Kommentar Kundus-Einsatz: Gespielte Empörung
Das Ziel ist klar: Möglichst viel Zeit gewinnen. Schließlich will Angela Merkel nicht auf einer Welle öffentlicher Empörung zur nächsten Afghanistan-Konferenz getragen werden.
W enn sich ein Untersuchungsausschuss zum Luftangriff in Kundus schon nicht vermeiden lässt, dann will die Regierung ihn für sich nutzen, um weiter zu mauern: Auf all die Fragen, wer wann was von den Bomben auf Tanklaster und Menschen wusste, gibt es nun gar keine Antwort mehr. Dies werde Gegenstand des Untersuchungsausschusses sein, sagen Regierungs- und Ministeriumssprecher jetzt unisono.
Das Ziel ist klar: möglichst viel Zeit verstreichen zu lassen. Schließlich will Angela Merkel im Januar nicht auf einer Welle öffentlicher Empörung zur nächsten Afghanistan-Konferenz nach London getragen werden.
Aufklärung bleibt also vorerst Sache der Medien, die einen Draht ins Verteidigungsministerium haben. Hierbei hängt der Gehalt der Informationen stark davon ab, wer mit wem redet: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg eher mit Bild, die von ihm Geschassten - Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert – eher mit dem Spiegel. Und so weiter.
Ulrike Winkelmann ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.
Doch nicht nur die Regierung – auch die Opposition meint offenbar, mit der Einsetzung des Untersuchungsausschusses sei ihrer Aufklärungspflicht genüge getan. So hat SPD-Fraktionschef und Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier, bis kürzlich federführend für den Isaf-Einsatz zuständig, noch keinen brauchbaren Ton zu Kundus gesagt.
Und all die Abgeordneten, die sich jetzt so erregen, hatten ebenfalls schon fünf Wochen Zeit, in der Geheimschutzstelle des Bundestags den Nato-Bericht einzusehen. Ihre plakativen Aufforderungen an Guttenberg zum Rücktritt klingen, als wollten sie aktuelle Stimmungen nutzen – nicht, als interessierten sie sich ernsthaft dafür, was in den Berichten steht.
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