Kommentar Kopfpauschale: Time to say goodbye
Der Streit mit der CSU um die Kopfpauschale zeigt: Die FDP ist in ihrer einstigen Wunschkoalition vollends isoliert. Jetzt hilft nur noch die Generalüberholung: in der Opposition.
Philipp Rösler mag sich derzeit fragen: Wann fing die Sache mit der Kopfpauschale an, schiefzugehen? Populär ist das Konzept, die Kassenbeiträge vom Einkommen zu entkoppeln, zwar nie gewesen; aber mittlerweile mühen sich CDU und CSU nicht einmal mehr, ihre Abneigung gegen das letzte Großprojekt ihres Koalitionspartners zu verbergen. Die FDP ist isoliert. Nichts geht mehr. Jetzt müsste nicht nur Rösler zurücktreten, der sein politisches Schicksal an die Einführung der Kopfpauschale geknüpft hat. Wäre die FDP konsequent, müsste sie die Koalition aufkündigen.
Die Kopfpauschale, von der CSU brüsk abgelehnt und von der CDU wie so vieles beschwiegen, wird nicht kommen. Sie war das letzte Großvorhaben der FDP in dieser Legislatur. Nun geht sie den Weg von Steuersenkungen und Steuerreform. Verantwortlich hierfür ist nicht allein die Hartleibigkeit der Unionsparteien - die unterschrieben ja diese Pläne noch vor einem Dreivierteljahr im Koalitionsvertrag. CDU und CSU haben schlicht früher erkannt, was in den kommenden Jahren umsetzbar ist und was nicht. Nun muss auch die FDP die volle Tragweite dessen begreifen, was der massive Widerstand gegen ihr Kompromissangebot einer Kopfpauschale bedeutet: Nichts von dem, wofür sie gewählt worden ist, passt noch in die stürmischen Zeiten.
Matthias Lohre ist Parlamentsredakteur der taz.
Deshalb steht die FDP vor einer unliebsamen Alternative: Sie kann weiterregieren und gleichsam versuchen, in voller Fahrt nach links einzuschwenken und zugleich ihren Fahrer Guido Westerwelle auszuwechseln. Oder die Partei sieht ein, dass sie das Rennen nicht mehr durchhalten kann, weil Motor und Fahrer nicht für die holprige Strecke taugen. Es ist Zeit für eine Generalüberholung der FDP - in der Opposition.
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