Leben hat. Es muss sich nicht jeder Schleimscheißer auf Kosten anderer bereichern. Die wirklich ihr Geld dort oben verdienen, das sind wenige.

  • H
    Hans

    Die Kommentatorin hat vollkommen recht: Die CDU bewegt sich hier nicht, allenfalls um ein paar innenparteiliche Zentimeter. Für Betroffene dürfte dieser Vorstoß das sein: NICHTS.

    Tatsächlich machen heute Jobcenter mit der Zeit- und Leiharbeitsbranche gemeinsame Sache: Weil nicht in echte, normale Arbeit vermittelt wird, landen die Leute in der Zeit- und Leiharbeit.

     

    Wer eine Familie hat, muss aufstocken, bleibt arm, selbst bei einer 35 oder 40-Stunden-Woche. Arbeit muss sich wieder lohnen ... Nun ja, der DGB macht mit seinem Vertrag auch mit, denn eine Familie könnte mit dem DGB-Zeitarbeitsvertrag nicht normal leben.

     

    Und es gab und gibt immer noch dubiose Tarifparteien, die grundsätzlich vor Gericht gehören und denen noch ein paar miese Dinger gelingen werden, sprich Ausbeutung ohne Kontrolle. Und die CDU muss sich mal fragen, ob sie Volkspartei oder 10-Prozent-Partei sein will oder werden will.

     

    Mit ihrer mangelhaften Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ist sie aber in guter Gesellschaft bei SPD und FDP sieht es kaum besser aus und die Grünen werden wohl kaum ihre Lösungen jemals unverwässert durchsetzen können. Sollte tatsächlich ein Steinbrück dran kommen, könnte eine grüne Leidensperiode beginnen.

  • F
    franziska.qu

    Nun erklären Sie mal: was ist nun eigentlich das gute am Mindestlohn? 1. Er verfestigt Niedrigslohnverhältnisse (bei Mindestlöhnen von 6 - 9 €).D.h. auch Verfestigung der Armut! 2. In manchen Branchen bedeutet Mindestlohn eine ABSENKUNG der Löhne auf eben dieses Mindestlohnniveau. Z. B. in der Pflege! Pflegehelferinnen bekamen vorher zwischen 9 und 12 €/h. Seit Einführung des Mindestlohnes (Westdeutschland 8,50, Ostdeutschland 7,50) nähert sich die Bezahlung dieser Berufsgruppe schrittweise dem Mindestlohn. Beispiel in einem Heim? Von 12€ auf 10,50 auf 8,70€/Stunde. Dies verschweigen alle, ob Parteien, Gewerkschaften oder Medien. Mal ehrlich: möchten Sie selbst für das, was dann Netto bleibt, auch noch Vollzeit arbeiten?

  • W
    Westberliner

    Wie kann es sein, dass ein paar Figuren aus den Regierungskoalitionen gegen Mindestlöhne ist, die eine weitere Ausplünderung verhindern? Die Mehrheit der Menschen in Deutschland ist für Mindestlöhne. Das soll Demokratie sein, wenn nur Interessen von Wirtschaftsunternehmen bedient werden? Schämt Euch, Ihr sogenannten "Christen".

    Wieso betteln wir eigentlich? Das haben wir nicht nötig. Denn "Wir sind das Volk".