Kommentar Krankenkassenbeiträge: Versichertenbestrafung
Wer gesetzlich versichert ist, soll weniger zahlen. Außerdem fällt die ungerechte Kopfpauschale weg. Klingt gut, für viele wird es aber trotzdem teurer.
D ie Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sinken zum 1. Januar 2015 um 0,9 Prozentpunkte. Die Kopfpauschale für Arbeitnehmer, dieser ungerechte, weil einkommensunabhängig erhobene Zusatzbeitrag, wird als das beerdigt, was er immer war: ein historischer Irrtum. Die Krankenkassen erhalten überdies mehr finanzielle Freiheit:
Das ist das Erfolgsmärchen der nun vom großkoalitionären Kabinett beschlossenen Gesundheitsreform – aus sozialdemokratischer Sicht. Und es stimmt ja: Nur dank SPD-Regierungsbeteiligung konnte es zu dieser Legende kommen. Das macht die Sache so tragisch. Die SPD lässt dem CDU-Gesundheitsminister einen Kurs durchgehen, ja schlimmer noch, sie feiert diesen Murks mit, den sie zu Oppositionszeiten gescholten hätte als das, was er ist: das Ende der paritätischen Finanzierung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber, eine Bestrafung der Versicherten.
Die müssen sämtliche zukünftigen Beitragssteigerungen allein schultern; der Anteil der Arbeitgeber – der sogenannten Arbeitgeber, hätten die Sozialdemokraten früher gesagt – bleibt bei 7,3 Prozent eingefroren.
Das ist nicht alles: Zusatzbeiträge werden jetzt zwar nicht mehr pauschal erhoben, sondern einkommensabhängig. Der Haken: Anders als bei der Kopfpauschale gibt es keine persönliche Belastungsgrenze mehr für den Anstieg der Beiträge. Die durch die Abschaffung des Sozialausgleichs eingesparten Milliarden streicht der CDU-Finanzminister ein. Unterdessen könnten die Versicherten faktisch bald sogar stärker belastet sein als unter Schwarz-Gelb: Stimmt die Prognose des Ministeriums, wonach den Kassen 2017 ein Defizit von 10 Milliarden Euro droht, dann dürften die Beiträge nicht um 0,9 Prozentpunkte sinken, sondern um rund 2 Prozentpunkte steigen. Dies aber, immerhin, sozial und demokratisch.
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