Kommentar Migranten in Schwarz-Rot-Gold: Bitte gelassen bleiben
Wenn Einwanderer mitfeiern wollen, ist das ein gutes Zeichen. Wenn nicht, übrigens auch.
Vor vier Jahren waren es die türkischstämmigen, bei dieser WM sind es nun die arabischstämmigen Berliner, die die Ureinwohnerschaft mit ihrer Begeisterung fürs deutsche Fußballteam überraschen. Sie wollen mitfeiern - gut so! Gemeinsames Feiern ist die beste Basis für gleichwertiges Miteinander. Das praktizieren Berlins Kitas und Schulen seit Jahren.
Dass es nicht allen passt, wenn Fans ihre Begeisterung durch Schwarz-Rot-Gold ausdrücken, zeigen die Versuche von Antinationalisten, die 20-Meter-Fahne der Neuköllner Familie Bassal, Einwanderer aus dem Libanon, abzureißen. Badr Mohammeds, Cousin der Bassals und CDU-Vertreter im Bezirksparlament Tempelhof-Schöneberg, meint, die Linken rissen die Fahne ab, weil sie Einwanderern das Deutschsein absprächen. Das ist falsch. Sie tun genau das, was der Integrationspolitiker, der statt des Begriffs "Migranten" den der "Neudeutschen" durchsetzen will, verlangt: Sie achten nicht auf Herkunft. Ihnen ist jeder Fahnenträger Nationalist und damit Feind.
Doch auch das ist in diesem Fall übertrieben und fehl am Platz, denn 1.: Leute, es geht nur um Fußball! Und 2.: Hier drängt eine Gruppe auf ihr Recht, mitzufeiern, der dieses Land ein Leben in Sicherheit geboten hat. Nicht wenige Kriegsflüchtlinge wie die Bassals finden deshalb, sie hätten guten Grund, Deutschland zu feiern. Nur ein Missverständnis darf es jetzt nicht geben: dass Einwanderern, die kein Deutschlandfähnchen schwenken, Integrationsunwille unterstellt wird. Das Gegenteil ist der Fall: Es zeigt, wie gut sich "Neudeutsche" in alle Milieus integriert haben. Auch in die der FahnengegnerInnen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße