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Kommentar Korruption SpanienSystem der Käuflichkeit

Reiner Wandler
Kommentar von Reiner Wandler

Ein Jahrzehnt der Bauspekulation hat ein Spanien hinterlassen, das durch und durch korrupt ist. Zu Recht sagen nun Demonstranten: "Es ist was faul in diesem Gericht".

D ie Demonstranten vor dem Gerichtssaal in Valencia reagierten auf den Freispruch des ehemaligen konservativen Landesvaters der Region Valencia, Francisco Camps, mit Shakespeare: "Es ist was faul in diesem Gericht", wandelten sie den Satz aus dem Hamlet ab und verliehen gleichzeitig ihrer Solidarität mit Starermittler Baltasar Garzón zum Ausdruck.

Während Camps dank eines Geschworenenspruchs trotz erdrückender Beweislast den Gerichtssaal als freier Mann verlässt, drohen Garzón 17 Jahre Berufsverbot, wegen seiner Ermittlungen im Falle "Gürtel", zu dem auch das Verfahren Camps gehört. Es ist was faul, nicht nur am Gericht in Valencia, sondern im ganzen System.

Das Jahrzehnt der Bauspekulation hat ein Land hinterlassen, das durch und durch korrupt ist. Nicht nur der Fall "Gürtel" - das Geflecht aus Unternehmen, das Kontakte zur Partido Popular von Ministerpräsident Mariano Rajoy nutzte, um Partei, Politiker und Unternehmer zu finanzieren, in dem öffentliche Kassen und öffentliches Eigentum regelrecht geplündert wurden - zeugt davon.

Bild: taz
Reiner Wandler

ist Spanien-Korrespondent der taz.

Gegen hunderte von Kommunalpolitikern wird wegen Korruption ermittelt. Die Spekulationsblase war so groß, dass sie für alle etwas abwarf. Öffentliche Grundstücke wurden umgewidmet, die Gewinne flossen nicht immer in die Gemeindekassen. Eine ganze Gesellschaft wurde korrumpiert.

Hinzu kommt die Spaltung Spaniens in zwei Lager - die seit dem Bürgerkrieg in den 1930er Jahren nicht überwunden wurde. Zu gerne schüren die Politiker sie, um ihr jeweiliges Lager treu bei der Stange zu halten. Alle reden von Korruption, aber nur von der der anderen.

Viele der Verdächtigen kandidierten bei verschiedenen Wahlen im vergangenen Jahr erneut und wurden wieder gewählt. So auch Camps in Valencia. Es ist in der Tat etwas faul im Staate Spanien!

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Reiner Wandler
Auslandskorrespondent Spanien
Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.
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3 Kommentare

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  • PG
    Paul G.

    Bedenklich ist, dass wir derart morsche Systeme mit Geldern stützen, die wir selbst nicht haben. Wieso eigentlich, und wem nützt das?

     

    Weil wir die unausweichliche Katastrophe meinen verdrängen zu können, verlängern wir die menschenunwürdigen korrupten Zustände in den Südländern und verschlimmern so das bittere Ende noch.

     

    Nicht, dass ich mir einbilde, in unserem Lande gäbe es keine Korruption, Steuerhinterziehung, Beeinflussung von Staatsanwälten, Gerichten, Menschenrechtsverletzungen ...

    Es kommt letztlich aber auf das Maß an und die Tendenz. Wenn die aus GR, I und SP bekannten Zustände bei uns nicht zu Konsequenzen führen, werden hier eines Tages vergleichbare Verhältnisse zu beobachten sein.

  • F
    FRITZ

    Hay de todo und auch in Spanien sind die Dinge nicht schwarz und weiß - aber es ist viel Wahres in diesem Artikel.

  • A
    anke

    Ich wünschte wirklich, wir würden nicht nur vor anderer Leute Türen kehren, sondern auch vor unserer eigenen! Habne wir vielleicht keinen Staat?

     

    In Spanien gab es eine Immobilienblase. Die ist mit lautem Knall geplatzt. Niemand, der gehört werden will, konnte diesen Knall ignorieren. Und nun? Nun stellt Reiner Wandler die Sache von den Füßen auf den Kopf und behauptet: Die Bauspekulanten sind Schuld!

     

    Seltsam, wer im Zeitalter des Turbo-Individualismus alles ein Staatswesen ruinieren kann! Ich meine: Würden die Spanier ihre Gerichte nicht schon seit Jahrzehnten aus ziemlich vielen fauligen Zutaten zubereiten, wäre die stinkende Blase womöglich gar nicht erst entstanden. Die Holländer haben es seinerzeit erfunden, das Rezept: Tulpen waren eine Zeit lang der Renner. Dann sind sie verfault.

     

    Nach welchem Rezept, frage ich, kochen eigentlich die Griechen? Die Italiener? Die Franzosen und die Briten? Und welche Leibspeise wird uns Deutsche ruinieren? Unsere Tulpe heißt Export. Mit dem Extrakt daraus haben wir unter anderem die Griechen vergiftet. Nun - Export können die Chinesen auch. Sie haben in Europa und in den USA das Kochen gelernt. Mal sehen, wer sich zuerst übergibt.