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Kommentar Krise in SpanienZinsgeschenk für Spekulanten

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Spanien ist nur zu retten, wenn sich die Spielregeln der Eurozone ändern. Wenn das Land ein Prozent Zinsen zahlen müsste wie jetzt die Banken, wäre es längst gerettet.

E ine Billion Euro – das ist viel Geld und verpufft jetzt trotzdem. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im Dezember und im Februar jeweils etwa 500 Milliarden Euro in die europäischen Banken gepumpt, damit sie wieder Geld in die Staatsanleihen von Spanien und Italien investieren. Doch gebracht hat dies wenig. Viele Kapitalanleger meiden Südeuropa, wie die jüngste Auktion von spanischen Papieren gezeigt hat.

Für 10-jährige Kredite musste Spanien am Donnerstag 5,7 Prozent Zinsen bieten. Das hält das Land langfristig nicht durch, ohne in den Bankrott zu rutschen. Denn Zinsen lassen sich nur dann mühelos aufbringen, wenn sie nicht die nominale Wachstumsrate überschreiten.

Leider aber wächst Spanien nicht, stattdessen befindet es sich in einer schweren Rezession. Die Folge ist ein Teufelskreis: Um die hohen Zinsen zu finanzieren, muss Spanien neue Schulden aufnehmen. Das ist der direkte Weg in die Pleite.

Bild: taz
Ulrike Herrmann

ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

Dieser Zusammenhang ist den Investoren natürlich bewusst. Wer jetzt noch langlaufende spanische Anleihen kauft, der ist ein Spekulant. Diese Anleger setzen darauf, dass Spanien auch in zehn Jahren seine Staatsanleihen noch zurückzahlen kann, weil es irgendwie gerettet wird. Sei es durch die Rettungsschirme, sei es durch die europäische Zentralbank.

Dieses riskante Spiel dürfte für die Investoren aufgehen. Die Europäer werden Spanien nicht fallen lassen, denn es wäre das faktische Ende der Eurozone, wenn eines der größten Länder ausscheiden müsste.

Spanien ist aber nur zu retten, wenn sich die Spielregeln der Eurozone ändern. Es mutet irrwitzig an, dass die privaten Banken für die EZB-Billion nur einen Billigzins von einem Prozent zahlen müssen – während Spanien für seine Kredite 5,7 Prozent berappen soll.

Da wäre es für alle viel billiger, wenn die EZB die Mittel gleich an Spanien verleiht. Wenn das Land nur ein Prozent Zinsen zahlen müsste wie jetzt die Banken – dann wäre es längst gerettet.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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9 Kommentare

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  • I
    Illoinen

    Das einzigste was helfen könnte, wären Eurobonds. Die aber werden strickt abgelehnt, weil man sonst auch gleichzeitig die Finanzmärkte massiv regullieren müsste. Was jetzt passiert, die EZB schmeißt den Banken billiges Geld hinterher, die sich in erster Linie damit wieder sanierten und sanieren, die Zocker machen weiter, der Steuerzahler übernimmt ja die Zockerei, wenn es schief geht, wenn es aber gut geht, werden Gewinne abeschöpft und in Steueroasen verschoben und weiter gezockt, bis die nächste bubble platzt. Nötig wäre, Eurobonds, damit die Länder an das sog. billige Geld kommen, und nicht die Banken. Gleichzeitig müssten die Gelder für die Länder zweckgebunden sein, und nur ausschließlich Investitionen anschieben, um Arbeitsplätze zu schaffen.

  • R
    r.p.weller

    ...wie lange soll das nun so weitergehen? Kommen

    nach den Billionen gleich die Fantastilliarden?

    Man will in europäischen Politikerkreisen einfach

    nicht zugeben (warscheinlich nicht mal einsehen),daß

    die Einführung des €uro in so unterschiedliche Volkswirtschaften eine der DÜMMSTEN Ideen

    der Geschichte war.

    Eine Währung die dauernd "gerettet" werden muß

    taugt nichts.

     

    Gruß! r.p.

  • H
    Hans

    Völlig unkorrekte Feststellung: Würde man Spanien/Italien(und damit den Politikern) weiter billig Geld geben, verschärft sich die Schuldensituation noch mehr. Das ist ja gerade das Kernproblem: Diese ganzen Pleite-Länder sind durch die Euro-Einführung viel zu billig an Geld gekommen. Wohlstand/Wachstum kann man aber nicht verteilen/kaufen sondern nur erarbeiten.

  • JM
    Johnny Mnemonic

    Klackert's jetze bei der taz auch ma endlich?

    Was die Pigs brauchen sind Leute vom Kaliber Raffael Correa. Ans Podium und die völlig durchgeknallten Verträge mit IWF und EU und den Großbanken zerreissen.

    Dann die Vertreter dieser neoliberaltotalitären Institutionen mit einem 2-tägigen Ultimatum aus dem Land und zum Teufel jagen. Von dort kommen sie schliesslich auch her.

    Anschliessend wieder kleinere, dafür aber wesentlich freundlichere und transgenfreie Brötchen backen und dabei den Glaspalästen in Frankfurt und London City beim Einstürzen zusehn.

  • DD
    Dagobert Duck

    Von der Wirtschaftskorrespondentin haeette ich mir zumindest ungefaehre Kenntnisse des Zinsmechanismus erwuenscht. Der entstehene Zins-Spread ist nicht "irrewitzig" sondern Absicht und richtig, weil Banken bei der EZB Liquiditaet zur Ausreichung weiterer Kredite aufnehmen SOLLEN. Die Kreditvergabe geschieht weitgehend auf auf eigenes Risiko der Banken. Das bedeutet, anders als Spanien, welches mit den Mitteln seinen maroden Haushalt sanieren muss, sind die Banken "nur" Verteiler und Risikopuffer fuer die EZB-Billioenchen, muessen sich daran aber in der Regel nicht selbst gesundfressen.

     

    Und warum spannt man die Banken ein?

     

    a) die Expertise (Risiko- und Portfolioanalyse) fuer die Kreditvergabe in die sogenannte Realwirtschaft ist - wenn ueberhaupt... - bei den Banken, nicht aber bei der EZB

     

    b) Regionen und Staaten nehmen zu normalen Marktbedingungen Mittel auf, die ihrer Solvenz entsprechen; die Unabhaengigkeit der EZB ist/scheint besser gewahrt; die Schuldenmacherei fuehrt zumindest nicht direkt in eine Geldmengensteigerung und folgend eine Inflation (die, by the way, vor allem die kleinen Ersparnisse vernichtet, denn diese sind zumeist nicht inflationsgeschuetzt).

  • H
    humbug

    Mit den Banken steht und fällt alles!? Was ist das für eine miserable Politik, wenn nur noch die Banken das Sagen haben? Brauchen wir überhaupt noch so viele überbezahlten Politiker, wenn sie sich nur noch nasführen lassen? Man weiß ja, dass die Banken jetzt zu mehr Rücklagen verpflichtet wurden-, die bei einem Crash ohnehin für den Arsch sind. Aber erst wie die Irren zocken und dann die weniger starken Länder belasten um die Bilanzen wieder in Ordnung zu bringen.Spanien wiederum muss weiter zocken um die hohen Zinsen zahlen zu können. Die Zockerei geht also weiter.

    Wenn der Belzebub sich mit dem Teufel arrangiert kann nichts mehr funktioniern.

  • S
    Steuerzahler

    Absolut d'accord!

    Eine bodenlose Frechheit gegenüber den Bürgern Spaniens, aber auch allen europäischen Steuerzahlern ist das!

    Die Bankengewinnerwartungen liegen trotz Krise immer noch bei +20% - und dieses Geld wird wiederum in Spekulationen (z.B. auf Lebensmittel und Währungsentwicklungen) gesteckt.

    Wann wird sich die Politik endlich nicht weiter vor diesen Karren spannen lassen?

  • KG
    Karl Gernholz

    Frau Herrmann kann rechnen.

     

    Sehr geehrte Frau Herrmann,

     

    Sie kommen ja auf den Pfad der Tugend zurück. Einfach toll, Ihre Rechnung. Mein Gott, oder sollte ich besser Allah sagen. Nach all den verkakten Kommentaren, Leserbriefen und Artikeln, auf einmal die Weisheit. In welcher Kneipe oder Moschee waren Sie gestern? Richtig gut.

     

    Lassen Sie einfach mal die ganze Finanzterminologie beiseite, prüfen Sie alles mit gutbürgerlichem Sachverstand und dann klappt das schon mit der besseren Welt. Waren es nicht doch 5,8 % oder 6,1 %Zinsen, Frau Herrmann? Sie lassen sich da auf ein kapitalistisches Kasperletheater ein, was wir doch gar nicht nötig haben.

     

    Eine Billion Euro. Mein Gott. Das ist viel Geld. Davon kann ich keinen arbeitslosen Architekten oder ein kleines Kind retten. Nee, das geht nicht. Unmöglich. Viel zu wenig.

     

    Apropos Spanien ist auch nicht mehr zu retten, nur mal so nebenbei. Wir können uns nur noch selber retten, indem wir zwischen denen da Oben und uns, eine klare Trennungslinie ziehen. Nicht mehr talken, sondern angreifen. Die da Oben machen alles kaputt. Die spinnen da Oben, Sie wissen das ab jetzt, okay? Wir brauchen Sie.

     

    Europäische Zentralbank, wer war das noch mal? Rettungsschirme, warte mal, das war doch, moment, ich habs gleich, irgendwas von Arme Leute, nee die Banken, nee das System wars , nee Allzheimer, Hunger in Afrika, nee, Karl streng dich an, es war H4, damit fing es an. Genau Ulrike. Man vergisst so schnell. Ach und die Verursacher waren die Grünen und die SPD, ja ja, Schröder und Fischer hießen die Verbrecher..

     

    Ulrike da musst Du hin. Entschädigungszahlungen für die Akademiker unter der H4 Empfängern. Genau. Oder ein Kurt Beck, der sich erkannt und überführt führt, weil er keine Ahnung hat, von einem Piraten überführt wurde bei Maybritt Illner, offenbart doch die Katastrophe von den Idioten in Berlin. Und der Spaßpolitiker Woweriet muss weg, aber ohne Geld in Rente. H4 reicht für Poppers und A- Stöpsel.

     

    Die taz muss zurück zu ihren Wurzeln.

     

    Guter Artikel Frau Herrmann, aber da geht noch besser?

  • W
    Willi

    Völlig korrekte Feststellung. Das Verbot der Direkthilfe der EZB an Staaten wurde ja damit begründet, dass dann Inflation drohe. Die droht bei Direkthilfe an Banken anscheinend nicht - nonsens.

     

    Damit wir immer klarer, wobei es hier geht: Um Bankenrettung. Der europäische Steuerzahler soll deren Verluste bei Zockergeschäften (und die Kredite an nicht wettbewerbsfähige Süd-Staaten war ein solches Zockergeschäft) ausgleichen.