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Kommentar Lufthansa-StreikAm Boden bleiben

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Der Streik-Ärger der Lufthansa rechtfertigt keine neuen Gesetze. Statt nach neuen Gesetzen zu rufen, sollten die Beschäftigten weiterverhandeln.

Für die Lufthansa muss es frustrierend sein. Gerade ist der Streik des Bodenpersonals beigelegt und der Rückstau bei der Flugzeugwartung annähernd aufgearbeitet, da treten - in der Urlaubszeit und ohne Vorwarnung - die Piloten der Regionaltochter CityLine in den Ausstand. Und auch die FlugbegleiterInnen drohen mit Arbeitsniederlegung, falls ihre Tarifforderungen nicht erfüllt werden.

Bild: taz

Malte Kreutzfeldt ist Leiter des taz-Ressorts Wirtschaft und Umwelt.

Neben dem politisch erfreulichen Beweis, dass innerdeutsche Zubringerflüge weitgehend durch Bahnverbindungen ersetzt werden können, hat der aktuelle Streik vor allem eins gezeigt: Die Lufthansa ist durch den Konkurrenzkampf der verschiedenen Gewerkschaften besonders angreifbar. Zum einen, weil der Organisationsgrad ihrer Beschäftigten hoch ist. Zum anderen, weil fast jede einzelne Berufsgruppe den Flugbetrieb teilweise lahmlegen kann.

Die Forderung des Unternehmens, Streiks von Spartengewerkschaften gesetzlich zu beschränken, ist jedoch unangemessen. Die grundgesetzlich garantierte Koalitionsfreiheit ist schließlich ein hohes Gut. Zudem hat die Lufthansa in der Vergangenheit bewiesen, dass sie trotz der schlagkräftigen Gewerkschaften erfolgreich agieren kann: Die Konzerngewinne gehen seit Jahren steil nach oben, auf zuletzt 1,7 Milliarden Euro.

Dass die Arbeitnehmer daran nun beteiligt werden wollen, ist nachvollziehbar. Für das Unternehmen stellt das keine Bedrohung dar. Statt nach neuen Gesetzen zu rufen, sollte die Lufthansa am Boden bleiben - und weiterverhandeln.

Fraglich ist der Ruf nach der Politik auch, weil die Situation in der Branche ohnehin ein Sonderfall ist: Nirgendwo sonst haben so viele Einzelgruppen jeweils so viel Macht. Das sollte sich auch auf die Strategie der Gewerkschaften auswirken. Bei der Bahn und wohl auch bei der Lufthansa führt die Konkurrenz der Arbeitnehmerorganisationen tendenziell zu höheren Löhnen für die meisten Beteiligten. In anderen Branchen dagegen hat eine Spaltung der Arbeitnehmer eher zur Folge, dass Teile der Belegschaft finanziell abgehängt werden.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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