Kommentar Massenhafte Flugausfälle: Auf dem Rücken der Passagiere
Für die vielen Annullierungen im Flugverkehr ist auch der Konkurrenzkampf in der Branche verantwortlich. Leidtragende sind die Kunden.
W er in diesen Wochen fliegen möchte, muss darauf gefasst sein, dass der Flug annulliert wird. Flugausfälle sind ein Massenphänomen geworden. Verantwortlich dafür sind nicht in erster Linie Unwetter oder Streiks, wie die Fluggesellschaften glauben machen wollen. Verantwortlich ist der Konkurrenzkampf in der Branche, der auf dem Rücken der Passagiere ausgetragen wird.
Offensichtlich ist es billiger, Maschinen auf den Flugplan zu stellen, die nur vielleicht starten, und Entschädigungen für Passagiere in Kauf zu nehmen, als verlässlich zu planen. Die Entschädigungen tun den Fluglinien offenbar nicht weh genug – auch weil sie nicht immer gezahlt werden, weil Kunden mit Ansprüchen einfach abgewimmelt werden.
Gegen das Massenphänomen Flugausfall hilft zweierlei: Erstens sollten Passagiere immer, aber auch wirklich immer, Entschädigungen geltend machen, bei Flugausfällen und auch bei Verspätungen. Ansprüche sind im Internetzeitalter leicht zu prüfen. Zweitens muss die Politik die Entschädigungszahlungen drastisch anheben. Es muss einer Airline richtig wehtun, wenn sie Passagiere einfach am Flughafen stehen lässt.
Natürlich, am besten, weil am ökologischsten, ist es, gar nicht zu fliegen. Tickets zum Preis einer Taxifahrt sind nur möglich, weil Folgekosten nicht einkalkuliert werden. Es gibt zum Beispiel keine angemessene Klimaabgabe, obwohl die Abgase der Flugzeuge ganz erheblich zum Klimawandel beitragen. Die Weichen sind falsch gestellt. Doch sind höherer Flugpreise die richtige Antwort? Damit nur noch Menschen mit viel Geld mobil sind, die womöglich mit einer freiwilligen Klimaabgabe einen Ablass zahlen?
Das allein ist nicht die Lösung. Es braucht vernünftige Alternativen zum Flugzeug, damit wenigstens Inlandsflüge überflüssig werden. Die Bahn als Alternative ist noch immer viel zu teuer, das Angebot an Schlafwagen für Reisen in Europa ist viel zu schlecht. Der Bund als alleiniger Aktionäre der Bahn könnte das ändern, wenn er wollte.
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