Kommentar Milchpreis: Falsche Interessen der Lobby
Der Milchstreik richtet sich auch gegen den Deutschen Bauernverband. Denn auf dem Lande rumort es auch, weil sich die Bauern von ihren Funktionären verraten fühlen.
E s ist nicht nur ein Kampf um die Milch, wenn die Bauern jetzt auf die Barrikaden gehen: Sie protestieren ebenso gegen ihre eigene Interessenvertretung, den Deutschen Bauernverband. Das klingt paradox, ist aber längst fällig. Denn auf dem Lande rumort es auch, weil sich die Bauern von ihren Funktionären verraten fühlen.
Sicher, Jammern über Politiker und Städter gehört bei Landwirten zum Geschäft. Doch diesmal haben sie recht. Da die Molkereien und Supermärkte die Preise ruinös senken, zahlen die Bauern bei der Milch drauf, statt an ihr zu verdienen. Und der Deutsche Bauernverband setzt dieser neuen Existenzkrise nichts entgegen.
Zugegeben, auch der Bauernverband hat vor einiger Zeit schon mal ein klein wenig mehr Geld für den Liter Milch gefordert. Doch den streikenden Landwirten hat er noch vor wenigen Tagen die Solidarität versagt. Der Verband hat seine Mitglieder stattdessen animiert, größere Mengen zu produzieren. Dieser Tipp jedoch allein reicht nicht, da die kleineren Betriebe so keine Chance haben. Mit der Groß- und Billigproduktion kann nicht jeder mithalten. Und nicht jeder will sie: Auch Städter lehnen die naturbereinigten Agrarfabriken ab, da sie sich am Wochenende lieber auf dem Dorf erholen.
Die Vertreter im Bauernverband haben so auch eher eigene Interessen als die ihrer Mitglieder vertreten. In dem Lobbyverein sitzt nämlich, wer groß im Agrobusiness ist. Der Vizechef und Zuständige für Milch, Udo Folgart, hat einen der großen Milchhöfe in Brandenburg. Präsident Sonnleitner war lange Zeit Aufsichtsrat der Deutschen Milchkontor GmbH, einer Organisation der Molkereien. Andere Bauernvertreter besetzen Posten etwa in der Nordmilch AG oder der Humana Milchunion.
Die Funktionäre sind der Industrie eng verbunden. Sie gestalten die fahrlässige Preispolitik der Molkereibosse mit - nach Gutsherrenart und zu Lasten des Einzelnen, der etwa auf einem kleinen Hof im süddeutschen Alpenland rackert. Der Aufstand der Bauern steht für eine notwendige Erkenntnis: Man muss sich von den Oberen nicht für dumm verkaufen lassen. Es ist gut, wenn die Milchbauern aus dem Verband austreten und sich neu organisieren.
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