Kommentar Krieg in Nahost: Die Welt blickt gelähmt nach Gaza
Selbst wenn es in Gaza zu Waffenruhe in Kraft tritt - der nächste Ausbruch der Gewalt ist gewiss. Es muss zu einer politischen Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts kommen.
Andreas Zumach ist UN-Korrespondent der taz in Genf.
Vielleicht wird die täglich dreistündige "humanitäre" Feuerpause im Gazastreifen ja von Israel und der Hamas eingehalten - und mündet vielleicht sogar schon bald in einen dauerhaften Waffenstillstand. Das würde das Leben der von den Kampfhandlungen betroffenen Bevölkerung zwar erheblich erleichtern, es wäre aber überhaupt kein Grund zur Beruhigung. Denn der nächste Ausbruch der Gewalt ist gewiss, wenn es nicht endlich zu einer politischen Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts kommt.
Das einzig tragfähige Modell dafür ist eine Zweistaatenregelung auf Basis der Grenzen von 1967. Sie müsste wahrscheinlich auf viele Jahr(zehnt)e von einer Friedenstruppe unter UN-Mandat und mit einem starken US-Kontingent gesichert werden. Doch wer setzt diese Lösung durch?
Die UNO ist zwar zuständig, aber seit vielen Jahren fast völlig blockiert: Im Sicherheitsrat und anderen UN-Gremien legt sich die Vetomacht USA stets quer, vor Ort verhindern die israelische Regierung und ihre Streitkräfte ein Handeln der UNO. Die EU bleibt ebenfalls weitgehend handlungsunfähig und einflusslos, solange Deutschland als Mitglied mit dem größten Gewicht es verhindert, dass auf die israelische Regierung jener Druck ausgeübt wird, der für eine Friedenslösung erforderlich wäre. Seiner besonderen Verantwortung für Israel, die Deutschland zu Recht immer wieder betont, handelt es damit zuwider. Exaußenminister Fischer, der gerade in arroganter Manier den "chaotischen Flohzirkus" der EU kritisierte, sollte den Mund nicht so voll nehmen: Er hat in seiner Amtszeit besonders eifrig einen erforderlichen EU-Konsens verhindert.
Bleiben die USA, deren künftiger Präsident Obama derzeit schweigt. Mit der Ernennung seines Stabschefs Rahm Emanuel weckte er zwar vielerorts die Befürchtung, er könnte die katastrophale Nahostpolitik seines Vorgängers fortsetzen, doch vielleicht meint Obama ja, dass eine Kurskorrektur der US-Nahostpolitik nur mit solchen Personen an den Schaltstellen der Macht durchsetzbar ist. Es war seinerzeit schließlich auch der Republikaner Richard Nixon, der als erster US-Präsident das kommunistische China bereiste.
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