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Kommentar Kurden-Demo in KölnMustergültige Gelassenheit

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Politik und Medien haben gelassen auf das Fest reagiert. Schade, dass das nicht immer so ist, wenn Einwanderer für ihre Sache auf die Straße gehen.

Flagge zeigen für Öcalan: Ein junger Mann schwenkt bei der Kundgebung in Köln eine Fahne Foto: dpa

T iefenentspannt bis verständnisvoll, andere eher gleichgültig bis desinteressiert – so haben Politik und Medien auf die Großkundgebung von 30.000 PKK-Anhängern am Samstag in Köln reagiert. Niemand ließ sich davon aus der Ruhe bringen, kaum jemand fühlte sich davon gestört. Und das ist auch gut so, denn die Demonstranten hielten sich ganz überwiegend an Recht und Gesetz.

Vom CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer war diesmal nicht zu hören: Wer sich in der türkischen Innenpolitik engagieren wolle, könne „gerne unser Land verlassen“. Der CDU-Lautsprecher Jens Spahn verzichtete darauf, die Kurden anzublaffen, „unser Präsident“ heiße Gauck und nicht Öcalan, und die Kanzlerin stellte die Loyalität der Deutschkurden nicht infrage. Selbst die Grünen blieben leise. Cem Özdemir nutzte den Anlass nicht, um vor einer „kurdischen Pegida“ zu warnen, und Volker Beck verlangte von den Tausenden Pro-Öcalan-Demonstranten auch kein „klares Bekenntnis zur Demokratie“.

Dabei konnte man den Reden in Köln entnehmen, dass viele dort terroristische Gewalt in bestimmten Fällen für entschuldbar halten. Doch Linken-Chef Riexinger forderte sogar unverdrossen, die PKK in Deutschland wieder als legale Kraft zuzulassen: ein steiler Vorstoß in einer Zeit, in der sich die PKK in der Türkei wieder offen zu blutigen Anschlägen bekennt.

Erstaunlich, wie entspannt die deutsche Öffentlichkeit reagiert, wenn ein deutscher Politiker offen Sympathien mit einer hierzulande verbotenen Terrororganisation äußert, die in einem Nato-Partnerland einen bewaffneten Kampf führt. Das muss man aushalten, es gehört zur Meinungsfreiheit dazu. Es wäre aber schön, wenn man in Deutschland auch sonst so entspannt reagieren würde – etwa, wenn Menschen gegen einen vereitelten Putsch und für das gewählte Staatsoberhaupt eines verbündeten Landes auf die Straße gehen – egal, ob einem dieses nun gefällt oder nicht. Sonst macht man es all jenen zu leicht, die deutschen Politikern und Medien einen doppelten Maßstab vorwerfen.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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4 Kommentare

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  • Und morgen kommt der Herr Bax wieder und empört sich darüber das diese "mustergültige Gelassenheit" auch für die AFD gilt.

  • "Tiefenentspannt bis verständnisvoll, andere eher gleichgültig bis desinteressiert – so haben Politik und Medien auf die Großkundgebung von 30.000 PKK-Anhängern am Samstag in Köln reagiert....."

     

    Wo auch immer Sie waren - Herr Daniel Bax.

    Jedenfalls - nicht auf der Deutzer Werft in Kölle.

    Alles PKK-Anhänger? - Wie peinlich ist das denn!

    "Großkundgebung von 30.000 PKK-Anhängern" -

    Mit Verlaub - that´s a lie.

    • @Lowandorder:

      Sorry - aber schon bei Ihrer

      "Schlammschlacht-Schwadronöse"

      Dachte ich - Weiß der Mann eigentlich wovon er angesichts der kurdisch-alevitischen Vielfalt - gegenüber dem staatlich-organisierten DITIB-Block -

      Wovon er schreibt?!

      War nur zu faul - das gerade zu rücken!

       

      Aber dies hier - toppt's locker - &

      Liest sich ja wie eine - doch doch -

      Ergebenheitsadresse an

      Sultan Recep I. Tayyip Erdo gan!

  • Moment mal, Herr Bax, Sie übersehen da was:

     

    Im Gegensatz zu den türkischen Nationalisten, die hier in Deutschland seit einiger Zeit für ihren Diktator Erdogan, dessen restriktiv-brutale Kurdenpolitik und damit gegen Menschenrechte, Demokratie und Freiheit sowie gegen Deutschland - das Land, in und von dem sie leben - demonstrieren, handelt es sich bei den Kurden um eine verfolgte Minderheit, deren Überleben langfristig letztlich von der Erreichung ihrer politischen Ziele abhängt.