Kommentar Mali: Hollande macht das Richtige

Wer den Franzosen Neokolonialismus vorwirft, macht sich's zu bequem. Diesmal geht es ihnen um die Verteidigung universeller Menschenrechte.

Hollande verkündet den Einsatz französischer Truppen in Mali. Bild: dpa

Es ist einfach, Frankreich neokolonialistische Attitüden vorzuhalten. Schwer wiegt noch immer die Schuld der französischen Kolonialzeit. Doch Präsident François Hollande persönlich für die Verbrechen des Kolonialismus und die dramatischen Irrtümer seiner Vorgänger, namentlich in Ruanda, in einer Art parteipolitischer Sippenhaft mitverantwortlich zu machen (siehe Dominic Johnson, taz.de 13.1.13), ist eine unzulässige Verkürzung und Vorverurteilung.

Gerade bei seinem Algerien-Besuch hat Hollande gezeigt, dass er es im Unterschied zu seinem Vorgänger Sarkozy, der noch vom „positiven Beitrag“ des Kolonialismus fabulierte, mit der Aufarbeitung der Geschichte Ernst meint. Natürlich hat Frankreich Interessen in dieser Weltregion: Nicht zuletzt die Uranförderung durch Areva im benachbarten Niger für seine Atomkraftwerke. Aber ist allein deswegen schon die Intervention in Mali ein Rückfall in die Hinterhofpolitik, die unter General de Gaulle und seinen Nachfolgern, inklusive dem Sozialisten Mitterrand, völlig normal schien?

Hollande hat diese Einmischung weder gewollt noch organisiert, und den Zeitpunkt hat er sich schon gar nicht ausgesucht. Auch viele Partner sprachen sich, im Prinzip, für eine Intervention aus...und warteten darauf, dass andere – die Afrikaner – die Drecksarbeit erledigen würden. Exakt auf jene feige Passivität der entrüsteten Zuschauer "im Westen" setzen die Banden, die im Norden Malis bereits die Bevölkerung terrorisieren und nun mit einer Offensive gegen Bamako vorgehen.

Was seit Freitag abläuft, ist keine von Paris von langer Hand geplante Intervention, um ein widerwärtiges Regime im Sattel zu halten, wie Frankreich das in der Vergangenheit getan hat. Im Gegenteil. Frankreich hat sich mit dem eigenen Anspruch konfrontiert, die universelle Geltung der Menschenrecht verteidigen zu wollen. Darum unterstützt laut Umfragen auch eine breite Mehrheit in Frankreich die Aktion in Mali.

Einen Parlamentsbeschluss braucht es laut Verfassung nicht für einen vom Präsidenten angeordneten militärischen Auslandseinsatz. Als legalen Rahmen dafür nennt er zurecht die UN-Resolution vom Dezember und das Hilfegesuch des Interimspräsidenten Dioncounda Traoré. Dessen Legitimität kann bestritten werden, aber eine andere Staatsführung gibt es im Moment nicht.

Wer Hollande nun vorwirft, er mache sich mit der in Mali wie seine Vorgänger in anderen Krisen und Kriegsschauplätzen die Hände schmutzig mit einem dreckigen neokolonialistischen Krieg gegen Aqmi, Mujao und andere in ihrem Fanatismus völlig rücksichtslose Gruppen, der müsste vor allem den Maliern erklären, was denn die saubere Alternative wäre.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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