Kommentar Migrantenkinder in Schulen: Ein Hauch von Rassentrennung
Eltern meiden Schulen mit vielen nichtdeutschen Schülern. Gute Lehrer an schwierigen Schulen oder eine Quote könnten die Lösung sein.
G ute Schulen sind begehrt. Und man kann es Eltern nicht vorwerfen, wenn sie das Beste für ihr Kind wollen. Doch es ist eine Tragödie, dass beim alljährlichen Rennen um die besten Schulplätze meist diejenigen auf der Strecke bleiben, die diese am nötigsten hätten: Kinder aus armen, bildungsfernen Familien, nicht wenige mit Migrationshintergrund.
Die Entmischung an deutschen Schulen ist das größte Integrationsproblem, das es in Deutschland gibt. Denn wie in kaum einem anderen Land bestimmt hierzulande schon die Wahl der richtigen Grundschule den Verlauf der weiteren Bildungskarriere. Einwandererkinder und Kinder aus Hartz-IV-Haushalten, die auf ihrer Schule unter sich bleiben, bleiben deshalb auch später oft außen vor. Doch weder Thilo Sarrazin, der so gern mit Statistiken um sich wirft, noch Heinz Buschkowsky, der ebenfalls gern mit dem Finger auf Einwanderer zeigt, hat zu diesem Thema etwas Brauchbares zu sagen.
Durch die Gentrifizierung ist das Thema nicht nur in Berlin allerdings noch akuter geworden. Denn viele moderne Großstädter wollen zwar in einem lebendigen, weltoffenen Kiez leben, der durch Einwanderer geprägt wird. Doch selbst in Multikultibezirken wie Kreuzberg herrschen an den Schulen derweil Zustände, die an die Zeiten der Rassentrennung in den USA denken lassen.
ist Inlandsredakteur der taz.
Nun kann man Eltern – ob mit oder ohne Migrationshintergrund – nicht dazu verdonnern, ihr Kind an eine Schule zu schicken, die ihnen nicht gefällt. Aber man sollte die besten Lehrer in die schwierigsten Schulen schicken, um den Kindern dort eine Chance zu geben. Wenn das nicht geht, sollte man es diesen Kindern zumindest ermöglichen, an bessere Schulen zu wechseln – zur Not auch durch eine Art Quote.
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