Kommentar Kultusministerkonferenz: Der Feriendiebstahl
Die neue Regelung für die unterrichtsfreie Zeit im Sommer ist ein Schlag ins Gesicht von Schülern, Eltern und Lehrern. Nur die Hoteliers freuen sich.
W ofür sind Sommerferien da? Damit Hoteliers in den deutschen Urlaubsregionen, vor allem an den Küsten, gute Geschäfte machen - oder damit sich Schüler erholen, um mit neuer Kraft im neuen Schuljahr ordentlich zu lernern?
Mit ihrer langfristigen Sommerferienlegung für die Jahre 2018 bis 2024 hat sich die Kultusministerkonferenz festgelegt: Wirtschaftliche Aspekte sind ihr wichtiger als schulische. Künftig wird der Ferienzeitraum noch weiter ausgedehnt als bislang.
Die Bildungminister der Bundesländer verärgern damit Schüler, Eltern, Lehrer und Schulleiter. Sie alle wollen keine Sommerferien, die im Juni noch vor dem kalendarischen Sommeranfang beginnen, wie dies mehrfach der Fall sein wird.
Es ist heiß? Ab in die Schule!
Extrem frühe Sommerferien bedeuten ja: Das Schuljahr ist kurz, vor allem das zweite Halbjahr, und bereits Anfang August - oft die heißeste Zeit des Jahres - müssen die Kinder und Jugendlichen schon wieder zur Schule, anstatt mit ihren Familien oder Freunden draußen zu sein. Den Schülern wird damit schlicht der klassische Ferienmonat August geklaut.
Wer die Sommerferien - als wirkliche Ferien im Sommer - retten und den bisher dafür vorgesehenen Zeitraum von Ende Juni bis Anfang September sinnvoll nutzen will, muss ohnehin umdenken.
Eine Verlängerung der Sommerferien von sechs auf acht Wochen, wie es jahrzehntelang in Ostdeutschland funktionierte, brächte Entspannung für alle. Im Gegenzug bräuchten nur die sinnlos langen Herbst- oder Osterferien um je eine Woche verkürzt werden.
Wetten, dass gegen einen solchen Vorschlag nicht nur Druck aus den Kirchen, sondern auch aus der Wirtschaft käme? Die alpinen Skigebiete brauchen schließlich Ostergäste, die Fluggesellschaften wollen im Herbst verstärkt Passagiere ans Mittelmeer fliegen, und die Weinbauregionen freuen sich im Herbst über Inlandstouristen.
So bleibt es beim zeitlichen und regionalen Ferienflickenteppich in Deutschland. Nur Baden-Württemberg und Bayern nehmen sich mal wieder das Sonderrecht angenehmer und wenig flexibler Sommerferienzeiten heraus. Alle anderen müssen rotieren.
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