Kommentar Marwa-Prozess: Hass auf Muslime

Mit seinem Urteil sendet das Dresdner Gericht eine klare Botschaft aus: Tödliche Islamfeindlichkeit wird hierzulande nicht geduldet. Am Abbau von Stereotypen muss noch gearbeitet werden.

Überraschend ist das Urteil nicht. Zur Höchststrafe hat das Landgericht Dresden Alex W. verurteilt. Er habe den Mord an der Ägypterin Marwa El Sherbini aus Fremdenhass begangen, so die Begründung. Seine besondere Verachtung galt den Muslimen. Damit verhängt das Gericht nicht nur eine angemessene Strafe für ein abscheuliches Verbrechen. Es sendet auch eine klare Botschaft aus: Tödliche Islamfeindlichkeit wird hierzulande nicht geduldet.

Das Dresdner Landgericht hat damit sein eigenes Ansehen wiederhergestellt, vor allem bei den Muslimen in Deutschland und in der arabischen Welt. Dieses Ansehen war durch den Mord, bei dem eine schwangere Frau vor den Augen ihres Mannes und ihres dreijährigen Sohnes in einem deutschen Gerichtssaal niedergemetzelt wurde, beschädigt worden.

Wirklich erschüttert aber wurde das Ansehen der deutschen Mehrheitsgesellschaft durch die anfangs geringe öffentliche Anteilnahme sowie die zögerlichen Reaktionen der deutschen Politik unmittelbar nach der Tat.

Am Ende war das deutsche Interesse an dem Prozess dann doch enorm. Es war aber oft weniger von Bestürzung über die Tat und dem Mitgefühl mit den Hinterbliebenen geleitet als vielmehr von einer diffusen Furcht vor einer möglichen Rache aufgebrachter Muslime. Davon kündeten auch die massiven Sicherheitsvorkehrungen in Dresden.

Für das Gericht bedeutete das alles eine große Verantwortung und ungeheuren Druck. Diesem hielt es stand: Insbesondere die Vorsitzende Richterin leitete das Verfahren fair, klug und souverän und scheute sich auch nicht vor unpopulären Maßnahmen.

Der Prozess hat deutlich gemacht, dass es sich bei Alex W. um einen extremen Einzeltäter handelte. Die überwältigende Mehrheit der Deutschen lehnt seine Tat, den Mord an einer schwangeren Frau, klar ab. Die Verurteilung der islamfeindlichen Stereotype, die ihn antrieben, dürfte aber weit weniger einhellig ausfallen.

Viele Deutsche denken bei Muslimen zuerst an Zwangsheiraten, Ehrenmorde und islamistischen Terror. Damit stellen sie eine ganze Glaubensgemeinschaft unter Generalverdacht. Diesem Generalverdacht gilt es entgegenzutreten.

Der Mord an Marwa El Sherbini hat das Problem der Islamfeindlichkeit ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Damit sollte man sich jetzt befassen.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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