Kommentar Medienkrise in UK: Ein Murdoch kommt selten allein
Der neue Skandal überrascht nicht: Alles, was im Rattenrennen auf dem Boulevard in England einen Vorsprung verspricht, wird im Zweifel versucht.
I m "Spieglein, Spieglein an der Wand – wer ist der Schlimmste im ganzen Land"-Contest der britischen Presse gibt es einen neuen Kandidaten: den Daily Mirror. Auch dessen Journalisten sollen Handys beziehungsweise private Mailboxen abgehört haben – sogar vor zehn Jahren schon, behauptet neben anderen Prominenten nun Paul McCartneys Exfrau Heather Mills.
Das Blatt gehört nun jedoch nicht zum Medienreich des Rupert Murdoch, sondern Britanniens größter Zeitungsgruppe Trinity Mirror. Seit dem sprichwörtlichen Untergang ihres früheren Besitzers Robert Maxwell – er ertrank 1991 unter ungeklärten Umständen beim Segeln und hatte zuvor die Pensionskasse geplündert – waren hier eigentlich keine Riesenskandale mehr zu verzeichnen.
Murdoch ist dagegen seit den 1980er Jahren eine so durchgängige wie verlässliche Projektionsfläche für alles, was schlecht ist. Das ist bequem – aber auch reichlich undifferenziert.
ist Reporter der taz mit Schwerpunkt Medien.
Zu überraschen vermag der illegale Griff nach dem vertraulich gesprochenen Wort durch den Mirror nicht. In Großbritannien liefert sich ein halbes Dutzend nationaler Boulevardblätter täglich einen erbitterten Wettbewerb. Murdochs Titel führen ihn zwar an – aber beleibe nicht mit dem Abstand, mit dem bei uns Bild vor allen vergleichbaren Titeln liegt.
Wer da glaubt, dass technisch Machbares wie illegales Telefonhacking nur im Londoner Schattenreich des bösen Mr Murdoch vorkommt, sollte lieber weiter "Harry Potter" lesen. Denn alles, was im Rattenrennen auf dem Boulevard einen Vorsprung verspricht, wird im Zweifel versucht.
Ungewöhnlich wäre es vielmehr, wenn Daily Mirror, Daily Star und andere keinerlei entsprechenden Kontakte zu Polizei, Privatdetektiven und Telefongesellschaften unterhielten. Nur vielleicht eben nicht ganz so gute wie die Blätter von Rupert Murdoch.
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