Kommentar Liberalisierung Argentiniens: Enorme Strahlkraft
Zwei argentinische Männer stehen als Eltern in der Geburtsurkunde eines Babys. Regierung und Opposition wollen sich gegenseitig übtertreffen.
D ie rechtliche Gleichstellung homosexueller, transsexueller und heterosexueller Menschen und ihrer Kinder ist in Argentinien wieder einen großen Schritt vorangekommen. Zwei Männer stehen als Eltern in der Geburtsurkunde eines vier Wochen alten Babys. Offiziell eingetragen auf dem Standesamt in der Hauptstadt Buenos Aires. Die Nachricht kam überraschend. Nicht einmal die üblichen Verdächtigen, wie die katholische Kirche, waren dagegen Sturm gelaufen, überhaupt blieb jede Mobilisierung aus. Die glücklichen Eltern nutzten eine Gesetzeslücke.
Vor zwei Jahren war es noch ganz anders: Dem Gesetz zur landesweiten Zulassung der Homoehe waren wochenlange Kampagnen vorausgegangen. Das Gleiche geschah im Mai 2012, als die freie Wahl der Geschlechtszugehörigkeit erleichtert wurde. Doch die Gegner solcher Entwicklungen sind derzeit in der Defensive.
Denn auf der politischen Ebene zeigen sich Regierung und Opposition in solchen Fragen nicht nur einig, sondern wollen sich in ihrer Liberalität gegenseitig übertreffen. Während Präsidentin Cristina Kirchner für die Homoehe gedankt und applaudiert wird, hat jetzt ein hochrangiger Vertreter der rechtskonservativen Stadtregierung den beiden männlichen Eltern persönlich die Geburtsurkunde überreicht. Im argentinischen Dauerwahlkampf – alle zwei Jahre wird die Hälfte des Kongresses neu gewählt – will es sich kein Lager mit irgendeiner dieser WählerInnengruppen verscherzen.
ist Korrespondent der taz in Buenos Aires.
In den Nachbarstaaten ist von einer solchen Dynamik nichts zu bemerken. Doch Argentiniens Vorreiterrolle hat eine enorme Ausstrahlungskraft. Für die Emanzipationsbewegungen, ob in Bolivien, Paraguay, Chile oder Venezuela, sind die Fortschritte in Argentinien ein gutes Argument.
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