Kommentar Korruptionsprävention: Wegschauen erlaubt
Der Jahresbericht zur Korruptionsprävention ist uneinheitlich und voller statistischer Tricks. Und er wird nicht veröffentlicht. Warum eigentlich nicht?
A lles hübsch hier. Schön locker bleiben? Im internationalen Korruptionsvergleich von Transparency International liegt Deutschland immerhin auf Platz 17 von 174 Ländern – und damit unter den Vorbildern der weniger korruptionsgefährdeten Staaten.
Ist in deutschen Behördenstuben also alles bestens? Mitnichten. Der Jahresbericht zur Korruptionsprävention, den die taz im Hausblog veröffentlicht, zeigt, wie wenig deutsche Behörden und die Öffentlichkeit über die wirklichen Korruptionsgefahren überhaupt wissen.
In ihren Berichten, zu denen die Bundesbehörden durch den Deutschen Bundestag verpflichtet sind, reichen oftmals statistische Tricks, um das eigene Treiben nicht näher betrachten zu müssen. So erklärte das Bundesverfassungsgericht als einzige Bundesbehörde besonders selbstbewusst, exakt 0 Prozent ihrer Arbeitsbereiche seien besonders korruptionsgefährdet. Die Folge für das Gericht: Wo nichts gefährdet ist, muss auch nicht vorgebeugt werden. Wegschauen erlaubt.
Welche Behörde bei sich selbst wo hinschauen möchte, das definiert jede für sich. Weil die Daten im Korruptionsbericht infolgedessen viel zu uneinheitlich sind, hätte das Zahlenwerk vor keinem Statistiker Bestand.
ist taz-Redakteur für soziale Bewegungen.
Einzig ein Schluss lässt sich daraus zuverlässig ziehen: dass die Maßnahmen der Bundesregierung zur Korruptionsvermeidung ganz offensichtlich unzureichend sind. Wenn nicht einmal verlässliche Daten vorliegen – wie lässt sich dann sagen, dass alles in Ordnung ist? Es lässt sich nur glauben, fühlen und raten. Wissen aber kann es niemand.
Einen zweiten Anlass zur Skepsis gibt der Umgang der Bundesregierung mit dem Bericht. Bis heute wird der jährliche Korruptionsbericht nicht veröffentlicht. Diese Tatsache kommentiert sich am besten mit einer Frage: Wieso eigentlich nicht?
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